Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seite 52 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
bis März 1997 in der JVA Bernau am Chiemsee inhaftiert<br />
war, in dieser Zeit Briefverkehr hatte. 117 Ob dem BayLfV<br />
diese Ausgabe des Magazins vorgelegen hat, ist nicht bekannt.<br />
A.1.4.1. Wann und in welchem Zusammenhang sind<br />
Mitglieder und Unterstützer des sog. Trios erstmals in<br />
Bayern beobachtet worden bzw. sind deren Kontakte zu<br />
Neonazis aus Bayern bekannt geworden (ggf. auch vor<br />
1994)?<br />
06.08.1994: Kiesgrube Straubing<br />
Gemäß einem IVS-Bericht der Kriminalpolizeiinspektion<br />
Straubing stellten am 06.08.1994 gegen 21:45 Uhr zivile<br />
Einsatzkräfte der Polizeidirektion Straubing in einer Kiesgrube<br />
nahe der Straubinger Schleuse eine Personengruppe<br />
fest, die der rechten Szene zuzuordnen war. Ab 22:45 Uhr<br />
wurden über einen Kassettenrekorder verschiedene Lieder<br />
abgespielt. Als gegen 23:15 Uhr ein Lied mit offensichtlich<br />
volksverhetzendem Inhalt abgespielt wurde, wurde die Veranstaltung<br />
seitens der Polizei unterbrochen. Von der Polizei<br />
konnten folgende Textpassagen mitgehört werden: „Das<br />
Blut muss fließen knüppeldick“, „das Messer flutscht in den<br />
Judenleib“, „das Blut muss fließen oder fließt über den Bürgersteig“<br />
und „wir scheißen auf die Freiheit in diese Judenrepublik“.<br />
Es handelte sich um das Lied „Blut“ der Gruppe<br />
„Tonstörung“. Unter den kontrollierten Personen befand sich<br />
auch Uwe Mundlos. Von 29 Personen wurden die Personalien<br />
festgestellt. 6 Personen wurden vorläufig festgenommen<br />
und zur Dienststelle verbracht. Zwei davon konnten noch<br />
vor Ort als Täter für das Absingen des Liedes mit offensichtlich<br />
volksverhetzendem Inhalt identifiziert werde. Bei einer<br />
Person wurden ein Vergehen nach dem Waffengesetz festgestellt<br />
(Mitführen eines Schlagrings). 118<br />
Der Zeuge KAMMERMEIER, dem damals die kriminalpolizeiliche<br />
Sachbearbeitung oblag, gab hierzu in seiner Vernehmung<br />
folgendes an: 119<br />
Am 06.08.1994 sei abends von Beamten des Sondereinsatzkommandos<br />
festgestellt worden, dass abseits der Donaubrücke<br />
Straubing laute Musik erklungen sei. Ein Beamter<br />
hätte sich dann mit einem Fernglas herangeschlichen und<br />
gesehen, dass es sich um Skinheads gehandelt habe.<br />
Der Beamte hätte weiter festgestellt, dass von einer Kassette<br />
rechtsradikale, volksverhetzende Musik, unter anderem<br />
das Lied „Blut muss fließen“ von der Gruppe „Tonstörung“<br />
abgespielt worden sei. Der Beamte habe dann die Feuerwehr<br />
verständigt, um den Platz auszuleuchten. Es seien 27<br />
Personen festgenommen worden, die auf diesem Platz ein<br />
Saufgelage veranstaltet hätten. Die Personen seien zur Polizeidienststelle<br />
verbracht und dort die Personalien festgestellt<br />
worden. Auffallend sei gewesen, dass von den 27 Festge-<br />
nommenen 14 Personen aus den neuen Bundesländern und<br />
13 Personen aus dem Zuständigkeitsbereich der KPI Straubing<br />
gestammt hätten.<br />
Der Zeuge habe die Personen selbst nicht zu Gesicht bekommen,<br />
sondern diese seien nach der Personalienfeststellung<br />
wieder entlassen worden.<br />
Unter den 14 auswärtigen Personen, die in der Kiesgrube gewesen<br />
seien, hätte sich auch Uwe Mundlos befunden. Von<br />
der Staatsanwaltschaft Regensburg sei der Text des Liedes<br />
„Blut muss fließen“ als volksverhetzend eingestuft worden.<br />
Es sei dann gegen die Teilnehmer ermittelt worden. Mundlos<br />
hätte in seiner Vernehmung bestritten, an dem „Saufgelage“<br />
beteiligt gewesen zu sein, und er habe auch sonst nichts mitbekommen.<br />
120<br />
Die Erkenntnisse seien über eine WE-Meldung an die Kriminalpolizei<br />
in Jena und Chemnitz übermittelt worden. Außerdem<br />
habe es einen ausführlichen IVS-Bericht (Informationsaustausch<br />
in Staatsschutzsachen) an das Staatsministerium<br />
des Innern, das Landesamt für Verfassungsschutz, das<br />
Bayerische Landeskriminalamt, die Polizeidirektion Straubing<br />
und an auswärtige Dienststellen gegeben.<br />
Das Ermittlungsverfahren gegen Uwe Mundlos wurde<br />
durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Regensburg vom<br />
10.03.1995 gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatnachweis<br />
eingestellt. 121<br />
Von den 13 o. g. Personen aus dem Zuständigkeitsbereich<br />
der KPI Straubing befinden sich drei Personen auf der „Garagenliste“<br />
des Uwe Mundlos. 122<br />
18.02.1995 „Tiroler Höhe“<br />
Das Bayerische Staatsministerium des Innern teilte mit<br />
Schreiben vom 30.11.2012 dem Untersuchungsausschuss<br />
mit, dass bei einer manuellen Aktenrecherche eine Liste<br />
über Personen aufgefunden worden sei, welche eine Veranstaltung<br />
in der Gaststätte „Tiroler Höhe“, einem bekannten<br />
Neonazi- und NPD-Treff, am 18.02.1995 vor einem unmittelbaren<br />
Kontakt mit Polizeikräften vor Ort verlassen hätten<br />
und am so genannten „Hienberg“ (Bundesautobahn A9)<br />
einer Kontrolle unterzogen worden seien. Unter diesen Personen<br />
hätte sich auch Uwe Mundlos befunden. 123<br />
Die Telefonnummer der „Tiroler Höhe“ befand sich auch auf<br />
der „Garagenliste“ des Uwe Mundlos.<br />
24.06.1995 „Volksbund Deutsches Reich“ in Nürnberg:<br />
Nach Aktenlage nahm Beate Zschäpe mit 5 bis 6 anderen<br />
Mitgliedern der „Anti-Antifa Ostthüringen“ bei einer Ver-<br />
117 Akte Nr. 387, Bl. 2 (VS-Vertraulich).<br />
118 Akte Nr. 8/BY-2/3_Anlagen/2. Teillieferung/1. 1 Band Akten des PP<br />
Niederbayern, Bl. 237 ff.<br />
119 Kammermeier, <strong>16</strong>.10.2012, S. 60 f.<br />
120 Akte Nr. 37, Bl. 89/90 Beschuldigtenvernehmung von Uwe Mundlos<br />
durch die KPI Jena am 13.09.1994.<br />
121 Akte Nr. 36, Bl. 138/139 Einstellungsverfügung vom 10.03.1995.<br />
122 Akte Nr. 309, Bl. 0497.<br />
123 StMI, Schreiben vom 30.11.2012 zu Beweisbeschluss Nr. 35.