Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 41<br />
Der Zeuge Dr. Weber gab an, dass die Zahl der rechtsextremistischen<br />
Gewalttaten in Bayern in den Jahren 1994<br />
und 2011 zwischen 20 und über 80 jährlich schwankte. Die<br />
Gewalt sei meist von Skinheads, Neonazis und Kleinstgruppen<br />
ausgegangen. Die Zahl der sonstigen Straftaten<br />
rechtsextremistischer Art habe meist um die 1.000 betragen,<br />
wobei dies weit überwiegend Propagandadelikte gewesen<br />
seien. 25<br />
Gefragt nach dem Gewaltpotenzial der Rechtsextremisten<br />
im Zeitraum 1994 bis 2000 gab der Zeuge Hegler an,<br />
dass es einen starken Auftrieb im Bereich des unorganisierten<br />
Rechtsextremismus gegeben habe. Ein großes Potenzial<br />
an Personen seien die rechtsextremistischen Skinheads<br />
gewesen, die häufig durch Straftaten aufgefallen seien. Ein<br />
Großteil der politisch motivierten Straftaten sei damals durch<br />
rechtsextremistische Skinheads begangen worden. Es habe<br />
aber auch entsprechende Personenpotenziale von Neonazis<br />
gegeben. Ende der Neunzigerjahre sei festzustellen gewesen,<br />
dass sich die rechtsextremistischen Skinheads zunehmend<br />
politisiert hätten. Der Anteil der ideologisch geprägten Neonazis<br />
sei gestiegen und die Anzahl der rechtsextremistischen<br />
Skinheads entsprechend zurückgegangen. 26<br />
A.1.3. Wie wurde die Gefahr des Rechtsextremismus in<br />
Bayern im Untersuchungszeitraum seitens der Staatsregierung<br />
eingeschätzt und welche Maßnahmen sind ergriffen<br />
worden, um der Gefahr zu begegnen?<br />
Im Einzelnen wird hierzu auch auf die Anlage 3 zu diesem<br />
Bericht verwiesen (Schreiben des Bayerischen Staatsministers<br />
des Innern vom 25.06.2013, IE1-1334.10-151).<br />
Verfassungsschutzberichte:<br />
In den Jahren 1994 bis 1997 wurden die jeweiligen Abschnitte<br />
des Verfassungsschutzberichts zum Rechtsextremismus<br />
in Bayern eingeleitet mit der Feststellung, dass der<br />
Rechtsextremismus im Gegensatz zum Linksextremismus<br />
über kein gefestigtes theoretisches System verfüge bzw.<br />
keine gefestigte Ideologie aufweise. 27<br />
Die jährlich vom Landesamt für Verfassungsschutz entworfenen<br />
28 und vom Staatsministerium des Innern herausgegebenen<br />
Verfassungsschutzberichte enthalten zur rechtsextremistischen<br />
Gewalt im Untersuchungszeitraum folgende<br />
zusammenfassende Feststellungen:<br />
1994:<br />
„Der Rechtsextremismus stellt weiterhin eine ernst zu nehmende<br />
Bedrohung für die Innere Sicherheit und das internationale<br />
Ansehens Deutschlands dar. Er ist unverändert<br />
Brutstätte menschenverachtender Gewalt und Nährboden<br />
für Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und nationalistische<br />
Exzesse. Einen zusätzlichen Gefährdungsfaktor bildet<br />
25 Dr. Weber, 19.12.2012, S. 58.<br />
26 Hegler, 23.10.2012, S.8 f.<br />
27 Verfassungsschutzbericht 1994, S. 14; Verfassungsschutzbericht 1995,<br />
S. 15; Verfassungsschutzbericht 1996, S. 17; Verfassungsschutzbericht<br />
1997, S. 19.<br />
28 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 36.<br />
die Anti-Antifa-Kampagne, die zur Gewalt gegen politische<br />
Gegner aufstachelt.“ 29<br />
1995:<br />
„Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten, insbesondere<br />
der fremdenfeindlichen Gewalttaten war weiterhin rückläufig,<br />
bewegte sich aber immer noch auf hohem Niveau.<br />
Obwohl der Rechtsextremismus für unseren Staat derzeit<br />
keine akute Bedrohung bedeutet, stellt er oftmals eine Gefahr<br />
für die Innere Sicherheit und das internationale Ansehens<br />
Deutschlands dar. Er ist unverändert Brutstätte menschenverachtender<br />
Gewalt und Nährboden für Fremdenfeindlichkeit,<br />
Antisemitismus und nationalistische Exzesse.<br />
Die Anti-Antifa-Kampagne, die zur Gewalt gegen politische<br />
Gegner aufstachelt, fand in Bayern keinen nennenswerten<br />
Widerhall. Sie verstand sich ursprünglich als Reaktion auf<br />
die linksextremistische Antifaschismusbewegung und deren<br />
Gewalt gegen Rechtsextremisten. Ihr Ziel ist die Ausspähung<br />
des politischen Gegners, um selbst offensiv werden zu können<br />
und sich nicht auf die Abwehr von Angriffen beschränken zu<br />
müssen. Mittlerweile richtet sie sich auch gegen Justiz- und<br />
Sicherheitsbehörden und damit unmittelbar gegen die Funktionsfähigkeit<br />
des demokratischen Rechtsstaats“ 30<br />
1996:<br />
„Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten, insbesondere<br />
der fremdenfeindlichen Gewalttaten war weiterhin rückläufig,<br />
bewegte sich aber immer noch auf hohem Niveau.<br />
Obwohl der Rechtsextremismus für unseren Staat derzeit<br />
keine akute Bedrohung bedeutet, gefährdet er oftmals die öffentliche<br />
Ordnung und das internationale Ansehen Deutschlands.<br />
Er ist Brutstätte menschenverachtender Gewalt und<br />
Nährboden für Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und<br />
nationalistische Exzesse. Rechtsextremistisch motivierte<br />
Gewalt gefährdet zwar nicht die Verfassungsordnung; sie<br />
stellt aber unverändert eine Herausforderung für die Innere<br />
Sicherheit dar.“ 31<br />
1997:<br />
Der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1997 enthält hinsichtlich<br />
der Gewalttaten von Rechtsextremisten die gleiche<br />
Einschätzung wie der Bericht für das Jahr 1996. 32<br />
1998:<br />
„Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten hat in<br />
Deutschland von 790 auf 708 um rund 10 % abgenommen.<br />
In Bayern stagniert die Zahl mit 40 gegenüber 39 im Vorjahr.<br />
Im Vergleich mit den anderen Ländern liegt Bayern unter Berücksichtigung<br />
der Bevölkerungszahlen im unteren Bereich.<br />
Die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer<br />
Ziele wird von führenden Rechtsextremisten – zum Teil aus<br />
taktischen Gründen – abgelehnt. Einzeltäter und meist ju‐<br />
29 Verfassungsschutzbericht 1994, S. <strong>16</strong>.<br />
30 Verfassungsschutzbericht 1995, S. 18.<br />
31 Verfassungsschutzbericht 1996, S. 21.<br />
32 Verfassungsschutzbericht 1997, S. 23.