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Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag

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Seite 106 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />

Ermittlungen trotzdem nicht ausschließlich auf diese hätten<br />

verlagert werden dürfen: Man habe bereits lange genug in<br />

diese Richtung ermittelt. Man habe aber auch in Betracht<br />

ziehen müssen, dass es sich um einen Einzeltäter handelt,<br />

um einen Serientäter, der aus welchen Gründen auch immer,<br />

losziehe und irgendwelche Opfer kaltblütig ermorde. 570<br />

B.4.10.2. Trifft es zu, dass sich verdeckte Ermittler der<br />

Polizei und/oder V-Leute das Landesamts für Verfassungsschutz<br />

zur Überprüfung der Hypothese, es könne<br />

sich um Taten der organisierten Kriminalität handeln,<br />

als Journalisten oder unter einer anderen Legende getarnt<br />

an die Angehörigen der Opfer gewandt haben<br />

und dass eine Vertrauensperson der SoKo „Bosporus“<br />

zu Ermittlungszwecken monatelang in Nürnberg einen<br />

Döner-Imbiss betrieben hat und falls ja, wer hat diese<br />

Ermittlungsmaßnahmen beschlossen, war die Staatsanwaltschaft<br />

hierbei eingebunden und welche Erkenntnisse<br />

sind hierbei gewonnen worden?<br />

Zutreffend ist, dass Verdeckte Ermittler und V-Personen der<br />

Polizei, nicht aber des Landesamts für Verfassungsschutz<br />

eingesetzt wurden.<br />

Der Zeuge Geier bestritt jedoch, dass verdeckte Ermittler<br />

gegen die Opferfamilien geführt worden seien. 571 In der Zeit<br />

von Juli 2005 bis Oktober 2005 sei von der BAO Bosporus<br />

ein genehmigter VE-Einsatz mit zwei Varianten durchgeführt<br />

worden:<br />

Bei Variante 1 sollten als Privatdetektive getarnte Beamte<br />

in einschlägigen türkischen Kreisen vorgeben, dass sie von<br />

einer türkischen Organisation beauftragt wären, eigene Ermittlungen<br />

zu dieser Mordserie anzustellen. Ziel war, von der<br />

Täterseite eine Reaktion zu erhalten im Sinne: „Lasst einmal<br />

gefälligst die Finger davon, schaut da nicht nach. Wir wollen<br />

unsere Ruhe haben.“ Das zweite Ziel sei gewesen, Hinweise<br />

zu erhalten, die die Polizei auf dem offenen Wege, wenn man<br />

als Polizei auftritt, einfach nicht bekommen würde. Und das<br />

Dritte sei gewesen, zu erfahren, was in einschlägigen türkischen<br />

Kreisen über die Mordserie gesprochen werde. Daraus<br />

hätten sich keine sachdienlichen Hinweise ergeben.<br />

Daraufhin sei die zweite Variante vorgeschlagen worden, der<br />

Einsatz von verdeckten Ermittlern, die als Journalisten getarnt<br />

gewesen seien. Ziel sei es gewesen, Personen mit Hintergrundwissen<br />

und Beziehungen zu einschlägigen Szenen<br />

zu animieren, sich zu melden, um dann evtl. Zugang und<br />

Wissen über diese Gruppe zu erhalten. Dieser Einsatz sei<br />

aber nach kurzer Zeit abgebrochen worden, weil sich keine<br />

Erfolgsmöglichkeiten gezeigt hätten. 572<br />

Der Zeuge Mähler gab an, dass von der BAO versucht<br />

worden sei, Informationen zu den Tötungsdelikten aus<br />

allen möglichen Bereichen zu bekommen. Dazu habe insbesondere<br />

gehört, dass V-Personen, Informanten, die die<br />

