Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 42 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
gendliche Angehörige der Skinhead-Szene bilden jedoch ein<br />
ernstzunehmendes gewaltbereites Gefahrenpotenzial. Gewalttaten<br />
werden nur in Ausnahmefällen zielgerichtet vorausgeplant.<br />
In den allermeisten Fällen führen vorhandene<br />
Aversionen gegen Ausländer bzw. Farbige, aber auch Russlanddeutsche<br />
und „Linke“ über verbale Auseinandersetzungen<br />
zur Anwendung körperlicher Gewalt. Ursächlich für<br />
die zunehmende Gewaltbereitschaft sind verschiedene Umstände,<br />
so z. B. der Verfall von Werten in der Gesellschaft,<br />
jugendliche Kraftmeierei mit gewaltstimulierender „Skinmusik“<br />
und übermäßiger Alkoholgenuss.<br />
Für die Existenz von Wehrsportgruppen in Bayern gibt es<br />
derzeit keine Anhaltspunkte. Desgleichen sind in Bayern<br />
rechtsterroristische Aktivitäten nicht bekannt geworden.“ 33<br />
„Rechtsextremistisch motivierte Gewalt geht weit überwiegend<br />
von Personen aus, die nicht in politischen Gruppen<br />
oder Parteien organisiert sind. Die polizeilichen Ermittlungen<br />
erbrachten bisher keine Erkenntnisse über eine überregionale<br />
Steuerung der Gewalttaten durch rechtsextremistische<br />
Organisationen. Im Zusammenhang mit rechtsextremistisch<br />
motivierten Gewalttaten führt der Generalbundesanwalt<br />
seit 1992 mehrere Ermittlungsverfahren wegen des<br />
Verdachts der Existenz rechtsterroristischer Vereinigungen.<br />
Dabei konnten rechtsterroristische Strukturen in Art einer<br />
„Braunen Armee Fraktion“ in Deutschland bisher nicht<br />
festgestellt werden. Konkrete Erkenntnisse über Planungen<br />
von Terroranschlägen liegen nicht vor. Eine Strategiedebatte<br />
zur gewaltsamen Systemüberwindung findet im rechtsextremistischen<br />
Lager derzeit nicht statt. Durch rechtzeitige<br />
Exekutivmaßnahmen konnten neonazistische Gruppen, die<br />
Waffen und Sprengstoff zur Durchführung von Gewalttaten<br />
vorrätig hielten, im Ansatz zerschlagen werden. Dies zeigt<br />
auch die Durchsuchung bei Rechtsextremisten am 24. Juni<br />
unter anderen im Raum Ingolstadt und am 14. Dezember in<br />
Köln beim anfangs anonymen Betreiber der rechtsextremistischen<br />
Internethomepage „Der arische Ansturm“, der durch<br />
das Bundesamt für Verfassungsschutz identifiziert werden<br />
konnte. Bei den Durchsuchungen konnten Waffen, Munition<br />
bzw. Anleitungen und Mittel zur Herstellung von Sprengstoff<br />
sichergestellt werden. Gewaltaktionen von „Einzelkämpfern“<br />
können jedoch nicht ausgeschlossen werden.“ 34<br />
1999:<br />
„Führende Vertreter des organisierten Rechtsextremismus<br />
lehnen – zum Teil aus taktischen Gründen – die Anwendung<br />
von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele nach wie<br />
vor ab. Zunehmend wird aber ein Widerstandsrecht gegenüber<br />
dem „System“ und ein Recht zur völkischen Notwehr<br />
gefordert. Ein gewaltbereites Potenzial ist bei Einzeltätern<br />
und meist jugendlichen Angehörigen der Skinhead-Szene<br />
vorhanden. Auch 1999 wurden Gewalttaten nur in Ausnahmefällen<br />
zielgerichtet geplant. Die in Bayern bekannt gewordenen<br />
Gewalttaten mit rechtsextremistischer Motivation<br />
wurden überwiegend von Skinheads gegen deren Feindbilder<br />
(Ausländer, Aussiedler, „Linke“) spontan verübt, wobei in<br />
