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Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag

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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 47<br />

sungsschutz übermittelt hätten. 65 Als sonstige Quellen habe<br />

das Landesamt für Verfassungsschutz hauptsächlich die geheimen<br />

Mitarbeiter, sogenannte V-Leute gehabt. Der Zeuge<br />

bezeichnete diese Personen in der Szene als die Hauptinformanten.<br />

66 In Bezug auf die Person Tino Brandt gab der<br />

Zeuge an, dass eine solche Figur, nie geführt worden wäre.<br />

Es sei im Landesamt für Verfassungsschutz klar geregelt gewesen,<br />

dass ein V-Mann nicht steuernd tätig werden dürfe.<br />

Und Tino Brandt sei in der gesamten Thüringer Szene absolut<br />

die steuernde Figur in der Neonaziszene gewesen. 67<br />

Der Zeuge Forster erläuterte zu der Thematik V-Leute<br />

weiter, dass durch Tipps der Staatsschutzstellen der Polizei<br />

und aus Berichten von anderen V-Leuten in Frage kommende<br />

neue V-Leute ausgewählt worden seien. Im Weiteren habe<br />

man sich diese Person angeschaut und sie abgeklärt. Dabei<br />

werde umfangreich untersucht, wo die Person lebe und wo<br />

sie sich bewege. Dann gäbe es einen Werber, der die Person<br />

anspreche und versuche, dieser schmackhaft zu machen, in<br />

einer Gruppierung für das Landesamt für Verfassungsschutz<br />

zu arbeiten.<br />

Wenn die Person Ja sage – was von fünf oder sechs einer<br />

mache –, dann werde er einer Probezeit unterworfen. Es<br />

würden seine Berichte geprüft, ob sie der Wahrheit entsprechen<br />

können. Dabei werde mit Berichten anderer V-Leute,<br />

die über das gleiche Ereignis berichten, geklärt, ob ein Wahrheitsgehalt<br />

vorhanden sei. Bei einer positiven Prüfung werde<br />

die Person nach dem Verpflichtungsgesetz verpflichtet und<br />

unterschreibe eine umfangreiche Belehrung, insbesondere<br />

dahingehend, dass auch die Arbeit für das Amt nicht berechtige,<br />

Straftaten zu begehen. Das müsse die Person gegen Unterschrift<br />

bestätigen. Hingewiesen werde auch darauf, dass<br />

auch milieubedingte Straftaten, also zum Beispiel provokante<br />

Delikte von der Person selbst zu verantworten seien.<br />

Im Folgenden werde immer wieder beurteilt: Sind die Berichte,<br />

die geliefert werden, wahrheitsgemäß?<br />

Der Zeuge Forster gab an, dass man sich bei solch einer<br />

Quelle immer in einem Spannungsfeld bewege: Umso besser<br />

eine Quelle sei, umso größer sei das Problem zwischen dem<br />

Bedürfnis, gute Informationen zu bekommen und die Quelle<br />

möglichst wenig agieren zu lassen. Das sei aber das gleiche<br />

Problem bei jedem verdecktem Ermittler oder Informanten:<br />

Auch der müsse bestimmte Keuschheitsproben einfach<br />

mitmachen, weil er sonst sofort auffliege. Aber dass da ein<br />

Spannungsfeld sei, das sei im Landesamt für Verfassungsschutz<br />

natürlich bewusst. 68<br />

Der Zeuge Wingerter erläuterte, dass es im Landesamt<br />

für Verfassungsschutz ein Konglomerat von Erkenntnissen<br />

gegeben habe. Darunter seien offene Quellen gewesen, also<br />

das Schrifttum, das von Rechten herausgegeben worden war.<br />

Weiter habe es die Texte der Skinheads gegeben. Schließlich<br />

habe es Erkenntnisse von den V-Leuten gegeben, auch auf-<br />

65 Forster, 09.10.2012, S. 10.<br />

66 Forster, 09.10.2012, S. 12.<br />

67 Forster, 09.10.2012, S. 30.<br />

68 Forster, 13.11.2012, S. 8 ff.<br />

grund von Gesprächen mit ihren Kompagnons. 69 In Bezug<br />

auf V-Leute erklärte der Zeuge, dass es ideal sei, wenn zwei<br />

V-Leute vorhanden wären, damit die Informationen des<br />

einen mit denen des anderen kontrolliert werden können. 70<br />

Der Zeuge Sager gab an, dass wenn sich V-Leute steuernd<br />

in der rechten Szene mitbeteiligen oder gar bei Gewaltakten<br />

auftreten würden, dass sie dann nicht als Quelle geeignet<br />

seien. 71<br />

Der Zeuge Hegler sagte aus, dass V-Leute zur Beobachtung<br />

der rechtsextremistischen Szene eingesetzt worden seien,<br />

und zwar im Bereich der rechtsextremistischen Skinhead-<br />

Szene, als auch in diversen Szenen, die zum Teil regional abgrenzbar<br />

waren, und auch in Neonazi-Kameradschaften. 72 In<br />

Bezug auf das Umfeld des NSU-Trios habe das Landesamt<br />

für Verfassungsschutz über V-Leute weder zielgerichtet noch<br />

zufällig Erkenntnisse gewonnen. Es habe zwar einige Veranstaltungen<br />

gegeben, wo sowohl V-Leute als auch Leute aus<br />

diesem Umfeld waren, und sogar Mundlos und Böhnhardt<br />

seien bei Großveranstaltungen dabei gewesen, wo sich auch<br />

V-Leute des Landesamts für Verfassungsschutz aufgehalten<br />

hätten. Direkte Kontakt hätten aber nicht festgestellt werden<br />

können. 73<br />

Laut Angaben des Zeugen Hegler seien in den 90er<br />

Jahren für das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz<br />

in Nordbayern ca. 20 V-Leute als Quellen im Einsatz gewesen.<br />

74<br />

A.1.3.2. Welche Erkenntnisse haben die Staatsschutzabteilungen<br />

der bayerischen Polizei im Untersuchungszeitraum<br />

über rechtsextremistische Aktivitäten in Bayern<br />

gewonnen und inwieweit hat ein Informationsaustausch<br />

und eine Zusammenarbeit mit dem LfV stattgefunden?<br />

Erkenntnisse der Staatsschutzabteilungen:<br />

Dem Untersuchungssauschuss lagen zahlreiche Akten verschiedener<br />

Staatsschutzdienststellen der bayerischen Polizei<br />

vor, deren Inhalt hier nicht im Einzelnen wiedergegeben<br />

werden kann. Exemplarisch seien folgende Vorgänge und<br />

Personen genannt, bei denen die Staatsschutzdienststellen<br />

über vertiefte Erkenntnisse verfügten:<br />

• Skinhead-Treffen in einer Kiesgrube bei Straubing (Teilnahme<br />

von Uwe Mundlos; Einzelheiten siehe Antworten<br />

zu Frage A.1.4.1); 75<br />

69 Wingerter, 09.10.2012, S. 91.<br />

70 Wingerter, 09.10.2012, S. 107.<br />

71 Sager, <strong>16</strong>.10.2012, S. 37.<br />

72 Hegler, 23.10.2012, S.12.<br />

73 Hegler, 23.10.2012, S.18.<br />

74 Hegler, 23.10.2012, S. 64 (VS-Geheim).<br />

75 Akte Nr. 8/BY-2/3_Anlagen/2. Teillieferung/1. 1 Band Akten des PP<br />

Niederbayern.

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