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Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag

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Seite 46 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />

Der Zeuge erläuterte weiter, dass auf bayerische Initiative<br />

der Bundesgesetzgeber in § 5 des Waffengesetzes eine Bestimmung<br />

aufgenommen habe, dass Extremisten in der<br />

Regel nicht die notwendige Zuverlässigkeit für eine waffenrechtliche<br />

Erlaubnis besitzen. Dabei würden die Bestimmungen<br />

in Bayern intensiv genutzt und verhinderten<br />

in enger Zusammenarbeit mit der Polizei, dass Waffen legal<br />

im Besitz von Rechtsextremisten seien. Der Zeuge erinnerte<br />

daran, dass das erste NPD-Verbotsverfahren wesentlich auf<br />

eine Initiative von Innenminister Dr. Beckstein zurückgegangen<br />

sei. Das Landesamt für Verfassungsschutz habe ein<br />

Hinweistelefon und ein Aussteigerprogramm im rechtsextremistischen<br />

Bereich eingerichtet. Massiv sei die Aufklärung<br />

der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen<br />

verstärkt worden, zunächst mit Faltblättern, Broschüren<br />

und Vorträgen, dann über das Internet. Mit der Bayerischen<br />

Informationsstelle gegen den Rechtsextremismus verfüge<br />

Bayern über ein hervorragendes Informations- und Beratungsinstrument<br />

für jeden Bürger, speziell auch für Schüler,<br />

Eltern, Lehrkräfte und Kommunen. Das „Bündnis für Toleranz“<br />

werde vom Bayerischen Staatsministerium des Innern<br />

finanziell unterstützt, und mit dem Programm gegen Rechtsextremismus<br />

von 2009 habe die Bayerische Staatsregierung<br />

vor allem die Prävention verstärkt. 56<br />

Der Zeuge Forster gab an, dass die „Skinheads Allgäu“<br />

etwa im Jahr 1996 vom Bayerischen Innenministerium verboten<br />

worden seien. Die zugrunde liegenden Informationen<br />

hätten voll auf Erkenntnissen des Bayerischen Verfassungsschutzes<br />

beruht. 57 Hierzu gab der Zeuge weiter an, dass<br />

dieses Verbot gleich auf den ersten Etablierungsversuch der<br />

„Skinheads Allgäu“ folgte. 58<br />

Auf die Frage nach dem Konzept des „führerlosen Widerstands“<br />

gab der Zeuge FORSTER an, dass das Landesamt<br />

für Verfassungsschutz dieses Konzept gekannt und in seine<br />

Überlegungen einbezogen habe. Man habe auch versucht,<br />

solche Zusammenschlüsse, die ohne gefestigte Strukturen<br />

gewesen seien, zu beobachten und Quellen zu platzieren.<br />

Dies sei aber sehr schwierig gewesen und auch nicht in<br />

jedem Fall gelungen. 59 Man habe auch die Beschaffung und<br />

den Besitz von Waffen durch Rechtsextreme als Warnsignale<br />

gesehen und die darin liegende Gefahr seit Beginn der<br />

90er-Jahre erkannt. Das Problem sei aber gewesen, dass man<br />

nie eine Struktur, wie z. B. bei der RAF, gefunden habe. Er<br />

sehe es im nach hinein auch als einen Fehler an, zu sehr nach<br />

einer solchen Struktur gesucht zu haben. 60 Organisationen,<br />

wie der „Thüringer Heimatschutz“ oder der „Fränkische<br />

Heimatschutz“ seien dem Landesamt für Verfassungsschutz<br />

durch eigene Quellen bekannt gewesen. 61<br />

Der Zeuge SAGER gab hingegen an, dass ihm weder die<br />

Begriffe „führerloser Widerstand“ oder „Combat 18“ noch<br />

die Gruppierung „Blood & Honour“ oder das rechtsradikale<br />

56 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 7.<br />

