Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 50 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
Organisation als Beobachtungsobjekte aufgenommen werde<br />
oder aus den Beobachtungen entlassen würde, zwischen dem<br />
Ministerium und dem Landesamt für Verfassungsschutz besprochen<br />
werde, gab der Zeuge REMMELE an. 97<br />
Zu letzterem Punkt führte der Zeuge FORSTER aus, dass<br />
es zunächst die Aufgabe der Amtsleitung des Landesamts<br />
für Verfassungsschutz gewesen sei, über die Beobachtungsobjekte<br />
zu entscheiden. In wichtigeren Sachen sei aber vor<br />
der Entscheidung Rücksprache mit dem Innenministerium<br />
gehalten worden. 98<br />
d) Ausarbeitungen des Landesamts für Verfassungsschutz,<br />
z. B. über eine Gruppierung oder eine Gruppe von Gruppierungen<br />
im rechtsextremen Bereich seien an das Staatsministerium<br />
des Innern, an die Polizeipräsidien, das Bundesamt<br />
für Verfassungsschutz und das LKA weitergeleitet worden,<br />
so der Zeuge WINGERTER. 99<br />
e) Der Zeuge Forster berichtete, dass die politische<br />
Spitze des Innenministeriums über die Klarnamen von V-<br />
Leuten nicht informiert worden sei. Der damalige Innenminister<br />
Günther Beckstein habe auch nie danach gefragt.<br />
Er habe aber danach gefragt, in welchen Bereichen V-Leute<br />
im Einsatz seien. Das sei auch seine Aufgabe als Minister<br />
gewesen, zu steuern, wo der Verfassungsschutz Beobachtungen<br />
treffen soll. 100 Dies bestätigte auch der Zeuge DR.<br />
BECKSTEIN: Das Alltagsgeschäft von V-Leuten sei nicht<br />
Sache der politischen Spitze gewesen. 101<br />
A.1.3.4. Welche Maßnahmen sind ggf. daraufhin seitens<br />
der jeweils zuständigen Abteilungen im Staatsministerium<br />
des Innern (StMI) ergriffen worden und haben die<br />
zuständigen Abteilungen bei der Beobachtung und ggf.<br />
Bekämpfung und Verfolgung rechtsextremistischer Aktivitäten<br />
zusammengearbeitet und inwieweit ist jeweils die<br />
politische Spitze des StMI informiert worden?<br />
Die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses zu dieser<br />
Frage beruhen ausschließlich auf Zeugenaussagen. Akten<br />
lagen hierzu nicht vor.<br />
Der Zeuge Remmele berichtete, dass es zwischen der<br />
Verfassungsschutzabteilung und der Polizeiabteilung des Innenministeriums<br />
auf Abteilungsleiter- und Mitarbeiterebene<br />
immer sehr enge Kontakte gegeben habe. Der Informationsaustausch<br />
sei durch Zuruf, durch Telefonate oder durch Austausch<br />
von Stellungnahmen erfolgt. 102<br />
Der Zeuge DR. Weber bezeichnete die Zusammenarbeit<br />
zwischen der Verfassungsschutzabteilung und der Polizei<br />
Abteilung des Innenministeriums als eigentlich sehr gut. Es<br />
habe zwar immer wieder mal kleine Differenzen gegeben.<br />
Aber grundsätzlich habe man an einem Strang gezogen. Die<br />
97 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 12.<br />
98 Forster, 09.10.2012, S. 7; so auch Wingerter, 09.10.2012, S. 85.<br />
99 Wingerter, 09.10.2012, S. 98.<br />
100 Forster, 13.11.2012 – geheim, S. 48 (Passage nicht als VS eingestuft).<br />
101 Dr. Beckstein, 11.06.2013, S. 20.<br />
102 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 19.<br />
innere Sicherheit in Bayern sei das oberste Credo gewesen.<br />
103<br />
Der Zeuge Lenhard berichtete, dass es bereits zu Beginn<br />
seiner Amtszeit als Abteilungsleiter der Polizeiabteilung<br />
des Innenministeriums im Jahr 1991 das 15-Punkte Programm<br />
der Bayerischen Staatsregierung zur Bekämpfung<br />
des Rechtsextremismus gegeben habe. Dort sei ausgeführt<br />
worden, dass Bayern auch weiterhin gegen Rechtsextremismus<br />
und politisch motivierte Gewalt mit aller Härte<br />
vorgehen würde. Dieses Programm sei damals noch ein<br />
Anliegen des früheren Innenministers Dr. Edmund Stoiber<br />
gewesen und habe dann auch während der Amtszeit von Innenminister<br />
Dr. Günther Beckstein als Leitlinie gedient. 104<br />
Als Beispiel für die Maßnahmen, die vonseiten des Innenministeriums<br />
getroffen wurden, nannte der Zeuge LENHARD<br />
die Ausweitung der Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten<br />
im Jahr 2000. Viele rechtsextremistische<br />
Straftäter seien in einem Alter, in dem man sich häufig im<br />
öffentlichen Raum bewegt. Durch die Videoüberwachung<br />
könnten deshalb auch gerade rechtsextreme Täter besser erfasst<br />
werden. 105<br />
Der Zeuge Lenhard berichtete weiter, dass es am<br />
18.08.2000 eine Pressekonferenz des damaligen Innenministers<br />
Dr. Günther Beckstein eingegeben habe, in der dieser<br />
intensiv auf die Frage eingegangen sei, was man künftig zur<br />
Bekämpfung des Rechtsextremismus machen müsse. Auf<br />
dessen Initiative sei dann eine interministerielle Arbeitsgruppe<br />
der Staatsregierung eingerichtet worden, da die Bekämpfung<br />
des Rechtsextremismus keine alleinige Aufgabe<br />
der Sicherheitsbehörden, sondern auch die Aufgabe anderer<br />
Ministerien und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. 106<br />
Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit des Innenministeriums<br />
sei im Jahr 2000 die Vorbereitung der Innenministerkonferenz<br />
am 24.11.2000 gewesen, die sich eingehend mit der<br />
Behandlung eines Maßnahmenkatalogs zur Bekämpfung<br />
der rechtsextremistischen fremdenfeindlichen Kriminalität<br />
beschäftigt habe. Die Behandlung dieses Themas habe im<br />
Wesentlichen auf einem Bericht des AK II beruht, der in der<br />
Sitzung am 17./18.10.2000 in Bayern erarbeitet worden sei.<br />
Schwerpunkte von bayerischer Seite seien im präventiven<br />
Bereich die gezielte Ansprache von möglichen Straftätern<br />
(Gefährderansprache) gewesen. Dies sei bislang nicht in<br />
allen Bundesländern in dem nötigen Umfang durchgeführt<br />
worden. Weitere geforderte Maßnahmen im präventiven Bereich<br />
seien Meldeauflagen gewesen, sowie die Anwendung<br />
von Unterbindungsgewahrsam und die Durchführung verdachts-<br />
und ereignisunabhängiger Kontrollen. Zusätzliche<br />
Erkenntnisse habe man über die Bewegung von Rechtsextremisten<br />
auch durch die Schleierfahndung gewinnen können.<br />
Ein weiterer Punkt sei die Durchführung von Abpasskontrollen<br />
bei rechten Gewalttätern nach Anschlägen gewesen.<br />
103 Dr. Weber, 19.12.2012, S. 65.<br />
104 Lenhard, 18.12.2012, S. 71.<br />
105 Lenhard, 18.12.2012, S. 71.<br />
106 Lenhard, 18.12.2012, S. 71 f.