Anonyme Geburt und Babyklappen in Deutschland Fallzahlen - DJI
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Abschlussbericht „<strong>Anonyme</strong> <strong>Geburt</strong> <strong>und</strong> <strong>Babyklappen</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>“<br />
6.11 Zwischenfazit<br />
Feststellung der Schwangerschaft<br />
Zwei der sechs Frauen gaben an, dass sie ihre Schwangerschaft <strong>in</strong>nerhalb<br />
der ersten drei Monate festgestellt hatten. Dies deckt sich mit den Erfahrungen<br />
der Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Träger <strong>und</strong> Jugendämter, die bestätigen,<br />
dass ihre Klient<strong>in</strong>nen die eigene Gravidität vielfach erst Ende des zweiten<br />
oder am Anfang des letzten Schwangerschaftsdrittels erkannten. Die späte<br />
Feststellung der Schwangerschaften h<strong>in</strong>g, nach Aussagen der befragten<br />
Frauen sowie der Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Jugendämter <strong>und</strong> Träger damit zusammen,<br />
dass die körperlichen Veränderungen unauffällig waren oder Anzeichen,<br />
die für e<strong>in</strong>e Schwangerschaft sprachen, von den Frauen ignoriert<br />
oder fehl<strong>in</strong>terpretiert wurden. Alle sechs Interviewpartner<strong>in</strong>nen berichteten<br />
zudem von Verdrängungsmechanismen, die <strong>in</strong> mehr oder weniger hohem<br />
Maße aktiv waren <strong>und</strong> die sowohl Folge als auch Gr<strong>und</strong> der ger<strong>in</strong>gen physischen<br />
Veränderung gewesen se<strong>in</strong> konnten.<br />
Reaktion auf die Schwangerschaft<br />
Die Interviewpartner<strong>in</strong>nen beschrieben, dass sie mit Panik <strong>und</strong> Schock reagierten,<br />
als sie ihre Schwangerschaft realisierten. Aus Angst <strong>und</strong> Scham hatten<br />
alle befragten Frauen ihren Zustand vor den Partnern/Erzeugern, ihren<br />
Familien <strong>und</strong> dem sozialen Umfeld verheimlicht. Von e<strong>in</strong>igen Interviewpartner<strong>in</strong>nen<br />
wurde Angst aufgr<strong>und</strong> der vermuteten ablehnenden Haltung<br />
der Partner <strong>und</strong> der (eigenen) Eltern bezüglich e<strong>in</strong>er möglichen Schwangerschaft<br />
oder K<strong>in</strong>dern beschrieben. Die geschilderte Angst vor negativen Reaktionen<br />
der Eltern spiegelt e<strong>in</strong> hohes Maß an emotionaler Abhängigkeit<br />
gegenüber der eigenen Herkunftsfamilie wider. Für die Frauen lösten auch<br />
gesellschaftliche Erwartungen sowie kulturelle <strong>und</strong> religiöse Werte, die<br />
durch e<strong>in</strong>e Schwangerschaft verletzt wurden, Angst aus. Es kann festgehalten<br />
werden, dass <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Anlass als isoliertes Motiv für<br />
die Verheimlichung der Schwangerschaft ausgemacht werden konnte. Es<br />
handelte sich <strong>in</strong> allen Fällen um e<strong>in</strong>e komplexe Motivlage, die den befragten<br />
Frauen e<strong>in</strong>en offenen Umgang mit der Situation unmöglich ersche<strong>in</strong>en ließ.<br />
Die Reaktion der Frauen auf die Erkenntnis der bestehenden Schwangerschaft<br />
bzw. die nachfolgende Geheimhaltung war auch den Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />
der Jugendämter <strong>und</strong> Träger aus ihrer Arbeit mit Klient<strong>in</strong>nen<br />
bekannt. Angst <strong>und</strong> Sprachlosigkeit wurden von ihnen als das zentrale geme<strong>in</strong>same<br />
Moment aller Frauen <strong>in</strong> dieser Lage beschrieben. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
konnten sie ke<strong>in</strong>e übergreifenden Geme<strong>in</strong>samkeiten, wie z. B. e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Alters- oder Schichtzugehörigkeit, e<strong>in</strong>en Bildungs- bzw. Familienstand<br />
oder e<strong>in</strong>en bestimmten wirtschaftlichen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> den betroffenen<br />
Frauen zuordnen. Diese fehlenden sozialstrukturellen Merkmalsübere<strong>in</strong>stimmungen<br />
spiegelten auch die Biografien der befragten Frauen wider.<br />
Die Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Träger <strong>und</strong> Jugendämter beschrieben, dass<br />
nach wie vor e<strong>in</strong> Großteil ihrer Klient<strong>in</strong>nen, die ihnen im Rahmen von Beratungsgesprächen<br />
bekannt wurden, die Hauptverantwortung für die Verhütung<br />
trug. Im Falle e<strong>in</strong>er ungewollten Schwangerschaft suchten die Frauen<br />
die Schuld bei sich <strong>und</strong> trugen die Verantwortung im weiteren Verlauf alle<strong>in</strong>e.<br />
Ergänzend dazu äußerten die Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen, dass die Paarbeziehung<br />
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