Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Soziologie<br />
und prophetischen Botschaft nun doch festgehalten. Die Theologie<br />
habe nämlich heute die Aufgabe, noch immer zur Umkehr zu rufen,<br />
dann, wenn Revolutionen die einzigen Alternativen seien, aber auch<br />
wenn eine Revolution sich zu etablieren beginne.<br />
<strong>Das</strong> Buch offenbart im letzten Kapitel das anfangs nur Vermutete:<br />
Wie können Christentum und Kirche, nachdem sie eigentlich historisch<br />
erledigt sind, wiedererwachen? Ekkehard Kurth (Bonn)<br />
Soziologie:<br />
Habermas, Jürgen, u. Niklas Luhmann: T h e o r i e d e r G e s e l l -<br />
schaft o d e r S o z i a l t e c h n o l o g i e — Was leistet die<br />
Systemforschung? <strong>Theorie</strong>-Diskussion. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt/M.<br />
19<strong>71</strong> (405 S., br., 15,— DM).<br />
Vor einigen Jahren war Niklas Luhmann noch so unbekannt, daß<br />
er Material <strong>für</strong> Habermassche Ideologiekritik liefern und Diskussionsangebote<br />
an die Frankfurter Schule abgeben konnte, ohne daß<br />
deren prominentester Wissenschaftstheoretiker — damals beschäftigt<br />
mit dem sogenannten Positivismusstreit — dies zur Kenntnis<br />
nehmen mußte (266). Inzwischen haben sich die Verhältnisse geändert.<br />
Habermas hat mit der Lektüre aufgeholt, eine neue Diskussion<br />
ist entstanden, und schon ist darüber auch ein Buch erschienen.<br />
Darin streiten der Vertreter einer demokratisch inspirierten <strong>Theorie</strong><br />
bürgerlicher Gesellschaft und der Theoretiker eines autoritativ sich<br />
befestigenden bürgerlichen Systems über die philosophische Grundlegung<br />
sozialwissenschaftlicher <strong>Theorie</strong>.<br />
Die Autoren legen ihren Entwurf von Sozialtheorie, bevor sie sich<br />
als Diskutanten miteinander befassen, zunächst in verschiedenen<br />
Positionspapieren dar. Luhmann stellt seinen Vortrag auf dem<br />
Frankfurter Soziologentag über „Moderne Systemtheorie als Form<br />
gesamtgesellschaftlicher Analyse" und eine umfangreiche Arbeit über<br />
„Sinn als Grundbegriff der Soziologie" voran, Habermas beginnt mit<br />
„Vorbereitenden Bemerkungen zu einer <strong>Theorie</strong> der kommunikativen<br />
Kompetenz". Gemeinsam ist beiden Autoren die Absicht,<br />
Grundlagen einer <strong>Theorie</strong> der Gesellschaft zu bezeichnen, welche die<br />
Ansätze und Gegenstände positivistischer Soziologie hinter sich läßt.<br />
Luhmanns Konzeption gesellschaftlicher Systeme hat eine funktionalistische<br />
System-Umwelt-<strong>Theorie</strong> zu ihrem Ausgangspunkt. Im<br />
Unterschied zu kausalwissenschaftlich ansetzenden und elementaristisch<br />
begründeten <strong>Theorie</strong>n sozialer Aktionssysteme begreift Luhmanns<br />
vielfältig ausgearbeitete Systemtheorie Systembildung im<br />
allgemeinen als Funktion der Umweltbewältigung und Vergesellschaftung<br />
im besonderen als Funktion der Bewältigung „unermeßlicher<br />
Weltkomplexität" (11). Die unermeßliche Vielfalt möglicher<br />
Ereignisse oder Zustände der Welt nötigen zu einer Begrenzung der<br />
Geschehensmöglichkeiten durch Ausklammerung von Geschehens-<br />
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