bayerische Polizei geführt habe, angestoßen oder bei ihnen<br />

nachgefragt worden sei, um Informationen zu bekommen,<br />

wo sich evtl. irgendwelche Erkenntnisse ergeben könnten,<br />

die weiterhelfen. 574 Anfangs habe sich die Informationsbeschaffung<br />

ausschließlich auf V-Personen und Informanten<br />

beschränkt. Später, etwa ab dem Jahr 2006, seien auch<br />

verdeckte Ermittler eingesetzt worden. Ermittlungsauftrag<br />

dieser verdeckten Ermittler sei gewesen, unter einer Legende<br />

zu versuchen, Informationen zu erhalten, die Erkenntnisse<br />

zu den Tötungsdelikten bringen. 575 Ein Ansatz sei gewesen,<br />

dass verdeckte Ermittlungen in der Form durchgeführt<br />

wurden, dass sich verdeckte Ermittler als Pressevertreter<br />

ausgeben und versuchen, bestimmte Personen anzusprechen<br />

und darauf warten, ob und in welcher Form Reaktionen<br />

kommen. Es seien Personen aus im Umfeld von markanten<br />

Gruppierungen angesprochen worden, denen man solche Tötungsdelikte<br />

hätte unterstellen können, um zu recherchieren,<br />

ob in diesem Zusammenhang irgendwelche Informationen<br />

vorliegen, die sie als Presse hätten erfahren können. Der<br />

zweite Ansatz sei der Betrieb von Dönerständen gewesen,<br />

da man vor allem zu Anfang angenommen habe, dass der<br />

Hintergrund dieser Tötungsdelikte irgendetwas mit dem Betrieb<br />

von Geschäften zu tun hätte, aus denen sich eine Art<br />

Forderung ergeben könnte in der Art, dass eine Summe im<br />

Sinne eines Schutzgeldes bezahlt werden müsse bzw. nur<br />

bestimmte Waren von bestimmten Leuten geliefert werden<br />

dürften. Durch den Betrieb des Dönerstandes habe man entsprechende<br />

Personen anlocken wollen. 576<br />

Laut Aussage des Zeugen Störzer habe man versucht,<br />

Dönerbuden mit V-Leuten zu besetzen, um möglicherweise<br />

hier Täter anzulocken. Er habe in diese Entscheidungsfindung<br />

aber nicht selbst eingreifen können, da er hierfür nicht<br />

die entsprechende Position gehabt habe. 577<br />

Der Zeuge Wilfling gab an, es sei ihm nicht bekannt<br />

gewesen, dass verdeckte Ermittler die Angehörigen aushorchen<br />

sollten. Der Döner-Stand sei betrieben worden.<br />

Man habe sich davon versprochen, so Informationen zu bekommen.<br />

Aber dass Angehörige von V-Leuten ausspioniert<br />

worden seien, schloss der Zeuge definitiv aus. Das sei unter<br />

seiner Führung nicht geschehen und auch nicht angeordnet<br />

worden. 578 Davon, dass verdeckte Ermittler als Journalisten<br />

im Einsatz gewesen wären, hat der Zeuge nur gehört. Selbst<br />

habe er davon nichts gewusst. 579<br />

Durch den Betrieb von Döner-Ständen habe man versucht,<br />

herauszufinden, ob es Schwierigkeiten beim Dönerhandel<br />

gebe, z. B. in Bezug auf Gebietsschutz. 573<br />

570 Akte Nr. 67, Dr. Kimmel, 10.05.2012, S. 3.<br />

571 Geier, 20.02.2013, S. 7.<br />

572 Geier, 20.02.2013, S. 2 (nichtöffentlich).<br />

573 Geier, 20.02.2013, S. 7 (nichtöffentlich).<br />

574 Mähler, 06.03.2013, S. 5.<br />

575 Mähler, 06.03.2013, S. 6.<br />

576 Mähler, 06.03.2013, S. 7.<br />

577 Störzer, 05.02.2013, S. 58.<br />

578 Wilfling, 19.02.2013, S. 23 f.<br />

579 Wilfling, 19.02.2013, S. 25.

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