Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 119<br />
ein Drittel mit dem neuen Ermittlungsansatz beschäftigt<br />
haben. 699<br />
Der Zeuge GEIER hat dies insoweit konkretisiert, dass auf<br />
die zweite OFA-Analyse hin im Bereich der besonderen Ermittlungskomplexe<br />
der Abschnitt „Serientäter“ eingerichtet<br />
worden sei. An diesen sei sodann der Auftrag ergangen, gemeinsam<br />
mit der OFA Bayern deren Aussagen in der Analyse<br />
zu operationalisieren, also Datenquellen zu erschließen,<br />
um durch Rasterungen überprüfbare Personengruppen zu<br />
erlangen, die auf das neue Täterprofil zutreffen. 700<br />
Der Zeuge WITKOWSKI hat angegeben, dass darüber<br />
hinaus in dem neuen Ermittlungskomplex auch Beamte<br />
aus dem polizeilichen Staatsschutz eingebunden worden<br />
seien. 701<br />
Auch der Zeuge HORN hat bestätigt, dass der Erkenntnismehrwert<br />
seitens der BAO nach der zweiten OFA-Analyse<br />
sich durch die Aufnahme eines eigenen Einsatzabschnitts<br />
„missionsgeleiteter Täter“ manifestiert habe. Dieser Einsatzabschnitt<br />
sei auch entsprechend befüllt und mit Maßnahmen<br />
durchsetzt worden. 702<br />
B.4.15.3. Haben das StMI und das StMJ von dem Inhalt<br />
der zweiten OFA Kenntnis erlangt, und falls ja, wurde<br />
dort die Theorie vom Serientäter mit Hass auf Ausländer<br />
etc. geteilt?<br />
Staatsministerium des Innern:<br />
Der Zeuge GEIER hat angeben, dass er am 09.05.2006 ein<br />
vorläufiges Konzept der weiteren Ermittlungen im Rahmen<br />
einer Besprechung der BAO im StMI mit den bayerischen<br />
Polizeipräsidenten vorgestellt habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt<br />
habe er bekannt gegeben, dass die BAO eine weitere<br />
Ermittlungsrichtung Serientäter auf Grundlage der zweiten<br />
OFA auftun wolle. 703<br />
Am Samstag, den 03.08.2006, habe der Zeuge GEIER dann<br />
dem damaligen Innenminister Dr. Beckstein die zweite, auf<br />
der Serientätertheorie basierende, Ermittlungsstrategie vorgestellt.<br />
Zunächst habe der Zeuge HORN die Serientätertheorie<br />
vorgestellt. Im Anschluss habe der Zeuge GEIER die<br />
Umsetzung in eine neue Ermittlungsstrategie vorgestellt. 704<br />
Staatsministerium der Justiz:<br />
Die Zeugin DR. MERK gab an, dass sie mit der zweiten OFA<br />
nicht befasst worden sei. 705<br />
Der Zeuge KORNPROBST erklärte, bei der Dienstbesprechung<br />
auf der Schwarzenkopfhütte am 20.11.2006 seien die<br />
Ergebnisse der zweiten OFA vorgestellt worden. An dieser<br />
Besprechung hätten seitens des Staatsministeriums der Justiz<br />
699 Mähler, 06.03.2013, S. 37.<br />
700 Geier, 20.02.2013, S. 13.<br />
701 Witkowski, 19.03.2013, S. 6.<br />
702 Horn, 06.03.2013, S. 87.<br />
703 Geier, 20.02.2013, S. 12.<br />
704 Geier, 20.02.2013, S. 42.<br />
705 Dr. Merk, 20.06.2013, S. <strong>16</strong>.<br />
mit Sicherheit der Abteilungsleiter der Strafrechtsabteilung<br />
und mehrere Referenten teilgenommen. 706<br />
Der Zeuge DR. STRÖTZ gab an, dass bei dem Treffen auf<br />
der Schwarzenkopfhütte die zweite operative Fallanalyse<br />
vorgestellt worden und er von ihrem Inhalt elektrisiert gewesen<br />
sei. 707<br />
Überdies findet sich eine wenige Zeilen umfassende<br />
Zusammenfassung der zweiten OFA im 13. Sachstandbericht<br />
der BAO Bosporus, der dem Staatsministerium<br />
der Justiz durch die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth<br />
im Rahmen ihrer Berichtspflicht übersandt<br />
worden ist. 708<br />
B.4.15.4. Trifft es zu, dass nach der Vorlage der zweiten<br />
OFA zwar über 900 Ansprachen von zumeist ausländischen<br />
Kleingewerbetreibenden durchgeführt worden<br />
sind, aber lediglich neun sog. Gefährderansprachen im<br />
Bereich des Rechtsextremismus?<br />
Der Zeuge GEIER hat angegeben, dass in der zweiten Jahreshälfte<br />
2005 in Nürnberg und München ca. 900 türkische<br />
Kleingewerbetreibende von der Polizei – teilweise von<br />
Beamten mit Migrationshintergrund – aufgesucht worden<br />
seien. Die BAO Bosporus habe mit diesen Besuchen sachdienliche<br />
Hinweise erlangen, zur Beruhigung beitragen und<br />
Verhaltenstipps geben wollen. 709<br />
Demgegenüber hat die BAO Bosporus im Rahmen der<br />
Spurabarbeitung der Spurennummer 195 im Jahr 2007 bei<br />
neun Personen sogenannte Gefährderansprachen von rechten<br />
Szeneangehörigen durchgeführt (Gerd A., Rainer B., Andreas<br />
K., Thomas K., Florian K., Michael L., Rechtsanwalt<br />
Frank M., Ralf Ollert und Mike T.) Es habe bei keiner der angesprochenen<br />
Personen ein Bezug zur Mordserie hergestellt<br />
werden können. Innerhalb der rechten Szene sei demnach<br />
die Meinung vorherrschend, dass sich die Opfer wohl selber<br />
im kriminellen Milieu bewegt haben dürften und einer Vergeltungs-/Rachetat<br />
zum Opfer gefallen sein könnten. Eine<br />
fremdenfeindlich motivierte Straftat liege nicht vor, da die<br />
Mordopfer für ihren Unterhalt selber sorgten und aufgrund<br />
ihrer Berufstätigkeit den deutschen Staat (Steuerzahler)<br />
nicht ausnützten. 710<br />
Die neun Gefährderansprachen seien von dem Zeugen<br />
PFISTER durchgeführt worden. Er habe die Angesprochenen<br />
nicht systematisch vernommen, sondern sei auf<br />
„rechte Prominente“ in der Stadt zugegangen, von denen<br />
er aufgrund früherer Sachbearbeitungen angenommen hat,<br />
dass sie mit ihm auch sprechen würden. 711 Zu dem Inhalt der<br />
706 Kornprobst, 18.06.2013, S. 175 ff.<br />
707 Dr. Strötz, 18.06.2013, S. 127.<br />
708 Akte Nr. 1 (nicht paginiert).<br />
709 Geier, 20.02.2013, S. 9.<br />
710 Ermittlungsbericht zu Spurennr. 195 von KHK Manfred Pfister vom<br />
19. November 2007; übergeben von dem Zeugen Pfister in Kopie in<br />
der 19. Sitzung am 21. März 2013.<br />
711 Pfister, 21.03.2013, S. 24.