Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Politik und soziale Bewegung 183<br />
Sweezy, Paul M., u. Leo Huberman: S o z i a l i s m u s in K u b a .<br />
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1970 (197 S., br., 4,— DM).<br />
Es handelt sich bei dieser Monographie um einen der ersten bedeutsamen<br />
Versuche, der nicht wie bisher auf die Darstellung und<br />
Interpretation sachlich isolierter oder zeitlich eingegrenzter Problemkomplexe,<br />
sondern auf eine empirische Übersicht zur gesamten Revolutionsperiode<br />
und zur gesamten sozio-ökonomischen Transformation<br />
ausgeht. Die Autoren beschreiben dieses Vorhaben einleitend:<br />
es geht ihnen um die Darstellung der theoretisch intendierten und<br />
praktisch bereits annähernd vollzogenen Prozesse, in denen „Bewußtsein<br />
und Wille an die Stelle der naturwüchsigen sozio-ökonomischen<br />
Kräfte des kapitalistisch-imperialistischen Systems" treten<br />
und der Markt aufhört, Motor der wirtschaftlichen und sozialen<br />
Entwicklung zu sein (9).<br />
Unabhängig von ihren immanenten sachlichen Strukturbedürfnissen<br />
setzt die wissenschaftliche Einlösung eines solchen Anspruchs<br />
auch ein bestimmtes methodisches Kalkül voraus, wenn nicht die<br />
Gesamtanalyse einer denunziatorischen Kritik zum Opfer fallen soll.<br />
Dieses Problem haben die Autoren erkannt und praktisch in Rechnung<br />
gestellt. Sie ziehen umfangreiches — und im übrigen auch „unverdächtiges",<br />
da zu einem guten Teil aus offiziellen westlichen Quellen<br />
destilliertes — Material zur Illustration ihrer grundlegenden<br />
Thesen heran, setzen die dargestellten Revolutionsergebnisse in ein<br />
anschauliches Verhältnis zu den Strukturmerkmalen der vorrevolutionären<br />
kubanischen Gesellschaft und zum derzeitigen Entwicklungsstand<br />
anderer lateinamerikanischer Länder, um schließlich<br />
letzte Verständnislücken mit glaubwürdigen und einleuchtenden<br />
Selbstdarstellungen der Revolution aufzufüllen. Ein solches Verfahren<br />
hat nicht nur den Vorzug, daß es die antisozialistische Kritik<br />
erheblichen argumentativen Zwängen aussetzt; es ermöglicht zudem<br />
im konkreten Problemhorizont den Durchbruch zu einer kombinierten<br />
<strong>Theorie</strong> des Imperialismus und der Unterentwicklung.<br />
Über diesen Globalzusammenhang, über die fundamentalen Ursachen<br />
des Massenelends im Einflußbereich des amerikanischen Imperialismus,<br />
klären die Verfasser am Beispiel der „Allianz <strong>für</strong> den<br />
Fortschritt" und ihres folgerichtigen Scheiterns auf (12—15), um die<br />
historische Logik der sozialen Revolution einsichtig zu machen. Obwohl<br />
dieser Teil der Monographie — vermutlich im Interesse einer<br />
Rationalität der eigentlichen Themenbewältigung — zu kurz geraten<br />
ist, als daß die vielfältigen, komplexen Wirkungslinien zwischen brutaler<br />
wirtschaftlicher und politischer Unterdrückung auf der einen<br />
und technisch-industriellem Rückstand auf der anderen Seite vollständig<br />
ins Blickfeld kommen könnten, vermittelt er doch immerhin<br />
die Grundkategorien, die <strong>für</strong> das Verständnis der kubanischen Transformationsprobleme<br />
unabdinglich sind.<br />
Es ist kein Zufall, daß die Verfasser den Bildungs- und Erziehungssektor<br />
an die erste Stelle der Problemskala rücken, auf die sich ihre<br />
Analyse systematisch bezieht; denn solange die Mobilisierung