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Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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196 Besprechungen<br />

macht haben (59 ff.) und daß sie bis 1961 gestiegen sind (64). Die<br />

kalkulatorische Rekonstruktion der Interessenbasis der amerikanischen<br />

Rüstungspolitik, in deren Verlauf Perlo sowohl offizielle Daten<br />

wie problematische Schätzwerte verwendet, grenzt dann schrittweise<br />

(nach den Kriterien Größe, Branche, Region und spezifische Steuerbilanz)<br />

die „militaristischen" Kapitalblöcke weiter ein. Als Resultat<br />

erscheint die Hypothese, daß die rüstungs- und kapitalexportintensiven,<br />

hochkonzentrierten, in den Küstenstaaten zentrierten Konzerne<br />

mit mehr als 37 °/o Rüstungsanteil am Profit besonders militaristisch<br />

sind. Der abschließende Versuch, diese Hypothese durch<br />

offizielle Äußerungen des Managements dieser Kapitalgruppen zu<br />

bestätigen (Kriterien sind geäußerte Abrüstungsfeindlichkeit und<br />

Stellungnahme zum Komplex Entwicklungshilfe/Zahlungsbilanz),<br />

müßte auch dann naiv anmuten, wenn er im Sinne der Voraussage<br />

besonders überzeugend gelänge, was nicht der Fall ist. Nicht nur<br />

fehlt nämlich jede differenzierte Erwägung darüber, wie denn die<br />

„militaristischen" Konzerne ihre Optionen in die Politik der jeweiligen<br />

Administration tatsächlich einfüttern; sondern es bleibt auch<br />

die Frage ungeklärt, ob die großen Kapitalblöcke überhaupt in der<br />

Lage sind, mit profitrationaler Eindeutigkeit zu militaristischen,<br />

rüstungsexpansiven oder eher zivilen und abrüstungsfreundlichen<br />

Policy-Optionen zu gelangen. <strong>Das</strong> nämlich zieht Perlos Studie, wider<br />

ihre eigene Intention, deutlich in Zweifel. Einige Bemerkungen (130,<br />

141) weisen darauf hin, daß die großen industriellen wie finanzkapitalistischen<br />

Blöcke hinreichend miteinander verflochten und „diversifiziert"<br />

sind, um als Einzelkapitale von militaristischen wie nichtmilitaristischen<br />

Investitionsstrategien gleichermaßen profitieren zu<br />

können. Einer Mehrzahl von ihnen, so könnte man daraus schließen,<br />

ist die Frage des Militarismus relativ gleichgültig, zumal sich die<br />

wichtigen ausländischen Investitionsgelegenheiten, vorab also die<br />

westeuropäischen, auch mittels der Organisationsform multinationaler<br />

Gesellschaften sichern lassen. Nur <strong>für</strong> die Extremfälle z. B. der<br />

Raketenfabrik einerseits und des gestandenen Pazifisten Mr. Watson<br />

(IBM) andererseits ergäben sich dann klare Prioritäten; und der<br />

interessentheoretische Reduktionismus, den Perlo mit Scheinpräzision<br />

und ohne schlagenden empirischen Beweis vorführt, wäre ein<br />

von vornherein untauglicher Ansatz zur Erklärung der Rüstungsökonomie.<br />

Aus solchen Erklärungsschwierigkeiten einer ökonomischen Interessentheorie<br />

des Militarismus zieht Melman die extreme Konsequenz,<br />

das Staatsmanagement der Bundesregierung, insbesondere des Pentagon,<br />

als ein irreduzibles Machtzentrum zu betrachten. In ihm wird<br />

nicht direkt oder indirekt Kapital akkumuliert, sondern „Entscheidungsgewalt"<br />

vergrößert (10, 22, 176/177). Die Vorstellung eines<br />

„military-industrial complex", derzufolge ein Kartell individueller<br />

Firmen auf die ständige Ausweitung des Rüstungssektors hinarbeite,<br />

sei heute zu revidieren zugunsten seiner <strong>Theorie</strong> des Pentagon als<br />

„supermanagement" (37), weil der gesamte Rüstungssektor nicht<br />

mehr durch Marktprozesse, sondern durch lückenlose administrative

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