Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 86 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
B.2. Welche Aktivitäten haben welche bayerischen Sicherheits-<br />
und Strafverfolgungsbehörden sowie ihre jeweils<br />
vorgesetzten Dienststellen und die Staatsregierung<br />
nach dem ersten Mordanschlag vom 09.09.2000 in Nürnberg<br />
(Opfer: Enver Simsek) entwickelt?<br />
B.2.1. Wer war bei der StA Nürnberg-Fürth zuständig<br />
für die Ermittlungen zur Aufklärung des Mordes an<br />
Enver Simsek?<br />
Der Zeuge Dr. Kimmel sagte aus, dass im Mordfall<br />
Simsek zunächst Oberstaatsanwalt Knorr zuständig gewesen<br />
sei. Der Behördenleiter habe ihm dann nach dem zweiten<br />
Mord an Abdurrahim Özüdogru die einheitliche Sachbearbeitung<br />
übertragen. 397<br />
B.2.2. Wie war die Sonderkommission (SoKo) „SIMSEK“<br />
beim Polizeipräsidium Mittelfranken personell besetzt?<br />
Aus einem Sachstandsbericht der Kriminaldirektion Nürnberg<br />
an das Polizeipräsidium Mittelfranken vom 29. September<br />
2000 ergibt sich, dass zu diesem Zeitpunkt die bei<br />
der Kriminaldirektion Nürnberg eingerichtete Sonderkommission<br />
Simsek mit ca. 30 Beamten der Kriminaldirektion<br />
und Polizeidirektion Nürnberg besetzt gewesen sei. 398<br />
Laut dem Zeugen Störzer habe die SoKo Simsek in den<br />
ersten Tagen aus rund 20 Beamten bestanden und sei dann<br />
sukzessive auf circa 30 Beamte aufgestockt worden. 399<br />
Laut dem Zeugen VÖGELER seien es zunächst 18 und<br />
später 30 Beamte gewesen. 400<br />
B.2.3. Welche Ermittlungsmaßnahmen (Spurenauswertung,<br />
Zeugenbefragung, Rasterfahndungen, TKÜ, Einsatz<br />
verdeckter Ermittler etc.) sind ergriffen worden und<br />
mit welchem Ergebnis?<br />
Der Zeuge Vögeler führte hierzu aus:<br />
Zunächst habe es eine gründliche Tatortaufnahme gegeben:<br />
Das Fahrzeug, in dem Enver Simsek erschossen wurde, sei<br />
sichergestellt worden. Hier seien über Wochen Spurensicherungsmaßnahmen<br />
durchgeführt worden, um möglicherweise<br />
Fingerabdrücke, DNA-Spuren und Ähnliches zu finden.<br />
Weiter hätte die Polizei am Tatort Projektile und Patronenhülsen<br />
sicherstellen können. Durch eine Untersuchung im<br />
BKA sei dann festgestellt worden, dass als Tatwaffe eine<br />
Ceska Typ 83, Kaliber 7,65 Millimeter, verwendet worden<br />
sei und auch noch eine zweite Waffe, eine kleinere Pistole<br />
mit dem Kaliber 6,35 Millimeter. Man habe dann überprüft,<br />
ob mit dieser Waffe schon andere Tötungsdelikte oder<br />
397 Dr. Kimmel, 10.4.2013, S. 3-4.<br />
398 Akte Nr. 08 – Akten Bund Offen oder VS NfD\ohne Beschluss\StMI-.<br />
Akten\2_Anlagen\1.Übersendung\1.IC5-11<strong>16</strong>.14-186_Band_1, Blatt<br />
0026 f.<br />
399 Störzer, 5.2.2013, S. 6.<br />
400 Vögeler, 22.01.2013, S. 50.<br />
andere Straftaten verübt worden seien. Das sei aber nicht der<br />
Fall gewesen.<br />
Außerdem habe man Reifenspuren, Fußabdruckspuren und<br />
Ähnliches gesichert.<br />
Um mögliche Zeugen zu finden, habe man mehrere Befragungsaktionen<br />
in der Umgebung des Tatorts durchgeführt<br />
und habe dabei verschiedene Zeugen feststellen können, die<br />
Wahrnehmungen gemacht hätten. 401<br />
Es seien auch verschiedene Fingerabdrücke gefunden<br />
worden, die aber Berechtigten zugeordnet werden hätten<br />
können. 402<br />
Auf Nachfrage, ob auch die Familie befragt worden sei, erklärte<br />
der Zeuge VÖGELER, dass die Familie simsek ausführlich<br />
vernommen worden sei.<br />
Hieraus hätten sich verschiedene Hinweise auf Tatmotive ergeben,<br />
die sich aber alle als nicht zutreffend erwiesen hätten:<br />
So habe es als Erstes die Information gegeben, dass ein<br />
Großhandelskonkurrent des Enver Simsek, angeblich einen<br />
Killer gesucht hätte, der ihn umbringe. Dieser Spur sei man<br />
mit einem erheblichen Arbeitsaufwand nachgegangen. 403<br />
Auf Nachfrage, ob die türkische Herkunft des Opfers als<br />
Motiv in Betracht gezogen worden sei, erklärte der Zeuge<br />
VÖGELER, dass diese Ermittlungsrichtung innerhalb der<br />
SoKo sehr wohl diskutiert worden sei, und zwar in Richtung<br />
Familie, in Richtung Organisierte Kriminalität und in Richtung<br />
Rauschgifthandel. Auch in Richtung Fremdenfeindlichkeit<br />
sei innerhalb der SoKo diskutiert worden, man habe hier<br />
aber keine Ermittlungsansätze finden können. 404<br />
Man habe andere Spuren gehabt, für die es konkrete Ermittlungsansätze<br />
gegeben habe. Es habe aber keine Hinweise<br />
gegeben, dass der Grund für dieses Tötungsdelikt im rechten<br />
Bereich zu suchen wäre. Das sei zwar trotzdem intern auch<br />
diskutiert worden, aber letztlich wieder verworfen worden.<br />
405 Man habe das immer wieder diskutiert, aber keine<br />
weiteren Maßnahmen ergriffen. 406 Belege für diese Diskussionen<br />
finden sich nicht in den Akten.<br />
Man sei auch gewissen Spuren in der Familie nachgegangen,<br />
habe aber niemals einen Familienangehörigen als Beschuldigten<br />
geführt. Es habe kein Verfahren bei der Familie<br />
Simsek gegeben und auch nicht bei den entfernteren Angehörigen.<br />
Letztendlich sei diese Ermittlungsrichtung Familie<br />
noch im Herbst 2000 abgelegt und definitiv ausgeschieden<br />
worden. 407<br />
401 Vögeler, 22.01.2013, S. 50f.<br />
402 Vögeler, 22.01.2013, S. 54.<br />
403 Vögeler, 22.01.2013, S. 55 f.<br />
404 Vögeler, 22.01.2013, S. 60 f.<br />
405 Vögeler, 22.01.2013, S. 61.<br />
406 Vögeler, 22.01.2013, S. 77.<br />
407 Vögeler, 22.01.2013, S. 77 f.