Anonyme Geburt und Babyklappen in Deutschland Fallzahlen - DJI
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Abschlussbericht „<strong>Anonyme</strong> <strong>Geburt</strong> <strong>und</strong> <strong>Babyklappen</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>“<br />
5.4.7 Zwischenfazit<br />
Die Träger <strong>und</strong> Jugendämter unterscheiden sich deutlich h<strong>in</strong>sichtlich ihrer<br />
Bewertung juristischer Aspekte. Die Verletzung der Unterhaltspflicht durch<br />
die leiblichen Eltern oder die unklare Rechtslage h<strong>in</strong>sichtlich der Zulässigkeit<br />
der Angebote wurden aus Sicht der Träger als wenig problematisch<br />
e<strong>in</strong>geschätzt. Demgegenüber beurteilten die Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Jugendämter<br />
diese Fragen eher kritisch. Sie machten auch auf die Gefahr der missbräuchlichen<br />
Nutzung der Angebote aufmerksam, z. B. dass Frauen von<br />
dritten Personen gezwungen wurden, anonym zu entb<strong>in</strong>den oder ihr K<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Babyklappe zu legen bzw. dass das K<strong>in</strong>d durch dritte Personen <strong>in</strong><br />
die Babyklappe gelegt wurde. Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Jugendämter s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
ihrem (Verwaltungs-)Handeln an die geltenden rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen geb<strong>und</strong>en,<br />
so dass sie die Berücksichtigung <strong>und</strong> E<strong>in</strong>haltung rechtlicher Aspekte<br />
<strong>in</strong> ihr professionelles Selbstverständnis <strong>in</strong>tegrieren (müssen). Qua Funktion<br />
s<strong>in</strong>d sie dazu angehalten, die Nicht-E<strong>in</strong>haltung rechtlicher Anforderungen<br />
als problematisch zu bewerten, zumal sie dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e persönliche<br />
Konfliktsituation geraten.<br />
Sie problematisierten außerdem Aspekte der Namensgebung, der Staatsangehörigkeit<br />
<strong>und</strong> der Vorm<strong>und</strong>schaft. In der Praxis lösten die Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />
die auftretenden Probleme unterschiedlich, z. B. <strong>in</strong>dem bei der<br />
Freigabe zur Adoption die E<strong>in</strong>willigung zur Adoption ersetzt bzw. deren<br />
Entbehrlichkeit festgestellt wurde. Dennoch merkten die Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />
der Jugendämter an, dass sie unsicher seien, was geschehen würde, wenn die<br />
leibliche Mutter sich meldet <strong>und</strong> ob dies nicht den gesamten Adoptionsprozess<br />
<strong>in</strong> Frage stellt. Hier zeigt sich die konstruktiv-lösungsorientierte Haltung<br />
der Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen von Jugendämtern <strong>und</strong> Trägern bei gleichzeitigem<br />
Agieren <strong>in</strong> rechtlichen Grauzonen.<br />
Übernimmt der Träger selbst die Vorm<strong>und</strong>schaft für das K<strong>in</strong>d, sahen die<br />
Jugendämter deutliche Probleme. E<strong>in</strong> Konflikt könnte sich <strong>in</strong> Fällen ergeben,<br />
<strong>in</strong> denen dem Träger Personendaten der Eltern bekannt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> er<br />
gleichzeitig als Vorm<strong>und</strong> die Interessen des K<strong>in</strong>des vertritt. In diesen Situationen<br />
müsste entschieden werden, welche Interessen stärker wiegen. Somit<br />
ergibt sich e<strong>in</strong> Widerspruch zu den Aufgaben e<strong>in</strong>es Vorm<strong>und</strong>es, der die<br />
Interessen des K<strong>in</strong>des wahrzunehmen hat.<br />
Diese Interessenskonflikte wurden auch sichtbar, wenn es um die Adoptionsvermittlung<br />
des K<strong>in</strong>des g<strong>in</strong>g. Zwar besteht die Empfehlung der B<strong>und</strong>esarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
der Landesjugendämter, dass der Träger e<strong>in</strong>es Angebotes<br />
der anonymen K<strong>in</strong>desabgabe nicht gleichzeitig die Vermittlung<br />
übernehmen solle. Dabei handelt es sich jedoch nicht um e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dliche<br />
Regelung. Die Bereitstellung e<strong>in</strong>es Angebotes der anonymen K<strong>in</strong>desabgabe<br />
<strong>und</strong> die anschließende Vermittlung des K<strong>in</strong>des durch e<strong>in</strong>en Träger deuten<br />
auf die Problematik von Interessenkonflikten h<strong>in</strong>.<br />
Der Zeitraum, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> Vorm<strong>und</strong> für das K<strong>in</strong>d gestellt wurde, variierte<br />
stark <strong>und</strong> h<strong>in</strong>g mit der Meldung des K<strong>in</strong>des beim zuständigen Jugendamt<br />
zusammen. Wurde die Meldung des K<strong>in</strong>des nicht unmittelbar nach der Ablage<br />
oder der <strong>Geburt</strong> vorgenommen, verzögerte sich auch die Bestellung<br />
des Vorm<strong>und</strong>es. Die Jugendamtsmitarbeiter/<strong>in</strong>nen wiesen darauf h<strong>in</strong>, dass<br />
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