Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 123<br />
Augsburg K11 und der Landespolizeidirektion Saarbrücken<br />
teilgenommen. 741<br />
Bei dieser Besprechung schlug das BKA die Übernahme der<br />
zentralen Ermittlungsführung vor und kündigte an, über die<br />
Amtsleitung im BMI anzuregen das BKA als ermittlungsführende<br />
Dienststelle gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BKAG zu beauftragen.<br />
Die Teilnehmer diskutierten über den Sachstand<br />
der Mordserie und den Vorschlag des BKA. Laut dem Besprechungsprotokoll<br />
hat der Teilnehmer Mikulasch, PP Mittelfranken,<br />
dahingehend zugestimmt, dass ein Informationsaustausch<br />
dringend erforderlich sei, dem Vorschlag der Verfahrensübernahme<br />
aber widersprochen. Er betonte demnach<br />
den erheblichen Aufwand, den eine Zentralisierung bedeuten<br />
würde und lehnte eine Ermittlungsführung „von oben nach<br />
unten“ ab. 742<br />
Der Zeuge DR. BECKSTEIN führte aus, dass er sich an Diskussionen<br />
über eine mögliche Abgabe an das BKA erinnern<br />
könne, dass es zwischen ihm und dem damaligen BKA-Präsidenten<br />
Ziercke oder einer anderen Person darüber aber nie<br />
zu einem ernsthaften Krach gekommen sei. 743<br />
B.4.18.1. Trifft es zu, dass das BKA nach den weiteren<br />
Mordanschlägen vom 04.04.2006 in Dortmund und<br />
06.04.2006 in Kassel vorgeschlagen hat, gemäß § 4 Abs. 2<br />
Nr. 2 BKAG die Ermittlungen zu übernehmen und entsprechende<br />
Vorbereitungen getroffen hat?<br />
Das ist zutreffend, siehe Antwort auf die vorhergehende<br />
Frage.<br />
Der Zeuge HOPPE führte aus, dass beim BKA im Jahr 2006,<br />
nach den Morden acht und neun, eine neue Lagebewertung<br />
erfolgt sei. Man sei zum Ergebnis gekommen, dass die Ermittlungen<br />
auf polizeilicher und justizieller Seite bei den<br />
Staatsanwaltschaften, zentral durch eine Ermittlungsdienststelle<br />
zu führen seien. 744<br />
Mit Schreiben vom 02.05.2006 regte das BKA beim BMI die<br />
Übernahme der zentralen Ermittlungsführung an. Es stellte<br />
dar, dass zum damaligen Zeitpunkt mit der Bearbeitung der<br />
Serie fünf Staatsanwaltschaften und sechs Polizeibehörden<br />
befasst seien und brachte seine Befürchtung zum Ausdruck,<br />
dass bei Fortführung der Serie von weiteren Ermittlungsstellen<br />
auszugehen sei. Nach Auffassung des BKA sprach<br />
das Nebeneinander der Zuständigkeiten der verschiedenen<br />
Polizeidienststellen und Staatsanwaltschaften in Verbindung<br />
mit fehlenden Ermittlungserfolgen unter kriminalistischen<br />
Gesichtspunkten für eine einheitliche zentrale Ermittlungsführung<br />
durch das BKA. Das BKA bemängelte zudem, dass<br />
es bisher noch nicht einmal gelungen sei, ein staatsanwaltliches<br />
Sammelverfahren (Nr. 25 ff. RiStBV) sicherzustellen,<br />
das – so das BKA – in jedem Fall geboten sei. Im Schreiben<br />
an den BMI brachte das BKA auch zum Ausdruck, dass<br />
mit einem Einvernehmen der betroffenen Bundesländer<br />
die Strafverfolgung zentral zu übernehmen, eher nicht zu<br />
741 Akte Nr. 385, Bl. 226-229 (VS-NfD).<br />
742 Akte Nr. 8/BY-2/3_Anlagen/3. Teillieferung/Band 21, Führungsakte<br />
