Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 68 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
Teil 2:<br />
Der Zeuge FORSTER gab an, dass wöchentlich oder zumindest<br />
monatlich Treffen zwischen Sachbearbeitern des<br />
Landesamtes für Verfassungsschutz und den Beamten des<br />
Staatsschutzes stattgefunden hätten. Der Verfassungsschutzbericht<br />
sei dagegen nur für die Öffentlichkeit bestimmt. 246<br />
Es habe zudem eine große Staatsschutztagung gegeben,<br />
die vom Landesamt zusammen mit den Staatsschutzdienststellen<br />
ausgerichtet worden sei. 247 Generell sei die Sachgebietsebene<br />
für die Informationsweitergabe an die Polizei zuständig<br />
gewesen. Das sei Alltagsgeschäft gewesen. Es seien<br />
jeden Tag mehrere Informationen an die Polizei übermittelt<br />
worden . Wenn es schwerwiegende Sachen gewesen seien,<br />
zum Beispiel bei einer Verschlusssache oder einer Quellengefährdung,<br />
dann seien der Abteilungsleiter und die Amtsleiter<br />
eingebunden worden. 248<br />
Es sei Routine gewesen, die Polizei über Veranstaltungsplanungen<br />
und Veranstaltungstermine zu informieren, um entsprechende<br />
Maßnahmen durchzuführen, entweder zur Verhinderung<br />
von Straftaten während dieser Veranstaltungen<br />
oder auch um im Hinblick auf die Anzahl der Teilnehmer<br />
das Kontingent an Einsatzkräften abschätzen zu können. Bei<br />
Großveranstaltungen erfolge ein überregionaler Austausch<br />
mit den anderen Landesämtern und dem Bundesamt, wobei<br />
auch die entsprechenden Erkenntnisse der anderen Ämter<br />
mit in eine Lagedarstellung eingebracht würden, die dann<br />
an die Polizei und an das Innenministerium / Lagezentrum<br />
weiter gesteuert werden würden. 249 Im Prinzip habe es einen<br />
ständigen Austausch mit den Außendienstlern im bayerischen<br />
Landesamt für Verfassungsschutz gegeben, die in regelmäßigen<br />
Abständen auch die Staatsschutz-Dienststellen<br />
der Polizei besucht hätten, um Informationen auszutauschen.<br />
Seit 1996 oder 1997 tausche man sich in regelmäßigen Abständen<br />
mit allen Staatsschutz-Dienststellen in Bayern über<br />
die Potenziale der Rechtsextremisten aus und gebe die entsprechenden<br />
Broschüren heraus, die dann auch den Staatsschutz-Dienststellen<br />
wieder als Nachschlagswerke zur Verfügung<br />
gestellt würden. 250<br />
Es gebe auch Fälle, bei denen man von Seiten des Landesamtes<br />
ohne entsprechendes Ersuchen Erkenntnisse an die<br />
Polizeidienststellen übermittelt habe. Dies sei der Fall gewesen,<br />
wenn man zum Beispiel Erkenntnisse über Waffen<br />
oder Sprengstoffe gewonnen habe. Aber auch dann, wenn<br />
man Erkenntnisse oder Hinweise auf Straftaten gemäß § 138<br />
Strafgesetzbuch gehabt habe. Dazu sei man gesetzlich verpflichtet<br />
und das würde auch entsprechend so gemacht. 251<br />
Nach Angaben des Zeugen KAMMERMEIER sei dagegen<br />
der Staatsschutz der Zuträger des Verfassungsschutzes gewesen<br />
und hätte über seine Erkenntnisse immer akribisch<br />
an das bayerische Landesamt berichtet. Vertreter des Ver-<br />
fassungsschutzes bzw. V-Mann-Führer hätten hingegen lediglich<br />
insgesamt drei bis vier Mal im Jahr mündlich beim<br />
Staatsschutz vorgesprochen. Schriftliche Berichte seien die<br />
Ausnahme gewesen. 252 Vorträge durch das Landesamt für<br />
Verfassungsschutz in der Dienststelle oder der Direktion der<br />
Polizei für den Staatsschutz seien nicht gehalten worden.<br />
Man sei auch nicht auf andere Weise über Erscheinungsformen<br />
des Rechtsextremismus in Bayern oder etwa über<br />
Radikalisierung der Rechten in Bayern seitens des Verfassungsschutzes<br />
informiert worden. Man habe dies dann aus<br />
dem abschließenden Verfassungsschutzbericht ersehen.<br />
Dieser sei Grundlage und Erkenntnisquelle für die Arbeit des<br />
Staatsschutzes gewesen. 253<br />
A.2.1.5.1. Ist das Landesamt für Verfassungsschutz berechtigt,<br />
unter Hinweis auf den Schutz ihrer Quellen Informationen<br />
gegenüber den Polizeibehörden zurückzuhalten<br />
und hat es dies in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand<br />
getan und wenn ja, in welchen Fällen?<br />
Teil 1:<br />
Insoweit wird auf die Antwort zu Frage A.2.1.5. verwiesen.<br />
Teil 2:<br />
Eine allgemein gültige Erkenntnis konnte insoweit nicht gewonnen<br />
werden. Es kommt dabei auf den jeweiligen Einzelfall<br />
an.<br />
Nach der Aussage des Zeugen Dr. REMMELE sei der Quellenschutz<br />
absolut hochrangig für die Verfassungsschutzbehörden.<br />
Wenn man den Quellenschutz nicht gewährleiste,<br />
dann bekomme man eben auch keine Quellen mehr. Die<br />
Zusammenarbeit mit der Polizei wurde so gehandhabt, dass<br />
Informationen so aufbereitet werden, dass die Quellen geschützt<br />
blieben. In jedem Fall sei immer eine Abwägung<br />
vorzunehmen, inwieweit eine Quelle der Polizei offenbart<br />
werde, wobei die Praxis in Bayern absolut großzügig und<br />
offen sei. 254<br />
Es habe Methoden und Wege gegeben, auch dann Informationen<br />
an die Polizei weiterzugeben, wenn eigentlich der<br />
Quellenschutz dagegen gesprochen habe. Eine wirklich<br />
substantielle Information einer Quelle, bei der es um Leib<br />
und Leben von Personen gehe, bleibe nicht im Landesamt<br />
für Verfassungsschutz wegen dem Quellenschutz stecken. 255<br />
Man habe es dann eben so formuliert, dass die Quelle nicht<br />
in Gefahr geriet. Man habe es umschrieben.<br />
Nach Angaben des Zeugen SAGER sei dies aber nicht allzu<br />
oft vorgekommen und es sei auch nur dann gemacht worden,<br />
wenn es wirklich relevant gewesen sei, dass die entsprechenden<br />
Informationen weitergeleitet wurden. 256<br />
246 Forster, 09.10.2012, S. 71.<br />
247 Forster, 09.10.2012, S. 55; Wingerter, 09.10.2012, S. 111.<br />
248 Forster, 09.10.2012, S. 21.<br />
249 Hegler, 23.10.2012, S. 13.<br />
250 Hegler, 23.10.2012, S. 38.<br />
251 Hegler, 23.10.2012, S. 51; Dr. Weber, 19.12.2012), S. 88.<br />
252 Kammermeier, <strong>16</strong>.10.2012, S. 76.<br />
253 Kammermeier, <strong>16</strong>.10.2012, S. 95 f.<br />
254 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 22.<br />
255 Dr. Weber, 19.12.2012, S. 87.<br />
256 Sager, <strong>16</strong>.10.2012, S. 51.