Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 75<br />
Der Zeuge HänSSler beurteilte das Verhalten der Staatsanwaltschaft<br />
bei den Besprechungen als zurückhaltend. Sie<br />
sei immer mit dabei gewesen, habe aber eher eine Beobachterrolle<br />
eingenommen. Bei internen Besprechungen seien<br />
aber auch Ideen von der Staatsanwaltschaft gekommen. 306<br />
Der Zeuge DR. KIMMEL erklärte anlässlich seiner Vernehmung<br />
beim Bundestag, er habe in der Zusammenarbeit mit<br />
der BAO Bosporus die Erfahrung gemacht, dass es wesentlich<br />
einfacher sei, wenn er an Sitzungen der Polizei selbst<br />
teilnehme, damit nicht hinterher ein Beamter gesondert ihm<br />
berichten müsse, was in der Besprechung geschehen sei.<br />
Daher habe er im Einvernehmen mit den Polizeiführern<br />
aller Polizeidienststellen an deren Sitzungen teilgenommen,<br />
soweit es ihm zeitlich möglich gewesen sei. 307 Er habe sich<br />
aber in keiner Weise aufdrängen wollen. Er wäre selbstverständlich<br />
nur einmal im halben Jahr oder auch in größeren<br />
Abständen zu Besprechungen erschienen. Umgekehrt wäre<br />
er aber auch bereit gewesen, öfter teilzunehmen, um dadurch<br />
zu vermeiden, hinterher von einem Beamten der BAO ausführlich<br />
unterrichtet werden zu müssen oder nur anhand der<br />
Protokolle die Situation kennenzulernen. Polizeiintern sei<br />
man damit einverstanden gewesen, dass er an den Sitzungen<br />
regelmäßig teilnehme. 308<br />
Konkreten Einfluss habe er aber auf die Ermittlungsarbeit<br />
der Polizei nicht genommen. 309 Die Polizei schildere ihre<br />
Ermittlungen, ihre Maßnahmen, und die Polizei komme zur<br />
Staatsanwaltschaft, wenn sie in irgendeiner Form einen richterlichen<br />
Beschluss oder eine staatsanwaltschaftliche Anordnung<br />
benötige. 310<br />
Weitere Erkenntnisse dazu liegen dem Untersuchungsausschuss<br />
nicht vor.<br />
A.2.4.1. Haben die Polizeibehörden der jeweils sachleitenden<br />
Staatsanwaltschaft sämtliche, auch die ihnen vom<br />
BayLfV oder anderen VS-Behörden bekannt gewordenen<br />
Informationen, übermittelt?<br />
Aus den Akten und den Aussagen der Zeugen haben sich<br />
hierzu keine Erkenntnisse ergeben.<br />
A.2.4.2. Hat das Landesamt für Verfassungsschutz Informationen<br />
im Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag<br />
direkt an die jeweils zuständige sachleitende<br />
Staatsanwaltschaft übermittelt und falls ja, um welche<br />
Informationen hat es sich hierbei gehandelt, wie wurde<br />
sichergestellt, dass die Informationen in die Ermittlungen<br />
einfließen und falls nein, aus welchen Gründen ist<br />
dies nicht erfolgt?<br />
Der Zeuge Forster sagte aus, dass es nach dem Gesetz<br />
keine Weitergabeverpflichtung gebe, sondern dort heiße es<br />
nur, dass das Landesamt für Verfassungsschutz an andere<br />
306 Hänßler, 05.02.2013, S. 133.<br />
307 Akte Nr. 67, Dr. Kimmel, 10.05.2012, S. 4.<br />
308 Akte Nr. 67, Dr. Kimmel, 10.05.2012, S. 39.<br />
309 Akte Nr. 67, Dr. Kimmel, 10.05.2012, S. 41.<br />
310 Akte Nr. 67, Dr. Kimmel, 10.05.2012, S. 42.<br />