Nr. 41, Bl. 56.<br />
743 Dr. Beckstein, 11.06.2013, S. 34 f.<br />
744 Hoppe, 09.04.2013, S. 4.<br />
rechnen sei, obwohl dies die vorzugswürdigere Lösung sei.<br />
Das BKA kündigte schließlich an, dass der Sachverhalt am<br />
Rande der Innenministerkonferenz (IMK) am 04.05.2006 in<br />
Garmisch-Partenkirchen erörtert werden sollte. 745<br />
B.4.18.2.Trifft es zu, dass es in den Ländern gegen die<br />
Absicht des BKA, die Ermittlungen zu übernehmen, Widerstand<br />
gegeben hat und falls ja, wie haben sich die Vertreter<br />
bayerischer Behörden, das StMI und das BMI und<br />
die jeweiligen politischen Spitzen zu der geplanten Übernahme<br />
der Ermittlungen durch das BKA verhalten?<br />
Das ist zutreffend (siehe auch die Beantwortung der vorstehenden<br />
Fragen).<br />
Auch der Zeuge GEIER gab in seiner Vernehmung an, dass<br />
am Ende der Besprechung vom 19.04.2006 zwischen den<br />
Fachleuten der Bundesländer und dem BKA unterschiedliche<br />
Meinungen über die zukünftige Organisation der Ermittlungen<br />
bestanden hätten. 746<br />
B.4.18.3. Trifft es zu, dass der damalige Leiter der Polizeiabteilung<br />
im StMI, Kindler, in einem Telefongespräch<br />
mit dem BKA sinngemäß ausgeführt hat, dass der Bayerische<br />
Innenminister eine Übernahme durch das BKA<br />
als „Kriegserklärung“ gegenüber den bayerischen Polizeibehörden<br />
bewerten würde und falls ja, warum?<br />
Am 21.04.2006 telefonierte der damaligen Leiter der Polizeiabteilung<br />
im StMI (I C), Waldemar Kindler, mit dem<br />
Präsidenten des BKA, Jörg Ziercke. 747 Gegenstand des Telefonats<br />
war die durch das BKA beabsichtigte zentrale Übernahme<br />
der polizeilichen Ermittlungen in der Mordserie nach<br />
§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BKAG.<br />
Der Zeuge Ziercke hat vor dem Untersuchungsausschuss des<br />
Bundestages hierzu wörtlich folgendes ausgesagt:<br />
„Ich habe dann auch noch vor der Versendung des Schreibens<br />
an das Bundesinnenministerium zur Übernahme nach<br />
§ 4 Abs. 2 mit dem Landespolizeipräsidenten von Bayern,<br />
Herrn Kindler, telefoniert. Ich spürte schon in diesem Gespräch,<br />
dass eine Übernahme durch den Bund für Bayern<br />
nicht zur Diskussion stand. Ähnlich war ja die Resonanz auch<br />
in der AG Kripo und auch im AK II gewesen. Das galt auch<br />
für die anderen Länder. Ich habe diesen Eindruck aus dem<br />
Gespräch mit Herrn Kindler dann an Herrn Falk mit der inzwischen<br />
problematisierten Bemerkung weitergegeben, dass<br />
ich den Eindruck hatte, dass die Bayern diese Übernahmeabsichten<br />
als eine Art „Kriegserklärung“ verstehen würden.<br />
Ich meine, dass ich diesen Begriff gebrauchte und nicht Herr<br />
Kindler.“ 748<br />
Weiter führte der Zeuge Ziercke dort aus, dass Kindler den<br />
Standpunkt vertreten habe, dass dieses Vorhaben am Rande<br />
745 Akte Nr. 383, Bl. 9 ff.<br />
746 Geier, 20.02.2013, S. 10.<br />
747 Akte Nr. 8/ohne Beschluss/StMI-Akten/2_Anlagen/2. Übersendung,<br />
Bl. 101; Akte Nr. 367, Anlage 2, Bl. 352.<br />
748 Akte Nr. 68, ZV Ziercke, 21. Sitzung des 2. UA der 17. Wahlperiode<br />
im Deutscher Bundestag, 26.06.2012, S. 8.