Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 152 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
rung die Entwicklung einer rechtsterroristischen Terrorzelle<br />
wie dem NSU bis 04.11.2011 nicht für möglich gehalten,<br />
da bundesweit die Sicherheitsbehörden nicht über entsprechende<br />
Erkenntnisse verfügten. Davon, dass die Bayerische<br />
Staatsregierung „auf dem rechten Auge blind“ gewesen sei,<br />
kann keine Rede sein.<br />
Das Thema Rechtsextremismus war während des gesamten<br />
Untersuchungszeitraums ein wichtiges Thema der Regierungsarbeit<br />
der Bayerischen Staatsregierung, wie diese in<br />
Anlage 3 zu diesem Bericht überzeugend dargelegt hat. Es<br />
sind zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus<br />
ergriffen worden, die im Ergebnis dazu geführt<br />
haben, dass sich in Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern<br />
kein allgemeiner Schwerpunkt rechtsextremistischer<br />
Aktivitäten entwickeln konnte. Allerdings konnten trotzdem<br />
die rechtsterroristischen Verbrechen des NSU nicht verhindert<br />
werden.<br />
1.2. Schlussfolgerungen<br />
1.2.1. Zukunft des Verfassungsschutzes:<br />
Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses von CSU und<br />
FDP sind der Auffassung, dass sich der Verfassungsschutz<br />
als Instrument der wehrhaften Demokratie grundsätzlich bewährt<br />
hat und auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil<br />
der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik bleiben sollte.<br />
Die Verfassungsschutzbehörden, unter ihnen auch das Landesamt<br />
für Verfassungsschutz, wurden zu Recht dafür kritisiert,<br />
dass ihnen die Existenz der Terrorgruppe NSU nicht bekannt<br />
geworden ist. Daraufhin wurden bereits entsprechende<br />
Reformen eingeleitet, die zu einer intensiveren Beobachtung<br />
des gewaltbereiten Rechtsextremismus führen sollen. Diese<br />
Reformen werden ausdrücklich begrüßt. Der Verfassungsschutz<br />
darf nicht abgeschafft, sondern muss durch Reformen<br />
gestärkt werden, so wies dies im Übrigen auch von den Innenministern<br />
der SPD-regierten Länder gesehen wird.<br />
Eine wehrhafte Demokratie kann auf einen Nachrichtendienst,<br />
der ohne Exekutivbefugnisse verfassungsfeindliche<br />
Bestrebungen im Vorfeld aufklärt, die verfassungsmäßige<br />
Ordnung schützt und Ansprechpartner für andere Nachrichtendienste<br />
im In- und Ausland ist, nicht verzichten.<br />
Die Polizei kann die Aufgabe des Verfassungsschutzes nicht<br />
übernehmen, da sie Gefahren für die öffentliche Sicherheit<br />
und Ordnung verhindern oder aufklären muss und an das Legalitätsprinzip<br />
gebunden ist. Ihr kann auch nicht in gleicher<br />
Weise wie dem Verfassungsschutz der Einsatz nachrichtendienstlicher<br />
Mittel übertragen werden, da dies ein Verstoß<br />
gegen das Trennungsgebot wäre. Aufgaben und Funktion<br />
des Verfassungsschutzes können auch nicht von Akteuren<br />
der Zivilgesellschaft, etwa wissenschaftliche Dokumentationsstellen<br />
wahrgenommen werden, weil ihnen hoheitliche<br />
Befugnisse fehlen und ihre Arbeit nicht durch die Legislative<br />
kontrolliert werden kann.<br />
Deshalb war es notwendig, Reformen für den Verfassungsschutz<br />
einzuleiten, die insbesondere zu einer intensiveren<br />
Beobachtung des gewaltbereiten Rechtsextremismus und<br />
der hier agierenden Personen sowie zu einer Optimierung<br />
der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden führen<br />
sollen.<br />
Im Einzelnen sind dies u. a.:<br />
• Die Rechtsextremismusdatei (RED).<br />
• Das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus<br />
(GAR) und das Gemeinsame Extremismus- und<br />
Terrorabwehrzentrum (GETZ).<br />
• Die Fortschreibung des „Leitfadens für die Zusammenarbeit<br />
zwischen Polizei und Verfassungsschutz“.<br />
• Die Neukonzeption des Verfassungsschutzes, die beinhaltet<br />
die Änderung der Richtlinie über die Zusammenarbeit<br />
des Bundesamts für Verfassungsschutz und der Landesämter<br />
für Verfassungsschutz,<br />
die Standardisierung des Einsatzes von V-Leuten und<br />
Errichtung einer zentralen Datei beim Bundesamt für<br />
Verfassungsschutz, und<br />
die Nutzung der Verfassungsschutzdatei NADIS-WN<br />
als Volltextdatei.<br />
• Die weiteren Maßnahmen im Verfassungsschutzverbund,<br />
wie<br />
die Verstärkung der Präventionsarbeit des Verfassungsschutzes,<br />
die Weiterentwicklung der Schule für Verfassungsschutz<br />
die Verbesserung der Ausbildung der Mitarbeiter des<br />
Verfassungsschutzes<br />
die verbindliche Festlegung von gemeinsamen Standards<br />
und Ausschlusskriterien für die Werbung und<br />
den Einsatz von V-Leuten im Verfassungsschutz,<br />
die Schaffung einer Dokumentation über den Einsatz<br />
aller V-Leute in den Beobachtungsobjekten des Verfassungsschutzes<br />
durch Einrichtung einer zentralen V-<br />
Leute-Datei,<br />
die stärkere Koordination der Internetaufklärung, und<br />
die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für operative<br />
Sicherheit im Internet beim Bundesamt für Verfassungsschutz.<br />
Diese Reformen werden ausdrücklich begrüßt.<br />
Da sich gezeigt hat, dass sich die derzeitigen Strukturen mit<br />
<strong>16</strong>, teilweise sehr kleinen, Landesämtern für Verfassungsschutz<br />
und einem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht<br />
bewährt haben, sollten diese Strukturen einer weiteren Überprüfung<br />
unterzogen werden, wobei Bayern alleine aufgrund<br />
seiner Fläche und Bevölkerungszahl und der leistungsfähigen<br />
Größenordnung seines Verfassungsschutzes auch in<br />
Zukunft über ein eigenes Landesamt für Verfassungsschutz<br />
verfügen muss.