Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 137<br />
Im konkreten Fall der Informationsanforderung der BAO<br />
Bosporus beim Landesamt für Verfassungsschutz hat die<br />
Zusammenarbeit nicht ausreichend funktioniert. Im Einzelnen<br />
wird hierzu auf die Ausführungen unter Ziffer 3.7.<br />
verwiesen.<br />
Zusammengefasst hat der Untersuchungsausschuss durchaus<br />
Zweifel, ob die Informationsweitergabe in der Praxis in<br />
allen Fällen so gut funktioniert, wie sie von den Zeugen<br />
beschrieben wurde. Der Untersuchungsausschuss sieht deshalb<br />
rechtlich und im Vollzug Verbesserungsbedarf an der<br />
Schnittstelle zwischen Polizei und Verfassungsschutz.<br />
2.1.4. Bayerische Staatsregierung<br />
2.1.4.1. Staatsregierung allgemein<br />
Das Thema Rechtsextremismus war während des gesamten<br />
Untersuchungszeitraums wiederholt Gegenstand der Beratungen<br />
im Ministerrat. Es sind auch zahlreiche Maßnahmen<br />
zur Bekämpfung des Rechtsextremismus ergriffen worden.<br />
Im Einzelnen wird hierzu auf die Anlage 3 zu diesem Bericht<br />
verwiesen (Schreiben des Bayerischen Staatsministers<br />
des Innern vom 25.06.2013, IE1-1334.10-151).<br />
2.1.4.2. Staatsministerium des Innern<br />
2.1.4.2.1 Allgemeines<br />
Insbesondere Staatsminister Dr. Beckstein hat die Möglichkeit<br />
eines fremdenfeindlichen Hintergrunds der Mordserie<br />
bereits frühzeitig für denkbar gehalten und auch bei den<br />
Ermittlungsbehörden entsprechend nachgefragt. Leider ist<br />
diese Nachfrage weder bei den als Zeugen vernommenen<br />
Ermittlungsbeamten, noch bei den als Zeugen vernommenen<br />
Mitarbeitern des Landesamts für Verfassungsschutz<br />
angekommen. Ansonsten hat im Innenministerium niemand<br />
einen möglichen fremdenfeindlichen Hintergrund der Mordserie<br />
erkannt oder gar die Existenz einer rechtsterroristischen<br />
Terrorzelle für möglich gehalten.<br />
2.1.4.2.2 Dienst- und Fachaufsicht über das Landesamt<br />
für Verfassungsschutz<br />
Das Landesamt für Verfassungsschutz ist organisatorisch als<br />
obere Landesbehörde dem Staatsministerium des Innern als<br />
oberste Landesbehörde nachgeordnet und untersteht insoweit<br />
der Dienst- und Fachaufsicht durch das Staatsministerium<br />
des Innern.<br />
Die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses, ob und<br />
inwieweit ein Informationsaustausch zwischen dem Staatsministerium<br />
des Innern und dem Landesamt für Verfassungsschutz<br />
stattgefunden hat und wie die Dienst- und Fachaufsicht<br />
durch das Staatsministerium des Innern ausgeübt<br />
worden ist, beruhen neben Zeugenaussagen auch auf den zu<br />
den in Beweisbeschluss Nr. 6 genannten Personen zugelieferten<br />
Akten insbesondere des StMI. In diesen Vorgängen<br />
finden sich regelmäßig Unterrichtungsschreiben des Landesamts<br />
für Verfassungsschutz an das StMI bezüglich wich-<br />
tiger Sachverhalte. Das entspricht der in der Dienstanweisung<br />
vom 30.10.1990 i.d.F.v. 01.10.1996 in §15 normierten<br />
und auch in der Folge nach formellem Außerkrafttreten derselben<br />
geübten Praxis, dass das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
dem Staatsministerium des Innern unverzüglich über<br />
speziell normierte oder bedeutsame Sachverhalte, darüber<br />
hinaus auf Anforderung und über sonstige bedeutsame Erkenntnisse<br />
unterrichtet.<br />
Die vom Untersuchungsausschuss vernommenen Zeugen<br />
haben den Informationsaustausch und den Kontakt zwischen<br />
der zuständigen Abteilung des Staatsministeriums des Innern<br />
und dem Landesamt für Verfassungsschutz als eng und vertrauensvoll<br />
beschrieben. Nach den Zeugenaussagen gäbe<br />
es allerdings keine allgemeine schriftliche Berichtspflicht,<br />
sondern der Informationsaustausch habe im Wesentlichen<br />
telefonisch oder im Rahmen von Dienstbesprechungen stattgefunden.<br />
Aus heutiger Sicht erscheint die 1996 erfolgte Entscheidung,<br />
die Zuständigkeiten für Brand- und Katastrophenschutz,<br />
Rettungswesen und Staatsschutz in einer Abteilung<br />
des Innenministeriums zusammenzufassen, nicht optimal.<br />
Es sind dem Untersuchungsausschuss zwar keine Defizite<br />
bei der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht des Innenministeriums<br />
über das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
bekannt geworden. Im Sinne einer weiteren Optimierung<br />
der Dienst- und Fachaufsicht, des Informationsaustausches<br />
zwischen Verfassungsschutz und Polizei und der durch den<br />
NSU hervorgetretenen Gefährdungslage durch den Rechtsextremismus<br />
ist es aber sehr zu begrüßen, dass durch Staatsminister<br />
Herrmann zum 01.08.2012 wieder eine eigene<br />
Abteilung I E für den Verfassungsschutz mit einem eigenen<br />
Sachgebiet I E1 für den Rechtsextremismus eingerichtet<br />
worden ist.<br />
2.1.4.2.3 Dienst- und Fachaufsicht über die Polizei<br />
Das Staatsministerium des Innern übt als oberste Dienstbehörde<br />
auch die Dienst-und Fachaufsicht über die Polizei<br />
aus (Abteilung IC). Strukturelle Änderungen im Bereich der<br />
Aufsicht über die Polizeibehörden sind aus Sicht des Untersuchungsausschusses<br />
nicht veranlasst.<br />
2.2. Zusammenarbeit mit Bundesbehörden oder den Behörden<br />
anderer Länder<br />
Probleme waren für den Untersuchungsausschuss in der<br />
Zusammenarbeit mit Bundesbehörden oder den Behörden<br />
anderer Länder erkennbar. Anlass für eine grundsätzliche<br />
Kritik an der föderalen Sicherheitsarchitektur hat sich nicht<br />
ergeben. Gleichwohl sind einige Punkte aufgefallen, die Reformen<br />
notwendig erscheinen lassen.<br />
Als Beispiele seien hier genannt:<br />
• Der Rechtsextremist Tino Brandt war ein V-Mann des<br />
Thüringer Verfassungsschutzes, hat aufgrund seines<br />
Arbeitsplatzes in Coburg mehrere Jahre in Bayern gelebt<br />
und hier aktiv am Aufbau von rechtsextremistischen