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Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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50 Rainer Seidel<br />

täten solcher und ähnlicher Community-Programme bestehen — je<br />

nach Ausrichtung auf primäre oder sekundäre Prävention — in Beratungstätigkeit,<br />

Herstellung von Kontakten zur Bevölkerung, Zusammenarbeit<br />

mit den lokalen <strong>Institut</strong>ionen, Sozial<strong>für</strong>sorge u. a. Verschiedentlich<br />

wurde versucht, Hausfrauen 121 oder Studenten 122 zur<br />

Betreuung psychisch Kranker einzusetzen. Der Einbezug von Laien<br />

oder in Kurzkursen trainierten Hilfs-Therapeuten oder dgl. erscheint<br />

auf den ersten Blick vielversprechend: er bietet ökonomische Vorteile,<br />

scheint <strong>für</strong> wenig beschäftigte Personen Arbeit zu bieten und<br />

scheint geeignet zu sein, die Beziehungen von Gemeinde und Psychiatrie<br />

zu intensivieren und Vorurteile abzubauen. <strong>Das</strong> ist unter bestimmten<br />

Voraussetzungen richtig. Audi sind Programme der zusätzlichen<br />

Qualifizierung von Lehrern oder Unterrichtung von Eltern<br />

durchaus nützlich zur Erreichung primärer Prävention 123 . Dennoch<br />

muß man davon ausgehen, daß die Gesundheitsversorgung insgesamt<br />

gesehen auf einer wissenschaftlichen Grundlage beruhen muß und<br />

daß nur fundierte Erkenntnisse den Menschen in die Lage versetzen,<br />

seine Probleme zu meistern. <strong>Das</strong> heißt aber, daß Laientraining und<br />

Einsatz nur sinnvoll ist auf dem Hintergrund einer qualifizierten<br />

Gesamtversorgung, nicht aber als Ersatz <strong>für</strong> eigentlich notwendiges<br />

Fachpersonal. Wenn gegenwärtig in manchen Berufszweigen, z. B. bei<br />

Sozialarbeitern, dem Anschein nach durch qualifiziertes wie durch<br />

nicht qualifiziertes Personal gleichermaßen wenig an erfolgreicher<br />

Arbeit erreicht werden kann, so liegt das an den ungünstigen gegenwärtigen<br />

Arbeitsbedingungen (Überlastung, nicht ausreichende Ausbildung,<br />

ungünstige Bedingungen im Arbeitsfeld) und widerspricht<br />

nicht der generellen Tatsache, daß spezialisierte Tätigkeiten auf solch<br />

komplizierten Gebieten wie psychischen Störungen oder abweichendem<br />

Sozialverhalten einer entsprechenden Qualifikation bedürfen.<br />

Die Gesamtlage der Psychiatrie in den USA wird von den amerikanischen<br />

Fachleuten meist negativ eingeschätzt, wenngleich oft verbunden<br />

mit optimistischen Hoffnungen auf Verbesserungen und bisweilen<br />

mit überschwenglicher Betonung einiger erreichter Verbesserungen.<br />

Zweifellos gibt es eine Vielfalt von Ansätzen, einzelnen Projekten<br />

und neuen Ideen, aber von einer umfassenden Versorgung der<br />

gesamten Bevölkerung und einer effektiv präventiven Ausrichtung<br />

kann nicht entfernt gesprochen werden. Die Diskussion in Abschnitt<br />

6. sollte zeigen, daß zwar lokal oder zeitlich bedingte Modifikationen<br />

im Aufbau einer präventiv orientierten psychiatrischen Versorgung<br />

möglich und sicher auch nötig sind, daß aber gewisse allgemeine<br />

gesellschaftliche Voraussetzungen organisatorischer Art notwendig<br />

sind. Solche Bedingungen sind die Verfügbarkeit umfangreicher<br />

121 s. Rioch 1967.<br />

122 z. B. Beck, Kantor u. Gelineau 1963.<br />

123 Dazu s. den Reader PSYCHOTHERAPEUTIC AGENTS, 1969, der<br />

sowohl über Zusatzqualifizierung als über Hilfstherapeutenausbildung<br />

reichlich Material liefert.

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