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Anonyme Geburt und Babyklappen in Deutschland Fallzahlen - DJI

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Abschlussbericht „<strong>Anonyme</strong> <strong>Geburt</strong> <strong>und</strong> <strong>Babyklappen</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>“<br />

S. 62). 33 E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d mit sicherem B<strong>in</strong>dungsmuster (B) hat aufgr<strong>und</strong> positiver<br />

<strong>und</strong> konstanter Erfahrungen Vertrauen <strong>in</strong> die primäre Bezugsperson. Im<br />

Falle e<strong>in</strong>er Trennung zeigt das K<strong>in</strong>d B<strong>in</strong>dungsverhalten (we<strong>in</strong>en, nachlaufen),<br />

lässt sich jedoch schnell trösten. Bei der Rückkehr der Bezugsperson<br />

zeigt das K<strong>in</strong>d Freude, sucht Trost <strong>und</strong> Sicherheit. Es kehrt nach kurzer<br />

Zeit zu se<strong>in</strong>em Spiel- <strong>und</strong> Explorationsverhalten zurück. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das e<strong>in</strong><br />

unsicher-vermeidendes B<strong>in</strong>dungsmuster aufweist (A), hat die Erfahrung<br />

gemacht, dass die Bezugsperson <strong>in</strong>adäquat <strong>und</strong> wenig fe<strong>in</strong>fühlig auf se<strong>in</strong>e<br />

Bedürfnisse reagiert. Bei Abwesenheit der Bezugsperson zeigt das K<strong>in</strong>d<br />

ke<strong>in</strong>e offensichtlichen Zeichen von Vermissen oder Beunruhigung. Bei der<br />

Rückkehr wird diese ablehnend behandelt bzw. ignoriert. Bei unsicherambivalenten<br />

B<strong>in</strong>dungsmuster (C) hat das K<strong>in</strong>d wiederholt <strong>in</strong>konsistentes<br />

Verhalten der Bezugsperson erfahren. Die Trennung von der Bezugsperson<br />

löst heftigste Proteste aus. Bei deren Rückkehr lässt sich das K<strong>in</strong>d kaum<br />

beruhigen <strong>und</strong> zeigt ambivalente Verhaltensweisen wie e<strong>in</strong>erseits das Suchen<br />

von Nähe <strong>und</strong> andererseits aggressive Abwehrreaktionen. Bei e<strong>in</strong>er<br />

später durchgeführten Studie wurde e<strong>in</strong>e weitere Gruppe def<strong>in</strong>iert, die ke<strong>in</strong>s<br />

von A<strong>in</strong>sworth beschriebenen B<strong>in</strong>dungsmuster aufwiesen (Ma<strong>in</strong>/Solomon<br />

1986). Im Rahmen e<strong>in</strong>es desorganisierten/desorientierten B<strong>in</strong>dungsmusters<br />

(D) ist die Bezugsperson gleichzeitig Quelle von Angst <strong>und</strong> Sicherheit. Dem<br />

entsprechend s<strong>in</strong>d die Verhaltensweisen des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong>stabil <strong>und</strong> emotional<br />

widersprüchlich. K<strong>in</strong>der, die diesem Typus zugeordnet werden können, s<strong>in</strong>d<br />

häufig Opfer von Vernachlässigung, Misshandlungen oder Missbrauch.<br />

Können K<strong>in</strong>der aufgr<strong>und</strong> ihrer Umwelterfahrungen ke<strong>in</strong> organsiertes<br />

B<strong>in</strong>dungsverhalten aufbauen besteht für sie die Gefahr e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dungsstörung<br />

zu entwickeln. Im Rahmen e<strong>in</strong>er reaktiven (gehemmten) B<strong>in</strong>dungsstörung<br />

(ICD 10 F 94.1) 34 , die <strong>in</strong>nerhalb der ersten fünf Lebensjahre auftritt,<br />

kommt es zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schränkung der sozialen Funktionen sowie zu emotionalen<br />

Auffälligkeiten. Bei der B<strong>in</strong>dungsstörung des K<strong>in</strong>desalters mit Enthemmung<br />

(ICD 10 F 94.2), die ebenfalls <strong>in</strong> den ersten fünf Lebensjahren<br />

entsteht, sich jedoch häufig aus der reaktiven B<strong>in</strong>dungsstörung entwickelt,<br />

stehen die gestörten sozialen Fähigkeiten im Vordergr<strong>und</strong>. Emotionale<br />

Problematiken können diese begleiten. Gel<strong>in</strong>gt es K<strong>in</strong>dern e<strong>in</strong> organisiertes<br />

B<strong>in</strong>dungsverhalten aufzubauen, kann dies als Schutzfaktor für e<strong>in</strong>e gelungene<br />

Entwicklung gesehen werden. Abhängig vom Grad der B<strong>in</strong>dungssicherheit<br />

(sicher, unsicher/vermeidend, unsicher/ambivalent) s<strong>in</strong>d diese<br />

K<strong>in</strong>der wenig irritierbar, beziehungsfähig <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> hohem Maße ihrer<br />

Selbst, ihren Wünschen <strong>und</strong> Bedürfnissen bewusst; kognitive, emotionale<br />

<strong>und</strong> soziale Fähigkeiten entwickeln sich positiv.<br />

Wie im Rahmen der vorgestellten B<strong>in</strong>dungstheorie deutlich wurde, ist die<br />

B<strong>in</strong>dungsentwicklung e<strong>in</strong> fließender Prozess, der <strong>in</strong>nerhalb der ersten Le-<br />

33 Vorausgegangen war dieser Laborsituation die Verhaltensbeobachtung unter Alltagsbed<strong>in</strong>gun-<br />

54<br />

gen (u.a. durch A<strong>in</strong>sworth <strong>in</strong> Uganda, 1967), wobei hier das sichere bzw. unsichere B<strong>in</strong>dungs-<br />

verhalten von K<strong>in</strong>dern beschrieben wurde.<br />

34 Hierbei handelt es sich um das „International Statistical Classification of Diseases and Related<br />

Health Problems“. Dies ist e<strong>in</strong> wissenschaftlich weltweit anerkanntes Diagnoseklassifikations-<br />

<strong>und</strong> Verschlüsselungssystem, das psychische Störungen erfasst.

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