Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 35<br />
weis aus Großgründlach mit ihrem Namen in der Wohnung<br />
des Trios in Zwickau aufgetaucht. Matthias Fischer habe in<br />
der Nähe von Großgründlach gewohnt.<br />
Mandy Struck sei keine Mitläuferin gewesen, sondern eine<br />
Neonazistin.<br />
Kurz vor der Flucht der drei 1998 habe sie mit ihnen zusammen<br />
bei einem Aufmarsch in Dresden noch die Fahne<br />
des Deutschen Reiches getragen. Mandy Struck sei auch<br />
Mitglied der „Kameradschaft Chemnitz 88“ gewesen. Mittlerweile<br />
werde von vielen Kameraden gegenüber der Polizei<br />
ausgesagt, dass sie überall ihre Finger im Spiel gehabt<br />
hätte, dass sie mehr gewollt habe, dass sie politischer sein<br />
wollte. Sie habe als „Blood & Honour“-nah gegolten und<br />
sei mit maßgeblichen Führern aus der Szene liiert gewesen.<br />
2000 sei sie dann nach Bayern umgezogen. Sie habe über<br />
die HNG Richard Lorenz aus Amberg betreut, der wegen<br />
einer Gewalttat eine mehrjährige Haftstrafe absitzen habe<br />
müssen. Sie habe die Schulung „Grundbausteine nationaler<br />
Politik“ besucht. Das mache eine Mitläuferin nicht. Zur<br />
politischen Schulung gehe man, wenn man mehr erreichen<br />
möchte. Sie habe sich auch an der Flugblattverteilaktion<br />
mit Gerhard Ittner beteiligt. Mittlerweile wolle sie sich als<br />
Aussteigerin verstanden wissen. Die „Fränkische Aktionsfront“<br />
sei eine der radikalsten Strukturen mit bundesweitem<br />
Vorbildcharakter gewesen. Wenn man sich mit Kai Dalek,<br />
Norman Kempken und Matthias Fischer beschäftige, müsse<br />
klar sein, dass ihr Netzwerk, diese ganze Szene auf das gesamte<br />
Bundesgebiet ausgestrahlt hätten. Sinn und Zweck<br />
der „Fränkischen Aktionsfront“ sei es gewesen, dynamisch<br />
und aktionsbereit aufzutreten, nicht als „olle Kamelle“, nicht<br />
als NPD, wo man ein Parteibuch haben müsse und wo für<br />
Jugendliche die Hemmschwelle, mitzumachen, zu groß sei.<br />
Die „Fränkische Aktionsfront“ habe quasi eine Erlebniswelt<br />
im Sinne von „Rechts für alle“, gerade auch für junge<br />
Frauen, geboten.<br />
Kai Dalek und Norman Kempken, die Ziehväter von Matthias<br />
Fischer, hätten 1993/94 schon den „Einblick“ herausgebracht.<br />
„Der Einblick“ 1993/94 habe bundesweit für<br />
Furore gesorgt, weil es zum ersten Mal eine riesengroße Outing-Aktion<br />
von Neonazis gewesen sei. Politische Gegner,<br />
Gewerkschafter, junge Leute seien namentlich mit ihren<br />
Privatadressen dort bloßgestellt worden. Es habe damals<br />
Ermittlungsverfahren wegen der Bildung einer kriminellen<br />
Vereinigung gegeben, dieses sei jedoch eingestellt worden.<br />
Es habe bei dem „Einblick“ auch Unterstützung von der<br />
Knastorganisation (HNG) und von „Blood & Honour“ gegeben.<br />
Zum Schluss ihres Vortrags ging die Sachverständige auf<br />
Waffenfunde in Bayern ein, welche es in erschreckendem<br />
Maße gegeben habe. 1995 habe es bei der Bajuwarischen<br />
Befreiungsarmee Traunstein Waffenfunde gegeben: vier Maschinengewehre,<br />
35 Maschinenpistolen, eines der größten<br />
Waffenlager. Sie seien aber niemals im Verfassungsschutzbericht<br />
in Bayern erwähnt worden.1999 sei Anton Pfahler<br />
