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Anonyme Geburt und Babyklappen in Deutschland Fallzahlen - DJI

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Abschlussbericht „<strong>Anonyme</strong> <strong>Geburt</strong> <strong>und</strong> <strong>Babyklappen</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>“<br />

5.2.6 Zwischenfazit<br />

Bei den Nutzer<strong>in</strong>nengruppen f<strong>in</strong>den sich biografische, wirtschaftliche, alters-<br />

<strong>und</strong> bildungsabhängige Unterschiede. Geme<strong>in</strong>sam war den Frauen<br />

nach Aussage der Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Träger <strong>und</strong> Jugendämter, dass sie<br />

mit Angst <strong>und</strong> Sprachlosigkeit auf die Feststellung ihrer Schwangerschaft<br />

reagierten. Sie konnten sich Personen aus dem Umfeld nicht anvertrauen<br />

oder mit ihnen über ihre Schwangerschaft sprechen. Daher war es ihnen<br />

nicht möglich, <strong>in</strong> ihrem sozialen Umfeld Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung <strong>in</strong> Anspruch<br />

zu nehmen.<br />

Bezüglich der Gründe, die zur Nutzung e<strong>in</strong>es Angebotes der anonymen<br />

K<strong>in</strong>desabgabe führten, zeigte sich e<strong>in</strong>e Vielzahl von Motiven <strong>und</strong> Umständen,<br />

die es den Frauen subjektiv nicht möglich machten, sich zu offenbaren<br />

83 . Häufiger nannten die Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Träger <strong>und</strong> Jugendämter<br />

die Angst vor der Stigmatisierung bei e<strong>in</strong>er (erneuten) Adoptionsfreigabe.<br />

Zudem waren Frauen, die durch außerehelichen Kontakt schwanger wurden,<br />

stärker unter den Nutzer<strong>in</strong>nen der Angebote zur anonymen K<strong>in</strong>desabgabe<br />

zu f<strong>in</strong>den, da sie <strong>in</strong> diesem Fall nicht die E<strong>in</strong>willigung des Ehemannes<br />

(der nicht der Vater des K<strong>in</strong>des war) zur Adoptionsfreigabe benötigten.<br />

Obgleich diese zwei Gründe häufiger genannt wurden, müssen auch sie<br />

<strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit anderen Ursachen gesehen werden, da <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall<br />

nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Motiv für die anonyme K<strong>in</strong>desabgabe ausschlaggebend ist.<br />

Der Wunsch nach Anonymität war gegenüber verschiedenen Akteuren wie<br />

der Herkunftsfamilie, dem sozialen Umfeld, Behörden oder dem Arbeitgeber,<br />

durchweg hoch ausgeprägt. Die <strong>in</strong>stitutionellen Regelungen, die mit<br />

e<strong>in</strong>er Schwangerschaft e<strong>in</strong>hergehen <strong>und</strong> dem Schutz von Mutter <strong>und</strong> K<strong>in</strong>d<br />

dienen (z.B. Mutterschutzregelungen am Arbeitsplatz) s<strong>in</strong>d im Fall der Motivlagen<br />

für e<strong>in</strong>e anonyme K<strong>in</strong>desabgabe h<strong>in</strong>derlich. Die Mütter entscheiden<br />

sich für den sche<strong>in</strong>bar weniger komplizierten Weg, um Nachfragen <strong>und</strong><br />

Konflikten im Zusammenhang mit Arbeitsausfällen <strong>und</strong> Sorgerechtsregelungen<br />

auszuweichen. E<strong>in</strong>e Ausnahme bildete hierbei das K<strong>in</strong>d selbst. Ihm<br />

gegenüber war der Wunsch nach Abgrenzung/Geheimhaltung der betroffenen<br />

Frauen nach Aussage der Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der Träger nicht gleich<br />

stark ausgeprägt. Die Haltung e<strong>in</strong>iger Mütter ist also ambivalent: e<strong>in</strong>erseits<br />

sollen <strong>in</strong>stitutionelle Regelungen die eigene Entscheidung nicht beh<strong>in</strong>dern,<br />

andererseits sche<strong>in</strong>t dem K<strong>in</strong>d gegenüber e<strong>in</strong>e höhere Wahrnehmung der<br />

eigenen Verantwortung oder Verpflichtung zu bestehen.<br />

Die Studie von Kuhn kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass ke<strong>in</strong>e homogene<br />

Gruppe von Frauen identifiziert werden konnte, die die Angebote der<br />

anonymen K<strong>in</strong>desabgabe nutzten. Die Autor<strong>in</strong> fragte nach den anvisierten<br />

Zielgruppen. Dabei handelte es sich nach Kuhn vor allem um Angaben, die<br />

allgeme<strong>in</strong>e Klassifizierungen betreffen (vgl. Kuhn 2005, S. 301). Dazu gehörten<br />

„Frauen <strong>in</strong> Not“ (24 %), „Schwangere bzw. Frauen <strong>in</strong> extremer<br />

Konfliktsituation“ (11 %) <strong>und</strong> Frauen, die andernfalls das K<strong>in</strong>d aussetzen<br />

oder töten würden (7 %) (vgl. ebd., S. 301). Des Weiteren wurden folgende<br />

83 Näheres zu den Nutzer<strong>in</strong>nen f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> den qualitativen Interviews, die mit ihnen geführt<br />

wurden. Diese Ergebnisse f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Kapitel 6.<br />

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