Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 154 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
Telefon oder Internet offen über extremistische Sachverhalte<br />
oder Absichten zur Begehung von Straftaten kommunizieren.<br />
• Observationen stellen für sich nur eine Außenansicht<br />
auf äußere Verhaltensweisen im öffentlichen Raum dar.<br />
Nicht öffentlich geführte Gespräche von Rechtsextremisten,<br />
deren Kontakte zu anderen und Handlungen in<br />
geschützten Räumen wie zum Beispiel Wohnungen lassen<br />
sich durch Observationen nicht feststellen. Zudem sind<br />
Observationen sehr personalintensiv und auch nicht für<br />
längere Zeit ohne Offenbarungsrisiko praktizierbar.<br />
1.2.2.2. Standards für die Führung von V-Leuten<br />
Die diesbezüglichen Empfehlungen der BLKR werden<br />
grundsätzlich begrüßt, wobei die von der BLKR erwähnten<br />
„Vorschläge des AK IV im Bericht zur Neuausrichtung des<br />
Verfassungsschutzes vom 3. Dezember 2012“ dem Untersuchungsausschuss<br />
nicht im Detail bekannt sind, da das Land<br />
Niedersachsen einer Freigabe des Berichts widersprochen<br />
hat.<br />
Darüber hinaus wird die Empfehlung der Kommission, die<br />
Rahmenbedingungen für den Einsatz von V-Leuten in die<br />
Verfassungsschutzgesetze – das hieße für Bayern in das<br />
Bayerische Verfassungsschutzgesetz – aufzunehmen, aus<br />
Gründen der Transparenz und im Sinne der Rechts- und<br />
Handlungssicherheit für das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
ausdrücklich unterstützt. Es sollten die Auswahlund<br />
Ausschlusskriterien für V-Leute, die Anwerbung von<br />
V-Leuten, die Führung von V-Leuten, die Beendigung des<br />
Einsatzes, die Leistungen an V-Leute und die Kontrolle des<br />
Einsatzes in den Grundzügen klar und unmissverständlich<br />
geregelt werden. Dabei muss ein Weg gefunden werden, der<br />
das Interesse an möglichst weitgehender Transparenz und<br />
Rechtssicherheit mit dem Interesse des Landesamts für Verfassungsschutz<br />
an der Geheimhaltung seiner Arbeitsweisen<br />
in Einklang bringt.<br />
Für die Führung von V-Leuten sollte ein von der normalen<br />
Behördenhierarchie unabhängiges und nur der Amtsleitung<br />
unterstelltes „Controlling“ eingerichtet werden, das den Einsatz<br />
der V-Leute neben dem V-Mannführer und dem zuständigen<br />
Sachgebiets- bzw. Abteilungsleiter regelmäßig und<br />
engmaschig überwacht.<br />
1.2.2.3. V-Mann-Register<br />
Die zwar nicht von der BLKR geforderte, aber bundesweit<br />
diskutierte Einführung eines zentralen Registers für<br />
V-Leute wird als notwendig angesehen, um Paralleleinsätze<br />
von V-Leuten verschiedener Verfassungsschutzbehörden zu<br />
vermeiden. Dabei ist dem grundrechtlich gebotenen Schutzanspruch<br />
im Behördenauftrag tätiger menschlicher Quellen<br />
und der daraus resultierenden Fürsorgepflicht des Staates,<br />
insbesondere zum Schutz des Lebens und der körperlichen<br />
Unversehrtheit der V-Leute, ausreichend Rechnung zu<br />
tragen.<br />
1.2.4. Zentrale/Dezentrale Ermittlungsführung<br />
Ebenso wenig wie die BLKR sehen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses<br />
von CSU und FDP Reformbedarf<br />
bei den Rechtsvorschriften zur Durchführung von staatsanwaltschaftlichen<br />
Sammelverfahren oder einer zentralen Ermittlungsführung<br />
durch das Bundeskriminalamt.<br />
Da man auch heute ex post nicht sagen kann, dass ein staatsanwaltschaftliches<br />
Sammelverfahren oder eine Übernahme<br />
der polizeilichen Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt<br />
einen früheren Ermittlungserfolg bedeutet hätte,<br />
muss es auch für die Zukunft immer eine Einzelfallentscheidung<br />
der zuständigen Staatsanwaltschaften bleiben, ob ein<br />
Sammelverfahren durchgeführt wird oder zentrale Ermittlungen<br />
durch das Bundeskriminalamt erfolgen. Denn gerade<br />
bei einem Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter zu<br />
einer bundesweiten Mordserie, wie dem Verfahren bei der<br />
Ceska-Mordserie, muss man immer im Einzelfall beurteilen,<br />
ob es praktisch sinnvoll ist, wenn ein Staatsanwalt die Ermittlungsführung<br />
zentral in der Hand hält und damit von den<br />
Tatorten und den örtlich ermittelnden Polizeibehörden weit<br />
entfernt ist, oder ob es nicht sinnvoller ist, wenn die Ermittlungen<br />
zunächst von den Staatsanwaltschaften vor Ort geleitet<br />
und erst dann in einem Sammelverfahren zusammengeführt<br />
werden.<br />
2. Abgeordnete Franz Schindler (SPD), Helga Schmitt-<br />
Bussinger (SPD), Susanna Tausendfreund (BÜNDNIS<br />
90/DIE GRÜNEN)<br />
2.1. Grundsätzliche Vorbemerkung<br />
Der vorliegende Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses<br />
kann nicht beanspruchen, alle Facetten der Entwicklung<br />
des Rechtsextremismus in Bayern seit 1994 und<br />
alle Einzelheiten der Tätigkeit des BayLfV zur Beobachtung<br />
des Rechtsextremismus in Bayern seit dieser Zeit und die<br />
Fragen, weshalb es nicht gelungen ist, die fünf in Bayern<br />
verübten Mordanschläge aufzuklären, abschließend zu beantworten.<br />
Aus zeitlichen Gründen mussten einzelne Fragen, wie z.B.<br />
danach, wann bayerische Sicherheitsbehörden erstmals von<br />
der Existenz des rechtsterroristischen NSU Kenntnis hatten<br />
und ob dem NSU-Trio weitere Anschläge in Bayern zugerechnet<br />
werden müssen, offen bleiben.<br />
Insoweit liegt lediglich ein Zwischenbericht vor und es wird<br />
Aufgabe des nächsten <strong>Landtag</strong>s sein, auch im Lichte der in<br />
dem Verfahren vor dem OLG München gewonnenen neuen<br />
Erkenntnisse zu prüfen, ob ein weiterer Untersuchungsausschuss<br />
eingerichtet werden muss.<br />
Dass der NSU mehr als 13 Jahre lang unentdeckt Morde,<br />
Sprengstoffanschläge und Raubüberfälle begehen konnte,<br />
offenbart gravierende Mängel bei den Sicherheitsbehörden<br />
in Deutschland. Die Sicherheitsbehörden müssen deshalb so<br />
umgebaut werden, dass sie von rassistischer Gewalt bedrohte<br />
Menschen in unserem Land und die freiheitliche Verfassung<br />
effektiv schützen können.