Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Seite 120 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
Gefährderansprachen im Einzelnen hat der Zeuge PFISTER<br />
keine gesonderten Angaben gemacht.<br />
B.4.15.5. Trifft es zu, dass die BAO „Bosporus“ bei der<br />
sog. „Gefährderansprache“ u.a. auch mit Ralf Ollert gesprochen<br />
hat, der die Meinung vertreten haben soll, dass<br />
Schutzgeldeintreiber hinter den Morden stecken würden<br />
und falls ja, welches Gewicht hat die BAO dieser Einschätzung<br />
beigemessen?<br />
Eine Gefährderansprache wurde auch bei Ralf Ollert vorgenommen.<br />
712 Eine Zuordnung der einzelnen Aussagen zu<br />
Ralf Ollert lässt sich dem entsprechenden Vermerk nicht entnehmen.<br />
Zum Gesprächsinhalt mit Ralf Ollert hat der Zeuge<br />
PFISTER keine gesonderten Angaben gemacht.<br />
B.4.<strong>16</strong>. Hat die Staatsanwaltschaft geprüft, ob bei der<br />
Weiterverfolgung der Annahme, es könne sich um einen<br />
Täter mit ggf. rechtsextremistischem Hintergrund handeln,<br />
die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts<br />
(GBA) gegeben wäre und falls ja, mit welchem Ergebnis,<br />
und falls nein, warum nicht?<br />
Nach Aussage des Zeugen DR. KIMMEL sei die Zuständigkeit<br />
des Generalbundesanwalts durch die Staatsanwaltschaft-Nürnberg<br />
Fürth wiederholt geprüft worden. 713 Eine<br />
Abgabe an den Generalbundesanwalt sei jedoch zu keinem<br />
Zeitpunkt der Ermittlungen möglich gewesen, da die gesetzlichen<br />
Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten: Es habe<br />
kein Anhaltspunkt und kein Verdacht bestanden, dass es sich<br />
bei der Mordserie um die Taten einer terroristischen Vereinigung<br />
handele. 714<br />
Auch die Hypothese der zweiten Operativen Fallanalyse<br />
(OFA), es könne sich um einen „missionsgeleiteten Einzeltäter“<br />
handeln, habe keine andere Bewertung nach sich gezogen,<br />
da auch sie nicht zu einem Verdacht auf die Bildung<br />
einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung geführt<br />
habe. 715<br />
Demgegenüber ist im Protokoll zur konstituierenden Sitzung<br />
der Steuerungsgruppe am 18.05.2006 festgehalten,<br />
dass die Frage der Einzeltätertheorie vor dem Hintergrund<br />
einer möglichen Zuständigkeit des Generalbundesanwalts<br />
kritisch hinterfragt wurde. Da sich konkrete Anhaltspunkte<br />
für eine politische Motivation aus dem OFA-Ergebnis nicht<br />
zwingend ableiten lassen, sollte bis auf weiteres im Rahmen<br />
von Darstellungen nach außen auf entsprechende Hinweise<br />
verzichtet werden. 7<strong>16</strong><br />
712 Ermittlungsbericht zu Spurennr. 195 von KHK Manfred Pfister vom<br />
19. November 2007; übergeben von dem Zeugen Pfister in Kopie in<br />
der 19. Sitzung am 21. März 2013.<br />
713 Dr. Kimmel, 10.04.2013, S. 27.<br />
714 Dr. Kimmel, 10.04.2013, S. 27 f.<br />
715 Dr. Kimmel, 10.04.2013, S. 28.<br />
7<strong>16</strong> Akte Nr. 8/BY-2/3_Anlagen/1. Teillieferung/4. Führungsakte der<br />
BAO Bosporus, Bl. 9.<br />
Ein internes Schreiben des BKA, das die Ergebnisse der 3.<br />
Sitzung der Steuerungsgruppe am 05.07.2006 beschreibt,<br />
hält in diesem Zusammenhang fest:<br />
„Der Vorschlag von Herrn Geier (BAO-Bosporus) die Einzeltätertheorie<br />
aktiv in der Öffentlichkeit zu diskutieren, um<br />
so Vermutungen/Behauptungen der Presse zuvor zu kommen,<br />
wurde von allen anderen Dienststellen aus verschiedenen<br />
Gründen abgelehnt. Die StA Nürnberg-Fürth verwies zudem<br />
darauf, dass bei allzu intensiver Diskussion dieser Hypothese<br />
dann auch eine Zuständigkeit des Generalbundesanwalts<br />
greifen könnte.“ 717<br />
B.4.<strong>16</strong>.1. Welche Behörde hat entschieden, dass die Voraussetzungen<br />
für die Zuständigkeit des GBA nicht vorliegen<br />
und aus welchen Erwägungen sind hierbei die vorgesetzten<br />
Dienstbehörden einbezogen worden?<br />
Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts sei durch die<br />
Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth geprüft und verneint<br />
worden, erklärte der Zeuge DR. KIMMEL in seiner Vernehmung.<br />
Es sei dabei die politische Abteilung des Hauses, wie<br />
auch der damalige Generalstaatsanwalt Dr. Hilgert, einbezogen<br />
worden. 718<br />
Die Zeugin DR. MERK gab hierzu an, dass die Abgabe eines<br />
Verfahrens eine rechtlich gebundene Entscheidung sei. Die<br />
Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth habe, ebenso wie alle anderen<br />
betroffenen Staatsanwaltschaften, aus Rechtsgründen<br />
keinen Abgabefall gesehen, und das Ministerium habe keine<br />
Anhaltspunkte gehabt, dass diese Entscheidung nicht korrekt<br />
gewesen sei. 719<br />
B.4.<strong>16</strong>.2. Trifft es zu, dass die StA Nürnberg-Fürth den<br />
GBA trotz eines möglichen terroristischen Hintergrunds<br />
der Morde aus den Ermittlungen heraushalten wollte?<br />
Dem Untersuchungsausschuss liegen keine Erkenntnisse<br />
darüber vor, dass die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zu<br />
irgendeinem Zeitpunkt die Möglichkeit eines terroristischen<br />
Hintergrundes der Mordserie gesehen hätte.<br />
B.4.17. Welche Maßnahmen sind ergriffen worden, um<br />
der Vermutung nachzugehen, Urheber der Mordanschläge<br />
könne ein „missionsgeleiteter“ Einzeltäter sein?<br />
Der Ermittlungsansatz „missionsgeleiteter Täter“ wurde<br />
der BAO Bosporus und dem sachleitenden OStA Kimmel<br />
am 12.06.2006 durch den Leiter der Operativen Fallanalyse,<br />
KHK Horn, vorgestellt. 720<br />
Daraufhin sollten folgende Maßnahmen unternommen<br />
werden: Das Täterprofil sollte auf der Grundlage der 2. Fallanalyse<br />
vom 09.05.2006. verfeinert werden. Dazu wurden<br />
drei Beamte der BAO i. d. Z. vom 19. bis 21.06.2006 zur<br />
717 Akte Nr. 384, Bl. 3.<br />
718 Dr. Kimmel, 10.04.2013, S. 28.<br />
719 Dr. Merk, 20.06.2013, S. 8.<br />
720 Akte Nr. 8/BY-4/3_Anlagen/1 Aktenordner PP Mittelfranken, Bl. 14.