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Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag

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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 37<br />

Es wäre sinnvoller, auch Sozialwissenschaftler verstärkt im<br />

Bereich der Auswertungen einzusetzen. Hier stelle sich auch<br />

die Frage, ob immer alles hinter den Mauern des Verfassungsschutzes<br />

stattfinden müsse, oder ob nicht das Material<br />

öffentlicher diskutiert werden könne, um gemeinsam zu Erkenntnissen<br />

zu kommen.<br />

Für den Sachverständigen Dr. Kailitz liegen die Probleme<br />

weniger in der Ermittlung. Es sei nicht so, dass hier nicht<br />

genügend Informationen ermittelt worden seien, sondern<br />

sie seien nicht ausreichend ausgewertet worden. Man müsse<br />

mehr den Fokus auf die Auswertung legen als bisher. Man<br />

müsse auch längerfristig auswerten, nicht immer ad hoc das<br />

auswerten, was gerade vorliegen würde.<br />

Zu den Erkenntnissen des Generalbundesanwalts siehe auch<br />

Antwort zu Frage A.1.7.<br />

Skinhead-Jahresberichte 1994 – 2011<br />

Dem Untersuchungsausschuss wurden die sog. Skinhead-<br />

Jahresberichte aus den Jahren 1997 bis 1999 und 2001 bis<br />

2003 vorgelegt. Hinsichtlich der Jahre 1994 bis 1996 und<br />

2000 sowie nach dem Jahr 2003 existieren laut den Angaben<br />

des Staatsministeriums des Innern keine entsprechenden Berichte.<br />

Im Jahresbericht 1999 wird der „Fränkische Heimatschutz“<br />

(FHS) thematisiert 5 :<br />

Angelehnt an den „Thüringer Heimatschutz“, der ein Sammelbecken<br />

für aktive Personen aus der Thüringer rechtsextremistischen<br />

Szene darstellt, habe vor etwa drei Jahren<br />

in der Skinhead-Szene der „FHS“ entstehen sollen. Dieser<br />

wurde als „Zusammenschluss parteiunabhängiger junger<br />

Leute ohne Organisationsstrukturen“ beschrieben. Nach<br />

Erkenntnissen aus 1999 sei festzustellen, dass der Begriff<br />

vermehrt im Sprachgebrauch auftauche und auch als (Teil-)<br />

Impressum für Flugblätter dienen würde. Eine Gruppe von<br />

ca. 50 Skinheads aus dem Coburger Bereich ohne feste Organisationseinheit<br />

habe sich als „Fränkischer Heimatschutz“<br />

bezeichnet. Der „FHS“ sei identisch mit der Skinhead-Szene<br />

Coburg. Eine Fahne mit dem Fränkischen Rechen und der<br />

Aufschrift „Fränkischer Heimatschutz“ sei festgestellt<br />

und „Gaudreiecke“ mit derselben Aufschrift seien geplant<br />

worden. In der Gaststätte „Zum Kühlen Trunk“ in Weitramsdorf<br />

hätten sich sog. „Donnerstagsstammtische“ etabliert.<br />

Der „FHS“ stehe der NPD nahe und habe sich an gemeinsamen<br />

Veranstaltungen beteiligt.<br />

Nachdem sich der Aktivist und informelle Führer des „FHS“<br />

Mario Kraußer aus der Organisations- und Funktionsebene<br />

zurückgezogen habe, sei die Szene zerfallen. Der Name sei<br />

noch existent, diene jedoch nicht mehr als Synonym für die<br />

Skinhead-Szene, sondern stehe für einen Skin-Stammtisch<br />

mit etwa 10–15 Teilnehmern.<br />

5 Akte Nr. 8, StMI-Akten, BY-5, Anlagen, Skinhead-Jahresbericht<br />

1999, S. 189.<br />

Im Jahresbericht 2001 wird die Skinhead-Szene im Raum<br />

