Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 62 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
Fall, wenn § 138 StGB erfüllt sei. In so einem Fall müsse<br />
irgendwie versucht werden, die Information an die Polizei<br />
oder Staatsanwaltschaft zu geben, soweit man die Quelle<br />
noch schützen könne. Da greife dann der Artikel 17 nicht<br />
mehr. 226 Es habe eine große Staatsschutztagung gegeben, die<br />
vom bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz mit den<br />
Staatsschutzdienststellen ausgerichtet worden sei.<br />
Überdies habe es regelmäßig Gespräche mit den einzelnen<br />
Staatsschutzdienststellen gegeben. 227 Alle wichtigen Ereignisberichte<br />
(WE-Meldungen) seien von der Polizei auch an<br />
das Landesamt gesteuert worden.<br />
Das sei alles automatisch erfolgt. 228<br />
Nach der Aussage des Zeugen KAMMERMEIER hätten die<br />
Mitarbeiter der Staatsschutzdienststellen der Polizei direkten<br />
Kontakt mit V-Mann-Führern gehabt. V-Mann-Führer seien<br />
auf die Dienststellen gekommen und hätten von geplanten<br />
Treffen in der Rechten Szene berichtet – ohne sich dabei als<br />
V-Mann-Führer zu offenbaren. 229 Ansonsten sei der Verfassungsschutzbericht<br />
die Grundlage für die Arbeit und die Erkenntnisse<br />
des Staatsschutzes gewesen. 230<br />
Der Zeuge Dr. WEBER führte aus, dass nach dem Trennungsgebot<br />
eine Verfassungsschutzbehörde einer Polizeibehörde<br />
nicht angegliedert werden dürfe. Wenn man aber alle<br />
Daten gemeinsam der Polizei übermitteln würde, dann hätte<br />
die Polizei alles das, was der Verfassungsschutz auch habe.<br />
Dann würde man dieses Trennungsgebot dadurch infrage<br />
stellen. Dann werde der Verfassungsschutz sozusagen zum<br />
Hilfsorgan der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Das sei<br />
jedoch vom Trennungsgebot her sowie vom Verfassungsund<br />
Gesetzgeber so nicht gewollt. 231<br />
Nach der Aussage des Zeugen WILFLING sei es aufgrund<br />
des Trennungsgebotes nicht einfach, vom Verfassungsschutz<br />
Informationen zu bekommen. Man brauche dazu immer jemanden,<br />
den man kenne. Der Verfassungsschutz habe wegen<br />
des Trennungsgebotes eine „Höllenangst“ sich durch die<br />
Weitergabe von Informationen an die Polizei in Schwierigkeiten<br />
zu bringen. Die Informationsweitergabe müsse so<br />
„hinter vorgehaltener Hand“ geschehen. 232 Situationen, in<br />
denen der Verfassungsschutz von sich aus auf die Polizei<br />
zugegangen ist und Informationen abgeliefert hat, habe er<br />
überhaupt noch nicht erlebt. 233<br />
Der Zeuge GEIER bestätigte, dass die Zusammenarbeit zwischen<br />
der Polizei und dem Verfassungsschutz sehr von den<br />
jeweils handelnden Personen abhängig sei. 234 Es sei eher<br />
eine Einbahnstraße gewesen. Die Polizei habe Anfragen an<br />
das Landesamt für Verfassungsschutz stellen müssen. 235<br />
226 Forster, 09.10.2012, S. 18 ff.<br />
227 Forster, 09.10.2012, S. 55.<br />
228 Forster, 09.10.2012, S. 10 ff.<br />
229 Kammermeier, <strong>16</strong>.10.2012, S. 65 ff.<br />
230 Kammermeier, <strong>16</strong>.10.2012, S. 95 f.<br />
231 Weber, 19.12.2012, S. 73.<br />
232 Wilfling, 19.02.2013, S. 43.<br />
233 Wilfling, 19.02.2013, S. 44.<br />
234 Geier, 20.02.2013, S. 31.<br />
235 Geier, 20.02.2013, S. 39.<br />
Auf Vorhalt der Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage<br />
der Abgeordneten Tausendfreund 236 bestätigte der Zeuge Dr.<br />
KÖRNER, dass das Landesamt für Verfassungsschutz weder<br />
die Nachfolgeorganisation der BAO Bosporus noch andere<br />
Dienststellen der Polizei über das Lied „Döner-Killer“ der<br />
rechtsextremistischen Band „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“<br />
aus dem Jahr 2010 informiert hat. 237 Wegen der<br />
Veröffentlichung der Aufnahme des Lieds in Teil B der Liste<br />
der jugendgefährdenden Medien durch die Bundesprüfstelle<br />
im Bundesanzeiger sei nach der Antwort der Staatsregierung<br />
davon abgesehen worden. 238<br />
A.2.1.1. Welche gesetzlichen und/oder verwaltungsinternen<br />
Vorschriften gab es im Untersuchungszeitraum<br />
über die Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für<br />
Verfassungsschutz und den bayerischen Polizeibehörden<br />
und die Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden des<br />
Bundes und der Länder und mit dem Bundesamt für den<br />
Verfassungsschutz (BfV) und den Verfassungsschutzämtern<br />
der anderen Bundesländer?<br />
Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat dazu in<br />
einem Schreiben 239 folgendes geantwortet:<br />
„I. Gesetzliche und untergesetzliche Vorschriften für die Zusammenarbeit<br />
des Landesamts für Verfassungsschutz mit der<br />
bayerischen Polizei<br />
Die Informations- und Datenübermittlung ist gesetzlich geregelt<br />
im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz (vgl. Art 39<br />
Abs. 4 PAG):<br />
Art. 12 f. BayVSG:<br />
Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener<br />
Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz. Die<br />
genannten Vorschriften stellen insoweit eine Besonderheit<br />
dar, als sie öffentliche Stellen des Freistaates Bayern (u. a.<br />
bayerische Polizeibehörden) zur Informationsübermittlung<br />
an das Landesamt für Verfassungsschutz verpflichten, sei es<br />
von Amts wegen (Art. 12 BayVSG) oder auf Ersuchen des<br />
Landesamts für Verfassungsschutz (Art. 13 BayVSG).<br />
Art. 4 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1 BayVSG:<br />
Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener<br />
Daten durch das Landesamt für Verfassungsschutz.<br />
Folgende untergesetzliche Bestimmungen und Regelwerke<br />
konkretisieren die genannten gesetzlichen Regelungen:<br />
• Richtlinien des StMI über den Informationsaustausch in<br />
Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (IVS-Richtlinien;<br />
IMBek vom 04.01.1993, AllMBl S. 51): Diese<br />
enthalten nähere Bestimmungen zu Informationsübermittlungen<br />
an und durch das Landesamt für Verfassungsschutz.<br />
236 Drucksache <strong>16</strong>/11831.<br />
237 Dr. Körner, 17.04.2013, S. 98.<br />
238 Drucksache <strong>16</strong>/11831, S. 2.<br />
239 Schreiben des StMI vom 04.09.2012 (GZ: IC5-1334.1-338), Akte 65.