Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Politik und soziale Bewegung 187<br />
Die Krisenerscheinungen der kubanischen Wirtschaft, die erst nach<br />
Erscheinen des Buches bekannt geworden sind, bestätigen den <strong>kritische</strong>n<br />
Ausblick auf die Zukunft des kubanischen Sozialismus, mit<br />
dem sich die Verfasser deutlich von den allzu optimistischen, vielfach<br />
euphorischen Prognosen in früheren marxistischen Kuba-Analysen<br />
absetzen: sie messen die wirtschaftlichen Entwicklungschancen an<br />
den Detail- und Gesamtergebnissen ihrer eigenen Studie und machen<br />
sie theoretisch vom Verlauf der Wechselbeziehung „zwischen wirtschaftlichen<br />
und politischen Phänomenen" abhängig, die sie an konkreten<br />
Beispielen illustrieren (177 ff.). Aber nachdem sie selbst einen<br />
Begriff von den Ausgangsproblemen der Unterentwicklung gegeben<br />
und die seitherigen Fortschritte der kubanischen Revolution qualifiziert<br />
haben, kann es sich dabei nur um eine graduelle, wissenschaftlich<br />
begründete Skepsis handeln, die andere Entwicklungsfristen,<br />
nicht aber andere gesellschaftliche Strukturen <strong>für</strong> erforderlich<br />
hält. Mit antisozialistischen Spekulationen hat sie genausowenig<br />
zu tun wie andere <strong>kritische</strong> Ansätze der Darstellung.<br />
Frank Niess (Heidelberg)<br />
Link, Max: K u b a 1 96 9. Politische und wirtschaftliche Aspekte.<br />
Orell Füssli Verlag, Zürich 1970, Schriftenreihe Lateinamerikanische<br />
Studien, Nr. 3 (30 S., br., 5,50 DM).<br />
Die kurze Monographie von Link ist ein augenfälliges Beispiel da<strong>für</strong>,<br />
wie wenig sich die bürgerliche Wissenschaft einer grundsätzlichen<br />
Kenntnisnahme bestimmter historischer Entwicklungsmuster<br />
sozialistischer Gesellschaften verschließen kann; nicht, weil der pluralistische<br />
Anspruch dieser Wissenschaft tatsächlich zur Objektivierung<br />
drängt, sondern weil die untergründig anerkannte Attraktivität<br />
eines sozio-politischen Systems, wie es Kuba während der letzten<br />
zehn Jahre darstellte 1 , auch nach außer-politischen Defensivmaßnahmen<br />
verlangt.<br />
Während die wissenschaftliche Klassifizierung etablierterer sozialistischer<br />
Gesellschaften mittlerweile unter kompakten anti-sozialistischen<br />
Klischees vonstatten geht, weil man <strong>für</strong> sicher hält, daß sie<br />
in der historischen Konfrontation mit den westlich-demokratischen<br />
Gesellschaften seit langem ihren positiven Modellcharakter eingebüßt<br />
haben, fordert die kubanische Entwicklung demgegenüber ein wissenschaftliches<br />
Interesse heraus, das sich vor allen Dingen nach dem<br />
Kriterium ihrer Originalität bemißt und strukturiert. Link verdeutlicht<br />
diesen Ansatz in der Gesamtdarstellung genauso wie im Detail.<br />
Unter dieser Prämisse ihres konkreten politischen Stellenwerts<br />
werden die Widersprüche in seiner Beschreibimg der kubanischen<br />
1 Diese Feststellung güt unter dem Vorbehalt der gegenwärtigen kubanischen<br />
Entwicklung, die sicherlich kritisch beobachtet werden muß;<br />
vgl. Berichte dazu in: FRANKFURTER RUNDSCHAU, Nr. 118, 24. Mai<br />
19<strong>71</strong>, S. 1; DER SPIEGEL, 25. Jg., Nr. 20, Mai 19<strong>71</strong>, S. 100ff.; ferner die<br />
Stellungnahme von Charles Bettelheim in: LE MONDE, 12. Mai 19<strong>71</strong>.