aus Neuburg an der Donau immer wieder aufgetaucht. Anton<br />
Pfahler sei ein enger Gefolgsmann von Karl-Heinz Hoffmann<br />
gewesen. Pfahler habe immer einen ganz massiven Hang zu<br />
Waffen gehabt. 2003 sei die Kameradschaft München-Süd<br />
zur Terrorgruppe ausgebildet worden. Wehrsportübungen<br />
habe es dann um Falko Schüßler in Aschaffenburg gegeben.<br />
Es habe die “Wehrsportgruppe Wendelstein“ gegeben. Dort<br />
seien hundert Sturmgewehre gefunden worden.<br />
Die straffällige, gewaltbereite Rockerszene in Bayern sei<br />
innerhalb eines Jahres von 700 auf 1.200 Mitglieder angewachsen<br />
– also ein durchaus ernst zu nehmendes Problem.<br />
Was die Sachverständige in diesem Zusammenhang nicht<br />
verstehe, sei, warum der Verfassungsschutz das Ganze nicht<br />
ernster nehme und selbst noch 2004 in einem internen Bericht<br />
festgehalten habe: „Rechtsterroristische Strukturen<br />
waren nicht feststellbar. In der rechtsextremistischen Szene<br />
gibt es keine handlungsfähigen terroristischen Strukturen<br />
und kein Konzept für einen zielgerichteten, bewaffneten<br />
Kampf. (…)“<br />
Zur Vernetzung zur NPD:<br />
1997 sei Uwe Mundlos als Fahrer für Frank Schwerdt eingesprungen.<br />
Frank Schwerdt sei der Landesvorsitzende der<br />
NPD in Thüringen mit engen Verbindungen nach Würzburg,<br />
vor allem zu Uwe Meenen. Frank Schwerdt habe einen<br />
Fahrer gebraucht, weil ihm von der Polizei der Führerschein<br />
abgenommen worden sei und er in die Nähe von Würzburg<br />
gewohnt habe, um eine Zeitung namens „Junge Franken“ an<br />
fränkische Kollegen zu verteilen. Dieses „Junge Franken“<br />
sei auch von Kai Dalek, dem V-Mann des Landesamtes für<br />
Verfassungsschutz in Bayern, und Uwe Meenen, einem der<br />
ranghöchsten NPD-Politiker und Unterstützer des „Freien<br />
Netzes Süd“, herausgegeben worden.<br />
Jürgen Schwab, einer der Strategen und Autoren der jungen<br />
Naziszene, einer, der auch keinen Hehl aus seiner Radikalität<br />
mache, polizeibekannt seit Jahren, Aktivist des „Freien<br />
Netzes Süd“, gebe immer noch auf den Flugblättern, die er<br />
herausgebe, das „Braune Haus“ in Jena, den Treffpunkt von<br />
Ralf Wohlleben, als presserechtlich verantwortliche Adresse<br />
an. Man sehe auch hier die Vernetzung. Deshalb verstehe die<br />
Sachverständige umso weniger, dass der Verfassungsschutz<br />
sage, es gebe keine Vernetzungen oder keine Hinweise auf<br />
Vernetzungsstrukturen.<br />
Die Sachverständige stelle sich folgende Frage: Wie kann<br />
es sein, dass tatsächlich zwei unfrankierte DVDs mit dem<br />
„Paulchen Panther“-Logo in Nürnberg direkt in die Briefkästen<br />
eingeworfen wurden? Wer habe diese Bekenner-<br />
DVDs eingeworfen, wenn nicht Frau Zschäpe? Also, müsse<br />
es irgendwo irgendjemanden gegeben haben, der in der Lage<br />
gewesen sei, diese DVDs einzuwerfen.<br />
Sie verstehe das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern<br />
nicht, das 2011 gleich gesagt habe: Es seien keine Verbindungen<br />
zwischen „Thüringer Heimatschutz“, NSU und<br />
bayerischen Neonazis bekannt. Das sei ihr völlig schleierhaft,<br />
wie man so eine Aussage machen könne. Entweder man<br />
habe seinen Auftrag dann nicht erfüllt oder es sei einfach<br />
unwahr.