Behörden des Freistaates Bayern weitergeben dürfe, wenn<br />
dies für die Erfüllung seiner (d.h. wohl das Landesamts für<br />
Verfassungsschutz) Aufgaben erforderlich sei oder wenn die<br />
empfangende Behörde die Daten z.B. zur Strafverfolgung<br />
benötigt würden. 311 In der Praxis sei daraus eine Weitergabe<br />
geworden, wenn nicht Gründe entgegenstünden, wie z.B.<br />
das gesetzliche Verbot des Art.17 BayVSG, das es verbiete,<br />
Informationen weiterzugeben, wenn dadurch eine Quellengefährdung<br />
entstehe und nicht überragende oder überwiegende<br />
öffentliche Interessen an der Weitergabe die schutzwürdigen<br />
Interessen der Quelle überwiegen. 312 Man habe so<br />
viel wie möglich an die Polizei weitergeben, da die meisten<br />
Mitarbeiter des Verfassungsschutzes aus der Polizei kämen,<br />
und man ein Interesse daran gehabt habe, dass die Polizei<br />
ihre Arbeit machen könne. 313<br />
Es seien Gespräche mit der Staatsanwaltschaft geführt<br />
worden, aber der eigentliche Ansprechpartner sei immer die<br />
Polizei gewesen. 314<br />
Der Zeuge Dr. Remmele gab an, dass, wenn Erkenntnisse<br />
gekommen wären, diese natürlich sofort an die Polizei<br />
und über die Polizei an die Staatsanwaltschaft gegangen<br />
wären. 315 Ob es sich dabei um eine direkte Kommunikation<br />
zwischen der Staatsanwaltschaft und Landesamt für Verfassungsschutz<br />
gehandelt hat, blieb jedoch offen.<br />
Der Zeuge DR. KIMMEL sagte bei seiner Vernehmung vor<br />
dem Untersuchungsausschuss des Bundestages aus, dass<br />
man sich an das Landesamt für Verfassungsschutz gewandt<br />
habe, um zu prüfen, ob es einen fremdenfeindlichen Hintergrund<br />
gebe, da es sich bei den Opfern um Mitbürger mit ausländischen<br />
Wurzeln gehandelt habe. 3<strong>16</strong><br />
A.2.5. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen<br />
der jeweils örtlich zuständigen StA und vorgesetzten<br />
Dienststellen?<br />
Der Zeuge DR. KIMMEL gab bei seiner Vernehmung vor<br />
dem Untersuchungsausschuss des Bundestages an, er habe<br />
gelegentlich des einen oder anderen Telefonats mit Vertretern<br />
des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz oder bei<br />
Sitzungen über den Fall gesprochen. Er könne sich aber an<br />
keine Veranstaltung erinnern, bei der ein Tagesordnungspunkt<br />
ausdrücklich „Ceska-Morde“ gelautet hätte. 317<br />
Die Berichte, die die Staatsanwaltschaft Nürnberg an den<br />
Generalstaatsanwalt und dieser dann weiter an das Bayerische<br />
Staatsministerium der Justiz geliefert habe, hätten im<br />
Wesentlichen zusammenfassende Ermittlungen des letzten<br />
Zeitraumes beinhaltet. Am Anfang sei häufiger berichtet<br />
worden; im Laufe der Zeit, als man gesehen habe, dass man<br />
nicht weiterkomme, sei dann nur noch jährlich berichtet<br />
311 Akte Nr. 65, Anlage 1.<br />
312 Forster, 09.10.2012, S. 19.<br />
313 Forster, 09.10.2012, S. 19.<br />
314 Forster, 09.10.2012, S. 30.<br />
315 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 34.<br />
3<strong>16</strong> Akte Nr. 67, Dr. Kimmel, 10.05.2012, S. 29.<br />
317 Akte Nr. 67, Dr. Kimmel, 10.05.2012, S. 34.