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Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Soziologie 163<br />

dieser Richtung gewesen, zumindest hätte man eine Darstellung des<br />

amerikanischen Forschungsstandes erwartet. Auch der globale Hinweis,<br />

daß Psychologie und Soziologie keine „erfahrungswissenschaftlich<br />

auch nur einigermaßen abgesicherte, verbindliche Grundlage <strong>für</strong><br />

die Kriminologie oder gar <strong>für</strong> eine Aussage über die Verbrechensgenese<br />

liefern konnte(n)" (VII), dient Göppinger nur als exkulpierender<br />

Vorwand, sich einer eingehenden Auseinandersetzung zu entziehen.<br />

Über psychoanalytische Kriminalitätstheorien erfährt man<br />

auf etwa zwei Seiten etwas, expliziert an den „tiefenpsychologischen<br />

Schulen nach Horney" (94) und liest dann, daß Freud, Adler und<br />

Jung nebeneinander als „klassische" Schulen gelten, im Gegensatz zu<br />

„modernen Modellen" (95). Rekurriert wird hingegen eingehend auf<br />

herkömmliche Psychiatrie und den Psychopathen (Kallwass' Buch<br />

„Der Psychopath" wird nicht erwähnt), wobei sich Göppinger „streng<br />

an den Psychopathiebegriff Kurt Schneiders hält" (137).<br />

Es sei noch vermerkt, daß Göppinger seine Darstellung das Gegenteil<br />

eines geschlossenen theoretischen Konzeptes nennt. Jedoch ist<br />

diese angeblich offene, methodenlos diffuse Darstellung der Kriminologie<br />

hermetisch, und zwar hermetisch in dem Sinne, als sie bei<br />

der Untersuchung der „Täter in ihren sozialen Bezügen" den Forschungsgegenstand<br />

beliebig einengt, um ihn innerhalb dieser Selektion<br />

unkritisch und inflationär auszuweiten, was mit Offenheit und<br />

Geschlossenheit überhaupt nichts mehr zu tun hat — vorausgesetzt,<br />

man läßt sich überhaupt auf diese affirmativen Kategorien ein.<br />

Heiner Christ (Gießen)<br />

Bitter, Wilhelm (Hrsg.): V e r b r e c h e n — S c h u l d o d e r S c h i c k -<br />

sal? Klett Verlag, Stuttgart 1969 (265 S., Ln., 18,50 DM).<br />

Durch das „Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts" vom 4. Juli<br />

1969 (BGBl. 1/69, Nr. 56), das am 1. Oktober 1973 in Kraft tritt, sollen<br />

in der BRD sozialtherapeutische Anstalten eingerichtet werden, die<br />

neben die Strafanstalten treten und die Aufgabe haben, einerseits<br />

die Gesellschaft vor gemeingefährlichen Tätern zu schützen, andererseits<br />

den Täter wieder in die Gesellschaft zurückzuführen.<br />

Die Referate der Tagung der Stuttgarter Gesellschaft „Arzt und<br />

Seelsorger" im Herbst 1968, die sich mit dieser Neuerung in der<br />

BRD befaßte, sind im vorliegenden Band zusammengefaßt. Die Teilnehmer<br />

aus dem Ausland konnten aus der langjährigen Erfahrung<br />

ihrer Arbeit in solchen Anstalten berichten. Denn dieses Gebiet ist in<br />

der BRD lange Zeit vernachlässigt worden, wie Bitter in seinem<br />

Vorwort feststellt (10). In seiner Einführung werden auch die Motive<br />

deutlich, mit denen sich diese Pioniere aus dem Ausland <strong>für</strong> ihre<br />

Sache einsetzen. „Die Zunahme der Kriminalität und das überwiegend<br />

auf Rache- und Vergeltungsmotiven beruhende Strafwesen sind<br />

ein erschreckendes Symptom unserer entseelten Zeit" (13). „Nun muß<br />

aber nach heutiger Einsicht ein großer, wenn nicht der größte Teil

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