vielen Fällen Alkoholgenuss eine Rolle spielte.<br />
Für die Existenz von Wehrsportgruppen in Bayern gibt es<br />
ebenso wie für rechtsterroristische Strukturen derzeit keine<br />
Anhaltspunkte.“ 35<br />
„Das typische Ablaufmuster für rechtsextremistisch motivierte<br />
Gewalt ist gleich geblieben. Gewalt geht überwiegend<br />
von Personen aus, die nicht in politischen Gruppen oder<br />
Parteien organisiert sind. Eine überregionale Steuerung<br />
durch rechtsextremistische Organisationen konnte in keinem<br />
Fall festgestellt werden. Rechtsterroristische Strukturen in<br />
Art einer „Braunen Armee Fraktion“ sind in Deutschland<br />
nicht bekannt geworden. Konkrete Erkenntnisse über Planungen<br />
von Terroranschlägen liegen nicht vor. Auch eine<br />
Strategiedebatte über eine gewaltsame Beseitigung des politischen<br />
und gesellschaftlichen Systems in Deutschland findet<br />
im rechtsextremistischen Lager derzeit nicht statt. Durch intensive<br />
Beobachtung und rechtzeitige Exekutivmaßnahmen<br />
konnten rechtsextremistische Gruppen, die Waffen oder<br />
Sprengstoff zur Durchführung von Gewalttaten vorrätig<br />
hielten oder beschafften oder durch Ausspähung derartige<br />
Taten gezielt vorbereiteten bereits in der Entstehungsphase<br />
zerschlagen werden. So durchsuchte die Polizei am 20. und<br />
26. Oktober wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen<br />
Vereinigung in den Ländern Berlin, Brandenburg,<br />
Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zehn Wohnungen von<br />
Angehörigen der neonazistischen Szene. Ihnen wird in unterschiedlicher<br />
Tatbeteiligung vorgeworfen, zur Vorbereitung<br />
von Straftaten politische Gegner und Bedienstete von Strafverfolgungsbehörden<br />
gezielt ausgespäht und die Daten aufbereitet<br />
zu haben. Bei den Durchsuchungen wurde umfangreiches<br />
Beweismaterial sichergestellt, darunter auch eine<br />
Anleitung zum Bau von Splitterbomben. Bei einer weiteren<br />
Exekutivmaßnahme gegen vier Neonazis am 30. November<br />
im Raum Göttingen wegen des Verdachts der Bildung einer<br />
terroristischen Vereinigung konnte die Polizei Chemikalien,<br />
Anleitungen und Vorrichtungen zum Bau von Sprengvorrichtungen<br />
sicherstellen. In beiden Fällen sind bisher keine Verbindungen<br />
zu Bayern bekannt.“ 36<br />
2000:<br />
„Die organisierte neonazistische Szene in Bayern entfaltete<br />
wiederum nur relativ geringe Aktivitäten. Die Zahl der von<br />
Neonazis und rechtsextremistischen Skinheads gegen Ausländer,<br />
Farbige, „Linke“ und andere Feindbilder verübten<br />
Gewalttaten ist insgesamt gestiegen; die dabei demonstrierte<br />
Brutalität und Menschenverachtung sind nach wie<br />
vor erschreckend. Die Anzahl sonstiger Straftaten, insbesondere<br />
der Propagandadelikte hat deutlich zugenommen.<br />
Vereinzelt sind auch in Bayern Ansätze einer Diskussion<br />
erkennbar, bei der nicht der Wille einer Gesellschaftsänderung<br />
mit Waffengewalt, sondern der Gedanke an Gegenwehr<br />
im Vordergrund steht. Die Waffenfunde, mehrere Fälle der<br />
Schusswaffenverwendung in Bayern und die Ansätze einer<br />
Gewaltdiskussion zeigen die Notwendigkeit der weiteren in‐<br />
33 Verfassungsschutzbericht 1998, S. 23 f.<br />
34 Verfassungsschutzbericht 1998, S. 56 f.<br />
35 Verfassungsschutzbericht 1999, S. 27.<br />
36 Verfassungsschutzbericht 1999, S. 64 f.