Das Argument 71 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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150 Besprechungen<br />
Die Autorin bestreitet so die Logik marxistischer Religionskritik,<br />
was bei ihrer Identifizierung dieser mit dem „wissenschaftlichen Atheismus",<br />
auf den sie es hauptsächlich abgesehen hat, auch nicht schwerfällt.<br />
Leider ist ihre Darstellung der „marxistisch-leninistischen" Kritik<br />
an der Religion noch schematischer und dürftiger als in populären<br />
DDR-Lehrbüchern. So werden auch als grundlegend <strong>für</strong> den dialektischen<br />
Materialismus vier Prinzipien genannt: 1. Entwicklung der<br />
Materie ohne Anfang und Ende, 2. Entstehung des Lebens, 3. Entstehung<br />
des Bewußtseins und damit zusammenhängend die Selbstschöpfung<br />
des Menschen, 4. Nicht-Vorhandensein einer unsterblichen<br />
Seele (47). Diese atheistischen Prinzipien seien allerdings von den<br />
Einzelwissenschaften nicht zu beweisen. So enthält auch die Darstellung<br />
der DDR-Kritik an der katholischen „Schönstattbewegung" nichts<br />
als apologetische Zurückweisungen, daß die Kirche von den antiimperialistischen<br />
Anschuldigungen nicht getroffen werde. (Bei dieser<br />
Bewegung handelt es sich ursprünglich um einen katholischen Missionsverein,<br />
der vor dem ersten Weltkrieg von Jesuiten gegründet<br />
wurde und sich zum Ziele setzte: die „marianische Welterneuerung in<br />
Christus".) H. Schlosser reduziert in ihrem Buch das Anliegen marxistischer<br />
Religionskritik auf Propaganda des Atheismus, wobei sie deren<br />
Praxis in der DDR nicht kritisiert, sondern nur dagegen polemisiert.<br />
„Methodisch gesehen, handelt es sich von Seiten der Vertreter<br />
des Marxismus-Leninismus daher nicht um Erklärung des faktisch<br />
Gegebenen, sondern um Deutung unter dem Aspekt eines weltanschaulichen<br />
Apriori, nämlich der Nichtexistenz eines personalen<br />
Gottes" (170). Ekkehard Kurth (Bonn)<br />
><br />
Rendtorff, Trutz, und Karl Gerhard Steck: P r o t e s t a n t i s m u s<br />
und R e v o l u t i o n . Theologische Existenz heute. Nr. 161. Chr.<br />
Kaiser Verlag, München 1969 (62 S., geheftet, 5,80 DM).<br />
Zwei Essays sind in diesem Heft abgedruckt. Der erste, vom Koautoren<br />
des Bandes: Theologie der Revolution (edition suhrkamp),<br />
Trutz Rendtorff, trägt den gleichen Titel wie das Heft.<br />
Fundamentales Problem <strong>für</strong> Rendtorff ist die Frage nach Korrespondenz<br />
zwischen Reformation und revolutionärer oder „politischer"<br />
Theologie heute. Die Reformation leitet danach eine neue Epoche des<br />
Christentums ein, in welcher ein <strong>kritische</strong>s Verhältnis zur christlichen<br />
Geschichte legitim geworden sei. Der Tatsache, daß „die Suche nach<br />
normativen Konstanten der Theologie, die dem Streit entzogen sind<br />
und, wenn schon nicht jedem Wandel, so doch dem gegenwärtigen<br />
Wandel vorgeordnet sind" (9), steht gegenüber, daß „aber andererseits<br />
sich niemand der Tatsache entziehen kann, daß das Problematische<br />
der Theologie, das, was ihre Denkprozesse provoziert, ganz<br />
vorzüglich aus dem Leben, aus der Welt, durch die Wirklichkeitserfahrung<br />
bestimmt ist" (10). Da aber lange die individuelle Bekehrung<br />
im Christentum eine Rolle spielte, müsse die „ganze Dimension<br />
der Sozialität des Menschen" als „Appendix der Theologie erschei-