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Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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148 Besprechungen<br />

Fetischcharakter. Bei Freud meint Fetisch etwas ganz anderes, nämlich<br />

Dinge, die unter dem Eindruck der Kastrationsdrohung der vermeintlich<br />

kastrierten Frau als Penis untergeschoben werden. Bei Kurnitzky,<br />

der sich auf Marx und Freud beruft, bedeutet Fetisch Befriedigungsersatz<br />

überhaupt, was mit der Marxschen Bestimmung nichts<br />

und mit der Freudschen sehr wenig zu tun hat. Ähnlich springt K. mit<br />

dem Begriff Konkurrenz um. Bei Marx meint der Begriff das Aufeinanderwirken<br />

der Verkäufer aufeinander auf dem Markte unter dem<br />

Druck, daß sich ihre Ware bewähren muß als dem zahlungsfähigen<br />

Bedürfnis entsprechend. Bei Freud meint der Begriff dagegen einen<br />

Aspekt des Verhaltens derjenigen zueinander, die ein gemeinsames<br />

Liebesobjekt haben, also z. B. die Konkurrenz zwischen Vater<br />

und Sohn im Werben um die Liebe der Frau bzw. Mutter. K. meint<br />

mit „Konkurrenzdruck" keine von beiden Erklärungen. Sein Prinzip<br />

ist es, reine Behauptungen als Analyse zu tarnen, indem er sie mit<br />

Worten verkleidet, die vielen Lesern durch die theoretischen Zusammenhänge,<br />

in denen sie Heimatrecht haben, als Begriffe hinreichend<br />

legitimiert zu sein scheinen. Die Analphabetisierung, die K. dem Proletariat<br />

zuschreibt, da es seine Bedürfnsse nicht mehr artikulieren<br />

könne (58), ist kennzeichnend <strong>für</strong> seinen Essay. Fixiert an Konkurrenzdruck<br />

und Leistungszwang, vermag er deren Funktionsweise<br />

nicht zu entziffern, kann er die komplizierten Zusammenhänge zwischen<br />

der Organisationsweise der Produktion und dem Innenleben<br />

der Produzenten nicht erfassen.<br />

Die praktischen Vorschläge K.s zur Durchführung der Revolution<br />

sind dementsprechend hilflos-blind. Die „Solidarität unterdrückter<br />

Triebwünsche" würde „zum Aufstand treiben" (72). „Erst der Klassenkampf,<br />

die wirkliche kommunistische Aktion, die in der Objektivation<br />

der unterdrückten Triebwünsche besteht, ermöglicht die Bestimmung<br />

der Klassen und nicht umgekehrt die Existenz der Klassen<br />

den Klassenkampf" (72). Revolutionäre Wissenschaft solle „die spontanen<br />

Aktionen der Massen aufnehmen und vermitteln und ein Organisationsmodell<br />

entwickeln, das den Anforderungen der aktuellen<br />

Probleme und Aktionen adäquat ist" (11).<br />

Immerhin, eine gewisse Konsequenz muß man K. zugestehen. Um<br />

die Abschaffung von Disziplin, Leistungszwang und Arbeit bemüht,<br />

sieht er sich gezwungen, Freud, Marx und Lenin zu revidieren. Triebverzicht<br />

sei nicht Voraussetzung <strong>für</strong> jede Kultur, die ewige Notwendigkeit<br />

der Arbeit sei durch eine „konkrete Technologie" abschaffbar<br />

(65), und wer sich auf die Notwendigkeit der Disziplin <strong>für</strong> eine<br />

revolutionäre Bewegung berufe, dem gerate, wie der Sowjetunion,<br />

„die sozialistische Weltrevolution, die Versöhnung des Menschen mit<br />

sich und der Natur... aus dem Blickfeld" (68). Rolf Nemitz (Berlin)<br />

Friedrich Engels — Denker und Revolutionär. Materialien der internationalen<br />

theoretischen Konferenz zum 150. Geburtstag von<br />

Friedrich Engels, veranstaltet von der Deutschen Kommunistischen<br />

Partei am 28. und 29. November 1970 in Wuppertal. Marxi-

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