Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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190 Besprechungen<br />
Jahnknecht/Neuberger: Z u m D e m o n s t r a t i o n s r e c h t . R. v.<br />
Decker's Verlag, G. Schenk, Hamburg, Berlin 1969 (28 S., br.,<br />
6,— DM).<br />
Mosler, Hermann (Hrsg.): D e m o n s t r a t i o n u n d S t r a ß e n -<br />
verkehr. Landesberichte und Rechtsvergleichung. Beiträge zum<br />
ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht des Max-Planck-<br />
<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Carl<br />
Heymanns Verlag KG, Köln, Berlin 1970 (210 S., 30,— DM).<br />
Gerade bei der Diskussion des Demonstrationsrechts von juristischer<br />
Seite wurde deutlich, wie sich Recht im kapitalistischen Staat<br />
verdinglicht hat. Wie in allen Wissenschaftsgebieten, so hat sich auch<br />
auf die Rechtswissenschaft der rein aufs Kalkül gestellte und inhaltsfremde<br />
Charakter der kapitalistischen Produktionsweise übertragen.<br />
Redit und Rechtswissenschaft schalten aus ihrer Betrachtung alles<br />
das aus, was zur Entstehung der Rechtsnormen führte. Rechtsinhalt<br />
ist rational unableitbar. Logisch folgt, daß auch beim Arbeiten mit<br />
abstrakten Normen der Lebensbereich, auf den sie angewandt werden,<br />
nicht mit in Betracht gezogen werden darf. Interessant ist nur<br />
der <strong>für</strong> die Rechtsfindung wichtige Sachverhalt. Diesen Sachverhalt<br />
zu hinterfragen fällt nicht mehr in den Aufgabenbereich des Juristen<br />
und würde auch einmal errichtete Arbeitsteilung zerstören.<br />
Auf dem Gebiet des Demonstrationsrechts führt das zur Eliminierung<br />
des „Wo<strong>für</strong>" der Demonstration. Es wird nur die Demonstration<br />
als Menschenauflauf, bestenfalls als grundrechtlich geschützte Meinungskundgabe<br />
gesehen. Dieses Verständnis liegt allen Beiträgen in<br />
den vorliegenden Bänden zugrunde.<br />
Im erstgenannten Band legt Kurt Gintzel ein Referat vor mit dem<br />
Thema „Demonstrationsfreiheit und polizeilicher Ordnungsauftrag".<br />
Gintzel geht das Thema an von der Betrachtung der Wahlveranstaltungen,<br />
die bei der Herausgabe des Bandes im Blickpunkt standen.<br />
Dort hat die Polizei das Recht einzugreifen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten,<br />
wobei sie aber die verfassungsmäßigen Freiheiten zu<br />
berücksichtigen habe. Hier die Abgrenzung zu finden, ist das Anliegen<br />
aller Autoren in den beiden ersten Bänden. Gintzel nennt drei<br />
Hauptprobleme, die bei der Erfüllung des polizeilichen Ordnungsauftrages<br />
zu lösen sind:<br />
„1. den Schutz der drei Teilrechte bei Versammlungen (Veranstaltung,<br />
Leitung und Teilnahme, D. H.),<br />
2. die Probleme, die sich bei der Ausübung des Ermessens ergeben,<br />
und<br />
3. die sich dabei ergebenden Abwägungsprobleme" (12). — Die meisten<br />
Schwierigkeiten ergeben sich bei den Ermessensentscheidungen.<br />
Wenn bei Gintzel postuliert wird, daß das Ermessen keine subjektive<br />
Einzelentscheidung eines Beamten ist, kann die Entscheidung, ob<br />
eine Spontanversammlung verboten werden muß oder nicht, nicht<br />
mehr schwerfallen, denn regelmäßig ist eine Spontanversammlung<br />
nach dem „Grundsatz in dubio pro libertate" (17) erlaubt. Von diesem<br />
Grundsatz ausgehend, stellt Gintzel fest, daß der Verwaltung kein<br />
Raum bleibt <strong>für</strong> eine Wahl zwischen mehreren Rechtsfolgen. „Die