Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 83<br />
Führer sei stattdessen Mario Kraußer gewesen. 364 Nach dem<br />
Eindruck des Zeugen KELLNER sei die oberfränkische<br />
rechte Szene nach dem Zuzug von Tino Brandt auffälliger<br />
geworden. Etwaige Gegenmaßnahmen hätten sich als nicht<br />
wirkungsvoll erwiesen. Erst als Mario Kraußer des „Fränkischen<br />
Heimatschutzes“ überdrüssig geworden sei, sei auch<br />
der „Fränkische Heimatschutz“ tot gewesen. 365 Ein Treffen<br />
mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt<br />
im Zuständigkeitsbereich der damaligen Polizeidirektion<br />
Coburg sei dem Zeugen KELLNER nicht bekannt. 366<br />
Der Sachverständige KAILITZ hat berichtet, dass Uwe<br />
Mundlos und Uwe Böhnhardt in den Jahren 1995 und 1996<br />
über ihr Engagement beim „Thüringer Heimatschutz“ hinaus<br />
auch bei der Gründung des „Fränkischen Heimatschutzes“<br />
anwesend gewesen seien. 367<br />
Der Sachverständige FUNKE hat die Kontakte und die Kooperation,<br />
insbesondere der Neonazis um Matthias Fischer<br />
und anderer Personen aus Mittel- und Oberfranken, Nürnberg<br />
und Coburg, mit den Thüringer Neonazis und ihrer<br />
großen Formation „Thüringer Heimatschutz“ als eng beschrieben.<br />
368<br />
Die Sachverständige RÖPKE ist der Ansicht, dass der „Thüringer<br />
Heimatschutz“ als Vorbild für die bayerischen Nazis<br />
gedient und sich die Szenen ausgetauscht hätten über die<br />
Fragen, wer die größeren Qualitäten habe und wer hierarchischer<br />
oder straffer organisiert sei. 369<br />
B.1.3. Mit welchen Mitteln hat das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
ab dem 26.01.1998 Informationen über<br />
die untergetauchten Personen und ggf. ihre Unterstützer<br />
in Bayern gesammelt und welche Erkenntnisse konnten<br />
dadurch gewonnen werden?<br />
Siehe zunächst die Ausführungen zu Frage A.1.4.<br />
Darüber hinaus hatte das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
nach Aktenlage keine Informationen über die untergetauchten<br />
Personen und ihre mutmaßlichen Unterstützer.<br />
Mit Beschluss Nr. 60 hat der Untersuchungsausschuss die<br />
Beiziehung der Personenliste, die Namen von relevanten<br />
Personen im NSU-Verfahren enthält (sog. 129er Liste) und<br />
gegebenenfalls ihren Aktualisierungen im Wege des Ersuchens<br />
um Amtshilfe beim Innenministerium des Bundes<br />
und beim Bundesamt für Verfassungsschutz angefordert.<br />
Das Staatsministerium des Innern wurde aufgefordert, dem<br />
Ausschuss darüber Auskunft zu erteilen, ob sich unter den<br />
129 Personen auch V-Leute oder sonstige Quellen des Bayerischen<br />
Landesamtes für Verfassungsschutz oder anderer<br />
bayerischer Sicherheitsbehörden befänden. Nach Auskunft<br />
des Staatsministeriums des Innern waren keine der auf der<br />
Liste aufgeführten Personen als V-Leute das Landesamts für<br />
Verfassungsschutz eingesetzt. 370<br />
Der Zeuge HEGLER bestätigte dies und gab an, dass seiner<br />
Erinnerung nach kein bayerischer V-Mann im mutmaßlichen<br />
Unterstützerkreis des Trios im Einsatz gewesen sei. 371 Daher<br />
hätten auf diesem Weg keine Informationen über das Trio gewonnen<br />
werden können. Auch im Rahmen der späteren Aufarbeitung<br />
habe das Landesamt für Verfassungsschutz keine<br />
entsprechenden Erkenntnisse gewinnen können. Zur Frage,<br />
ob er Kenntnis von der 1998 gefundenen sog. Rucksackliste<br />
habe, sagte er aus, dass ihm die Existenz dieser Liste erst im<br />
Rahmen der NSU- Ermittlungen bekannt geworden sei. 372<br />
B.1.3.1. Sind hierbei Informationen mittels sog. V-Leute,<br />
Informanten und/oder Gewährspersonen beschafft<br />
worden und falls ja, wie viele dieser Personen waren<br />
in Einsatz, wie sind sie ausgewählt worden, wer hat sie<br />
„geführt“ und welches Honorar oder geldwerte Vorteile<br />
haben sie jeweils erhalten und auf welcher rechtlichen<br />
Grundlage sind sie eingesetzt worden?<br />
Siehe Ausführungen zu Frage B.1.3. zu Beschluss Nr. 60<br />
(129er Liste).<br />
B.1.3.2. Welche Erkenntnisse hat das Landesamt für<br />
Verfassungsschutz durch den Einsatz von sog. V-Leuten<br />
gewonnen und wie wurden die Erkenntnisse verwertet?<br />
Nach Aktenlage ergibt sich ein Hinweis darauf, dass nach<br />
dem Abtauchen des Trios eine Anfrage des Landesamts für<br />
Verfassungsschutz Thüringen an das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
ergangen ist. Das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
beantwortet diese insoweit, dass Uwe Mundlos Kontakt<br />
zu einer Person hatte und hegte die Vermutung, dass<br />
dieser dort untergetaucht sein könnte. Nähere Informationen<br />
hatte das Landesamt für Verfassungsschutz in diesem Zusammenhang<br />
nicht. 373<br />
Der Zeuge DR. WEBER sagte dazu aus, dass man spätestens<br />
seit 2001 mehrfach die Quellen des Landesamts für Verfassungsschutz,<br />
die im Bereich Rechtsextremismus eingesetzt<br />
worden seien, nach den Mordserie befragt habe, was aber<br />
ohne Erkenntnis geblieben sei. 374 Eigene Ermittlungen des<br />
Landesamtes für Verfassungsschutz zu den Hintergründen<br />
der Mordserie seien aufgrund fehlender Anhaltspunkte über<br />
Motiv und Täter sowie fehlender Bekennung zu den Morden<br />
ohne Erkenntnisse geblieben. 375<br />
Die vom Zeugen geschilderten Negativauskünfte sind in<br />
den Akten nicht dokumentiert. Im Übrigen wird auf die Antworten<br />
zu Frage B.1.1.3. verwiesen.<br />
364 Kellner, 22.01.2013 – nichtöffentlich, S. 29.<br />
365 Kellner, 22.01.2013, S. 25.<br />
366 Kellner, 22.01.2013, S. 20.<br />
367 Kailitz, 27.11.2012, S. 5.<br />
368 Prof. Funke, 27.11.2012, S. <strong>16</strong>.<br />
369 Röpke, 27.11.2012, S. 26.<br />
370 Beschluss Nr.60, Protokoll der Sitzung vom 10.04.2013 .<br />
371 Hegler,23.10.2012, S.17.<br />
372 Hegler, 23.10.2012. S. 76.<br />
373 Akte 19, Bl. 17f. (VS-Vertraulich).<br />
374 Dr. Weber, 19.12.2012; S. 59.<br />
375 Dr. Weber, 19.12.2012, S.59.