57 Forster, 09.10.2012, S. <strong>16</strong>.<br />

58 Forster, 09.10.2012, S. 67.<br />

59 Forster, 09.10.2012, S. 69 f.<br />

60 Forster, 09.10.2012, S. 75.<br />

61 Forster, 13.11.2012, S. 11.<br />

Thule-Netz bekannt seien. Seine Aufgabe beim Bayerischen<br />

Landesamt für Verfassungsschutz sei es zwar gewesen u.a.<br />

die Polizei im Bereich Rechtsextremismus durch Vorträge zu<br />

schulen, die vorgenannten Begrifflichkeiten seien dabei aber<br />

nie Thema gewesen. 62<br />

A.1.3.1. In welchem Umfang und mit welchen Mitteln<br />

ist das Landesamt für Verfassungsschutz im Untersuchungszeitraum<br />

auf dem Gebiet der Bekämpfung des<br />

Rechtsextremismus tätig geworden, welcher Quellen<br />

hat es sich hierbei bedient und welche Befugnisse laut<br />

BayVSG hat es hierbei im Einzelnen genutzt?<br />

Nach den vorliegenden Organigrammen 63 gab es im Landesamt<br />

für Verfassungsschutz bis 01.04.1995 getrennte<br />

Abteilungen für die Bereiche „Beschaffung“ und „Auswertung“,<br />

in denen jeweils ein Hauptsachgebiet für „Rechtsextremismus“<br />

zuständig war. Zum 01.04.1995 erfolgte eine<br />

Umorganisation, bei der die Bereiche „Beschaffung“ und<br />

„Auswertung“ in der Abteilung „Rechtsextremismus“ zusammengelegt<br />

wurden. Daneben gab es eine eigene Abteilung<br />

Linksextremismus. Zum 01.08.1998 wurden beiden<br />

die Abteilungen in einer Abteilung mit der Bezeichnung<br />

„Inlandsextremismus“ zusammengelegt. Dort es gab es ein<br />

Sachgebiet für den organisierten und ein Sachgebiet für<br />

den unorganisierten Rechtsextremismus. Zum 01.10.2011<br />

wurden die beiden Sachgebiete in einem einheitlichen Sachgebiet<br />

zusammengefasst. Seitdem ist ein Sachgebiet für den<br />

Rechtsextremismus zuständig.<br />

Als inhaltliche Hauptarbeitsbereiche des Landesamts für<br />

Verfassungsschutz erläuterte der Zeuge Forster die zunehmende<br />

Stärke der Skinheads, die immer mehr mit neonazistischem<br />

Gedankengut infiltriert gewesen seien und<br />

dann praktisch fast ein Anhängsel der NPD gewesen seien,<br />

vor allem der Jungen Nationaldemokraten. Ein Schwerpunkt<br />

der Arbeit des Landesamts für Verfassungsschutz<br />

sei in der Mischszene zwischen Neonazis und Skinheads<br />

gewesen. Weiter seien immer wieder Waffenfunde in der<br />

Szene gewesen. Und die Sammlung des Materials für das<br />

NPD-Verbot habe das Landesamt für Verfassungsschutz sehr<br />

beschäftigt und viele Ressourcen gebunden. Im Jahr 1994<br />

seien die Republikaner kurz vor dem Einzug in den Bundestag<br />

gestanden, im Landesamt für Verfassungsschutz sei<br />

das damals auch ein Schwerpunkt eines Prüfverfahrens gewesen.<br />

Schließlich seien die autonomen Kameradschaften,<br />

die ausländerfreie bzw. ausländerbefreite Zonen hätten<br />

bilden wollen, bearbeitet worden. Mit allen Mitteln sollte<br />

verhindern werden, dass sich solche Strukturen in Bayern<br />

auch nur ansatzweise festsetzen. 64<br />

Der Zeuge gab an, dass die Zusammenarbeit mit den Staatsschutzdienststellen<br />

der Polizei reibungslos geklappt habe.<br />

Es habe WE-Berichte gegeben, die alles, was irgendwie einschlägig<br />

gewesen sei, gesteuert an das Landesamt für erfas-<br />

62 Sager, 05.10.2012,S. 6 und S. 33.<br />

63 Akte Nr. 170.<br />

64 Forster, 09.10.2012, S. <strong>16</strong>.

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