Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 82 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
amtes für Verfassungsschutz und dem BayLfV zu Informationen<br />
über mögliche Kontakte des gesuchten Uwe<br />
Mundlos zu dem Neonazi und Gründer der „Deutschen<br />
Bürgerwehr“ Ernst Tag stattgefunden hat und dass das<br />
BayLfV mit Antwortschreiben vom 09.03.1998 mitgeteilt<br />
hat, Mundlos habe gute Kontakte zu Ernst Tag und<br />
könnte dort untergetaucht sein und auf welche Erkenntnisse<br />
stützte das BayLfV seine Auskunft und was hat es<br />
anschließend unternommen?<br />
Gesprächspartner und Inhalt des auf der Kurzmitteilung<br />
des Bayerische Landesamts für Verfassungsschutz vom<br />
03.03.1998 vermerkten Telefonats vom 13.02.1998 356 sind<br />
nicht bekannt. Die hierzu befragten Zeugen konnten insoweit<br />
keine Angaben machen.<br />
B.1.1.5. Sind bayerische Polizeibehörden nach dem<br />
26.01.1998 über das Verschwinden der o.g. Personen<br />
und den Fund von Sprengstoff und der Verwendung von<br />
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen durch<br />
diese Personen unterrichtet worden und falls ja, wann<br />
und von wem und welche Maßnahmen sind daraufhin<br />
ergriffen worden?<br />
Laut den Feststellungen im Gutachten der Schäfer-Kommission<br />
vom 14.05.2012 informierte das Thüringer Landeskriminalamt<br />
mit Schreiben vom 28.01.1998 die KPI Jena, alle<br />
Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt über die<br />
Fahndung nach dem Trio. Am 29.01.1998 veranlasste die<br />
Staatsanwaltschaft Gera die Fahndungsausschreibung im<br />
SIS, im INPOL und in den europäischen Nachbarstaaten. 357<br />
Dem Untersuchungsausschuss liegen hierzu keine eigenen<br />
Unterlagen vor. Insbesondere liegen keine Unterlagen über<br />
in Bayern ergriffene Maßnahmen vor.<br />
Für die gegen die Untergetauchten erhobenen Vorwürfe<br />
ist mit Ablauf des 22.06.2003 Verfolgungsverjährung eingetreten.<br />
Die Vollstreckungsverjährung betreffend Uwe<br />
Böhnhardt wegen des Urteils des Landgerichts Gera vom<br />
26.10.1997 ist mit Ablauf des 09.12.2007 eingetreten. 358<br />
B.1.1.6. Trifft es zu, dass sich das Thüringer Innenministerium<br />
am 20.02.1998 zum Informationsaustausch<br />
in Staatsschutzsachen u.a. auch an das LKA Bayern gewandt<br />
und mitgeteilt hat, dass sich der sog. Thüringer<br />
Heimatschutz und der sog. Nationale Widerstand von<br />
den so genannten Terroristen aus Jena distanzierten und<br />
falls ja, was hat das LKA daraufhin unternommen?<br />
Die dazu befragten Zeugen konnten diesbezüglich keine Angaben<br />
machen.<br />
B.1.2. Welche Erkenntnisse hatten das BayLfV und bayerische<br />
Polizeibehörden über die Zusammenarbeit zwischen<br />
den Organisationen „Thüringer Heimatschutz“<br />
und „Fränkischer Heimatschutz“ und die in diesen Or-<br />
356 Akte Nr. 19, Bl. 18.<br />
357 Akte Nr. 355, Rn. 227 f.<br />
358 Akte Nr. 355, Rn. 429.<br />
ganisationen tätigen Personen und über ihre eventuellen<br />
Verbindungen zu den mutmaßlichen Tätern der Mordanschläge<br />
und deren Unterstützern?<br />
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz geht in<br />
seiner Broschüre Neonazismus in Bayern mit Stand Ende<br />
Dezember 1999 davon aus, dass der „Fränkische Heimatschutz“<br />
im Jahr 1996 auf Initiative von Tino Brandt als<br />
Pendant zum „Thüringer Heimatschutz“ entstanden ist. Die<br />
Vereinigung soll hauptsächlich auf dem Papier existiert und<br />
abgesehen von einigen Versammlungsanmeldungen und der<br />
Verbreitung von Aufklebern (sog. „Spukis“) keine nennenswerten<br />
Aktionen veranstaltet haben. Im Januar 1999 sei die<br />
Bezeichnung „Fränkischer Heimatschutz“ von einer Gruppe<br />
von 50 Skinheads aus dem Coburger Raum verwendet<br />
worden, deren inoffizieller Führer der Coburger Skinhead<br />
Mario Kraußer gewesen sein soll. 359<br />
Auch für den Zeugen GÄRTNER hat es sich so dargestellt,<br />
dass der „Fränkische Heimatschutz“ von Tino Brandt initiiert<br />
wurde. Es habe zuerst den „Thüringer Heimatschutz“<br />
gegeben. Wegen seiner beruflichen Tätigkeit in Coburg habe<br />
Tino Brandt sich dort etabliert und den „Fränkischen Heimatschutz“<br />
parallel zum Thüringer ins Leben gerufen. Gegenüber<br />
der Polizei habe der Zeuge GÄRTNER zu Beginn<br />
des Bestehens des „Fränkischen Heimatschutzes“ häufig<br />
schweigen müssen, da er gewusst habe, dass dieser von einer<br />
Quelle, die nicht zum Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz<br />
gehört, aufgebaut wurde. 360<br />
Die Zeugen FORSTER und HEGLER haben bestätigt, dass<br />
der „Fränkische Heimatschutz“ von Tino Brandt in Anlehnung<br />
an den „Thüringer Heimatschutz“ nach dessen beruflich<br />
bedingtem Umzug nach Coburg im Jahr 1996 gegründet<br />
worden sei. 361 Im Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz<br />
sei nach Angaben des Zeugen FORSTER bekannt gewesen,<br />
dass Tino Brandt eine V-Person des Thüringischen<br />
Landesamts für Verfassungsschutz gewesen sei. Während<br />
das Bundesamt für Verfassungsschutz mit dem Ansinnen an<br />
das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz herangetreten<br />
war, im Rahmen der Operation „Rennsteig“ Quellen<br />
im „Fränkischen Heimatschutz“ zu werben, sei das Bayerische<br />
Landesamt für Verfassungsschutz der Meinung gewesen,<br />
dass Tino Brandt seine Aktivitäten in Bayern einstellen<br />
solle. Der Zeuge FORSTER habe diesen Wunsch<br />
dem damaligen Präsidenten des Thüringischen Landesamts<br />
für Verfassungsschutz Roewer mitgeteilt. Herr Roewer habe<br />
dem Zeugen FORSTER zugesagt, dass Tino Brandt seine<br />
Aktivitäten in Bayern einstellen werde. Im Jahr 1999 habe<br />
es dann praktisch nur noch den Namen als Skinheadstammtisch<br />
gegeben. 362<br />
Der Zeuge KELLNER hat angegeben, dass der „Fränkische<br />
Heimatschutz“ nach der Gründung durch Tino Brandt nicht<br />
auch durch diesen geführt worden sein soll. 363 Inoffizieller<br />
359 Akte Nr. 333, Bl. 21 (VS-V).<br />
360 Gärtner, 23.10.2012 – geheim, S. 72 (VS-Geheim).<br />
361 Forster, 9.10.2012, S. 25; Hegler, 23.10.2012, S. 46.<br />
362 Forster, 9.10.2012, S. 25.<br />
363 Kellner, 22.01.2013, S. 22.