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Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Jura 193<br />

form der Meinungsfreiheit. <strong>Das</strong> Demonstrationsrecht wird durch<br />

Gesetze eingeschränkt, aber in der Weise, daß der Bedeutung des<br />

Grundrechts Rechnung getragen wird. Der Grund <strong>für</strong> solche einschränkenden<br />

Normen ist der, daß die Ausübung der Freiheitsrechte<br />

nicht die Gefahr in sich bergen darf, daß andere Gemeinschaftsgüter<br />

verletzt werden, denn die Ausübung der Freiheitsrechte setzt ein<br />

intaktes Gemeinwesen voraus. Auch Neuberger grenzt hier mit Hilfe<br />

der Sozialadäquanz ab. Man merkt, wenn der Begriff von verschiedenen<br />

ausgedeutet wird, wie verschwommen er im Grunde ist. —<br />

Neuberger nennt auch die Spontandemonstration. Er weiß ebenfalls<br />

kein Kriterium <strong>für</strong> das Erlaubt- oder Verbotensein zu nennen. Er<br />

zieht sich auf die Position zurück, daß alles nach der Lage des Einzelfalles<br />

zu entscheiden sei (11). Der Aufsatz schließt mit einem Apell<br />

an alle Richtungen, mehr Verständnis aufzubringen. Mit erhobenem<br />

Zeigefinger will er die Harmonisierung aller Lebensbereiche erzwingen.<br />

Staatsanwalt Jahnknecht sieht in dem von ihm als Thema behandelten<br />

„Sitzstreik" den Gegensatz zu den bisherigen Demonstrationen.<br />

Er versucht die Verwerflichkeit einer Demonstration ebenfalls<br />

mit dem Merkmal der Sozialadäquanz zu bestimmen, wobei er von<br />

allen genannten Autoren am weitesten geht. Wenn mit der Demonstration<br />

wesentliche Ziele verfolgt werden, die <strong>für</strong> große Teile der<br />

Bevölkerung relevant sind, müssen auch Störungen des normalen<br />

Lebensablaufs von der Bevölkerung in Kauf genommen werden. Bei<br />

dieser Abgrenzung hätten viel „Springer-Demonstranten" nicht bestraft<br />

werden dürfen: „Gleichermaßen ist es wohl noch sozialadäquat,<br />

wenn sich etwa Studenten gegen eine jahrelange gezielte Hetz- und<br />

Verleumdungskampagne (§ 130 StGB) eines Pressekonzerns mangels<br />

anderer Möglichkeiten dadurch zur Wehr setzen, daß einige von<br />

ihnen an einem Tag die Auslieferung von Zeitungen dieses Unternehmens<br />

verhindern, indem sie die Tore der Druckerei versperren<br />

oder Auslieferungsfahrzeuge anzünden" (37). <strong>Das</strong> scheint mir das<br />

bemerkenswerteste Ergebnis dieses Aufsatzes.<br />

Die Bearbeiter der rechtsvergleichenden Untersuchung sind sich<br />

durchaus dessen bewußt, daß hier nur ein kleiner Ausschnitt der<br />

Rechtsproblematik gegeben wird. Auch wird in den einzelnen Landesberichten<br />

(diese befassen sich mit Belgien, BRD, Frankreich,<br />

Großbritannien, Italien, Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz,<br />

USA) wenn überhaupt, dann nur kurz auf den Anlaß der Demonstrationen<br />

eingegangen. Hier wird das von mir einleitend Gesagte besonders<br />

deutlich. Die einzelnen Landesberichte werden in einer rechtsvergleichenden<br />

Darstellung von Konrad Buschbeck verarbeitet, der<br />

in der Rechtsvergleichung der genannten Länder zur Beantwortung<br />

folgender Fragen kommt:<br />

1. Welche Abwägungskriterien ergeben sich <strong>für</strong> das Verhältnis Demonstration<br />

und Straßenverkehr?<br />

2. Welche Rechtsgarantien gibt es <strong>für</strong> Demonstrationen unter freiem<br />

Himmel?

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