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Anonyme Geburt und Babyklappen in Deutschland Fallzahlen - DJI

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Abschlussbericht „<strong>Anonyme</strong> <strong>Geburt</strong> <strong>und</strong> <strong>Babyklappen</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>“<br />

Frauen, die eigentlich vor lauter Problemen <strong>und</strong> Verzweiflung ke<strong>in</strong>e Lösung mehr für<br />

sich f<strong>in</strong>den konnten.“ (A9, 65)<br />

Deutlich wurde, dass es sich nicht um e<strong>in</strong>en isolierten Gr<strong>und</strong> handelte, der<br />

für die Frauen ausschlaggebend war, ihre Schwangerschaft zu verheimlichen<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> Angebot zur anonymen K<strong>in</strong>desabgabe zu nutzen. Eher könnte von<br />

e<strong>in</strong>em Konglomerat der Umstände gesprochen werden, die <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit<br />

<strong>und</strong> Stärke die Entscheidung der Frauen bed<strong>in</strong>gten.<br />

„Es ist, ja, es ist e<strong>in</strong> altes deutsches Wort, wird aber glaube ich noch verstanden, es ist<br />

die Drangsal, d.h. es gibt Bed<strong>in</strong>gungen im unmittelbaren Umfeld dieser Frau oder auch<br />

<strong>in</strong> der eigentlichen Persönlichkeit begründet, die e<strong>in</strong>fach dazu führt, ich kann das jetzt<br />

nicht offen machen, das geht nicht. Das geht nicht, weil me<strong>in</strong>e Eltern das nicht verstehen<br />

würden. Es geht nicht, weil me<strong>in</strong> Mann das nicht verstehen würde. Es geht nicht, weil<br />

unsere Situation das jetzt gar nicht hergibt. Auch letztlich nicht ganz ohne materielle<br />

Komponente, die muss man mit sehen, das ist ganz klar. Aber die ist nie im Fokus <strong>und</strong><br />

die wird auch nie so primär als Gr<strong>und</strong> genannt, spielt aber sicher irgendwo immer bei<br />

Belastungen von Beziehungen sowieso immer mit e<strong>in</strong>e Rolle, also wenn materiell irgendwo<br />

es schwierig ist, stimmt dann auch oft <strong>in</strong> der Paarbeziehung nicht mehr so h<strong>und</strong>ertprozentig.<br />

Das s<strong>in</strong>d immer belastend, materielle D<strong>in</strong>ge. […] Diese Drangsal, diese Not,<br />

dieses Empf<strong>in</strong>den von Not, dieses Nicht-Wissen, wie kann ich mir mit den Problemen<br />

helfen <strong>und</strong> ich kann das ke<strong>in</strong>em sagen. Also dieses Empf<strong>in</strong>den, das persönliche Empf<strong>in</strong>den<br />

der betroffenen Frau, ich kann das ke<strong>in</strong>em sagen, das geht nicht, weil wenn ich das<br />

jetzt oute, dann passiert was, also das ist der geme<strong>in</strong>same Nenner, die Drangsal, ich<br />

würde es als solchen Begriff wählen, ich halte den für absolut den richtigen Begriff. Man<br />

kann es nicht outen, weil sonst kann ich so nicht weiter leben wie ich jetzt lebe, sonst<br />

kann ich nicht mehr mit dem <strong>und</strong> jenem Menschen vernünftig zurechtkommen. […]<br />

Dieses spielt alles e<strong>in</strong>e Rolle <strong>und</strong> bewegt die Menschen zu sagen, ne<strong>in</strong>, ich kann ich ke<strong>in</strong>em<br />

drüber reden“. (J10, 148)<br />

Wie die Aussagen der Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen von Trägern <strong>und</strong> Jugendämter verdeutlichen,<br />

waren e<strong>in</strong>e Reihe von Problemlagen bezüglich der Nutzer<strong>in</strong>nen<br />

von Angeboten der anonymen K<strong>in</strong>desabgabe ausf<strong>in</strong>dig zu machen. Angst vor<br />

Verlust des Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, wirtschaftliche Probleme, Beziehungskrisen,<br />

Partnerschaftsprobleme, Angst vor Überforderung durch e<strong>in</strong><br />

(weiteres) K<strong>in</strong>d, Sorgen bezüglich familiärer oder gesellschaftlicher Sanktionen<br />

spielten ebenso e<strong>in</strong>e Rolle wie Schwierigkeiten, die sich aufgr<strong>und</strong> kultureller<br />

oder religiöser H<strong>in</strong>tergründe der Frauen ergaben. Bei Frauen, die bereits e<strong>in</strong><br />

oder mehrere K<strong>in</strong>der hatten, spielte die Sorge um die <strong>in</strong> der Familie lebenden<br />

K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>e große Rolle. Die Frauen befürchteten, dass bei e<strong>in</strong>er regulären<br />

Adoptionsfreigabe des erwarteten Babys ihre Erziehungsfähigkeit generell <strong>in</strong><br />

Frage gestellt würde <strong>und</strong> die K<strong>in</strong>der nicht weiter bei ihnen leben dürften. E<strong>in</strong>e<br />

weitere Gruppe, die das Angebot aus Sicht der Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Jugendämter<br />

<strong>und</strong> Träger verstärkt nutzte, waren Frauen, die bereits e<strong>in</strong> oder mehrere<br />

K<strong>in</strong>d/er regulär zur Adoption freigegeben hatten. Die dritte Gruppe von Frauen,<br />

die das Angebot häufiger nutzte, waren Frauen, die durch außereheliche<br />

sexuelle Kontakte schwanger wurden. In dem Falle wäre der Ehemann automatisch<br />

als Vater juristisch anerkannt worden. In dieser Position hätte er e<strong>in</strong>er<br />

Adoption zustimmen müssen. Bei e<strong>in</strong>er Inanspruchnahme e<strong>in</strong>es Angebotes zur<br />

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