Oberfranken ausführlich beschrieben. Vermehrte Aktivitäten<br />

des Matthias Fischer und der „Fränkischen Aktionsfront“<br />

werden aufgezeigt 6 :<br />

Matthias Fischer sei derzeit der informelle Führer der Szene,<br />

wobei sein Einfluss auch in die Nachbarszenen Erlangen-<br />

Höchstadt und Fürth hineinreiche. Sein großer Bekanntheitsgrad<br />

resultiere zum einen aus der Verbreitung des von ihm<br />

herausgegebenen Fanzines „Landser“ und zum anderen aus<br />

der Vielzahl seiner Aktivitäten und Plakataktionen im Zusammenhang<br />

mit der „Fränkischen Aktionsfront“ (F.A.F.),<br />

deren Leiter er ebenfalls sei. Die F.A.F. beschreibe sich<br />

selbst als politisch regionales Forum für Männer und Frauen,<br />

die sich im Nationalen Widerstand in Deutschland organisieren<br />

und vorrangig im Großraum Franken tätig seien. Alle<br />

Formen des Widerstands würden als legitim angesehen. In<br />

einem Flugblatt mit dem Titel „Konzept der Fränkischen<br />

Aktionsfront“ würden Ausführungen zu den Aktivitäten,<br />

der Leitung und Verantwortlichkeit, der Organisierungsform,<br />

sowie der Finanzierung, den Mitteln des politischen<br />

Kampfes und zur Loyalität gemacht.<br />

Darüber hinaus nutze Fischer als Kontaktadresse das Postfach<br />

der „Interessengemeinschaft WIR“. Diese „Arbeitsgruppe“<br />

setze sich überwiegend aus Aktivisten der Nürnberger Skinheads<br />

zusammen. Die „IG-WIR“ zeichne verantwortlich für<br />

die „Anti-Antifa“-Arbeit im Raum Nürnberg und sei durch<br />

entsprechende Plakataktionen an Nürnberger Schulen aufgefallen<br />

(„Macht kaputt, was Euch kaputt macht...“).<br />

Während im Jahr 2001 im Ballungsraum Nürnberg 15<br />

rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten begangen<br />

worden seien, sei deren Zahl bis Ende Juni 2002 auf zwei<br />

zurückgegangen. In dieser Hinsicht sei Nürnberg nicht mehr<br />

Brennpunkt in Bayern. Die F.A.F. wie auch die übrige Skinhead-Szenen<br />

seien auch weiterhin flächenwirksamen Aufklärungsmaßnahmen<br />

der Nürnberger und Erlangen Polizei<br />

ausgesetzt.<br />

Am 27.06.2001 seien die beiden Wohnungen von Matthias<br />

Fischer in Nürnberg und Fürth durchsucht worden, da in der<br />

Ausgabe Nr. 7 des Fanzines „Landser“ Sachverhalte enthalten<br />

gewesen seien, die das AG Nürnberg als öffentliche<br />

Aufforderung zu Straftaten werten würde (Bild des Buchladens<br />

„Libresso“ in Nürnberg mit eingeschlagener Schaufensterscheibe<br />

und dem Zusatztext „Mehr als Worte zählen<br />

die Taten“).“ 7<br />

Auch die Skinhead-Szene im Raum Coburg wird eingehend<br />

dargestellt 8 :<br />

Lokale Gruppen würden in Coburg, Lichtenfels und Neustadt/Coburg<br />

auftreten. Die Szene im Raum Coburg unterhalte<br />

gute Kontakte zur Szene in Sonneberg/Thüringen und<br />

6 Akte Nr. 8, StMI-Akten, BY-5, Anlagen, Skinhead-Jahresbericht<br />

2001, S. 128.<br />

7 Akte Nr. 8, StMI-Akten, BY-5, Anlagen, Skinhead-Jahresbericht<br />

2001, S. 131.<br />

8 Akte Nr. 8, StMI-Akten, BY-5, Anlagen, Skinhead-Jahresbericht<br />

2001, S. 156-<strong>16</strong>1.

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