193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Markus Kurth<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20771<br />
(A) Oppositionsfraktion so etwas ernsthaft als Politikversuch (Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wir sind (C)<br />
einbringt. Ich habe schon bei der ersten Lesung gesagt,<br />
doch dabei!)<br />
dass ich es für politisch verfehlt halte, an dieser Stelle<br />
die Regelsatzdebatte nicht weiter voranzutreiben und Diesem Satz hätten Sie doch zustimmen können.<br />
nicht auf den Kern der ganzen Sache zu gehen.<br />
(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Kann man ja<br />
auch!)<br />
(Petra Sitte [DIE LINKE]: Macht ihr doch einen<br />
Vorschlag! Das ist unverschämt! – Zuruf<br />
der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])<br />
– Wir machen einen Vorschlag. Wir haben im Verfahren<br />
Vorschläge und natürlich Anträge zur Erhöhung der Regelsätze<br />
eingebracht. Wir haben eine Anhörung dazu gehabt.<br />
Der Dame, die dort dazwischenruft, möchte ich sagen:<br />
Sie sind nicht im Ausschuss für Arbeit und<br />
Soziales. Wenn Sie sich einmal mit der Antragslage beschäftigen,<br />
dann wissen Sie, dass wir Anträge gestellt<br />
haben.<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Herr Kollege Kurth, die Dame möchte Ihnen eine<br />
Zwischenfrage stellen. Es ist die Frau Kollegin Dr. Höll.<br />
Erlauben Sie eine Zwischenfrage?<br />
Häufig denke ich, ich bin im falschen Film. Wenn Sie,<br />
Frau Hiller-Ohm, eben sagten, der Regelsatz für Kinder<br />
sei nicht von dem für Erwachsene abzuleiten und man<br />
müsse andere Überlegungen anstellen, und Frau<br />
Fischbach Sie sogar darin bestätigte, dass das alles so<br />
nicht gehe,<br />
(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das wird doch<br />
im Moment geprüft!)<br />
dann frage ich Sie, warum Sie eben bei der namentlichen<br />
Abstimmung dem Bundesratsantrag nicht zugestimmt<br />
haben. In diesem Entschließungsantrag, der mit dem<br />
Text wortgleich ist, den sämtliche Bundesländer beschlossen<br />
haben, heißt es:<br />
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die<br />
Regelleistung für Kinder nach dem SGB II sowie<br />
die Regelsätze nach dem SGB XII unverzüglich<br />
neu zu bemessen und als Grundlage dafür eine spezielle<br />
Erfassung des Kinderbedarfes vorzusehen.<br />
– Sie haben aus den Reihen der Koalition 394 Neinstimmen<br />
zusammengebracht; das ist doch eine Tatsache.<br />
Dies werden wir vor und nach Weihnachten in den<br />
Wahlkreisen auch publik machen. Selbst die Fraktion<br />
Die Linke hat sich an dieser Stelle ganz offensichtlich<br />
nur enthalten, obwohl das Land Berlin dem zugestimmt<br />
hatte. Ich glaube wirklich, dass ich hier im falschen Film<br />
bin.<br />
In den Ländern laufen Ihre Kollegen – dies gilt auch<br />
für die CSU in Bayern – fleißig durch die Gegend und<br />
sagen, die Regelleistungen für Kinder seien zu niedrig.<br />
Am 24. November erklärte Frau Haderthauer, die neue<br />
bayerische Sozialministerin:<br />
Es kann nicht sein, dass gerade Familien, die auf<br />
eine Erhöhung ihrer Leistungen in ganz besonderem<br />
Maße angewiesen sind, leer ausgehen.<br />
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Nein, wir haben dies alles eben in der familienpolitischen<br />
Debatte weitgehend erörtert. An dieser Stelle hat<br />
die Linke ohnehin eine hohe Redundanz.<br />
Frau Fischbach, Herr Laumann fordert in Nordrhein-<br />
Westfalen landauf, landab andere Regelsätze speziell für<br />
Kinder. Er sagte im Landtag, es könne gar nicht sein,<br />
dass ein 14-Jähriger nur 60 Prozent dessen esse, was ein<br />
(B)<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg.<br />
Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU])<br />
Entscheidend ist die Frage, welche politischen Priori-<br />
Erwachsener isst. – Sie nicken hier und pflichten mir bei.<br />
Aber politisches Handeln ist bei Ihnen überhaupt nicht<br />
zu entdecken. Diese Heuchelei – so muss man es nennen –<br />
gilt es aufzudecken; es lohnt sich, hierüber eine politische<br />
Debatte zu führen. Es reicht nicht aus, nur Killefitz<br />
(D)<br />
täten man setzt. Die Erhöhung des Regelsatzes ist unsere zu machen, wie Sie von der Linken es tun.<br />
Priorität; an dieser Stelle sind wir uns sogar mit relativ<br />
großen Schnittmengen einig. Aber das, was von Ihnen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
kommt, ist wirklich nur Populismus kurz vor Weihnachten.<br />
Ich möchte mich daher gar nicht mehr weiter mit Ihrem<br />
Antrag auseinandersetzen, sondern auf die wichtigere<br />
politische Frage zu sprechen kommen, wie der<br />
Stand der Debatte um die Erhöhung der Regelsätze eigentlich<br />
ist.<br />
Es bedarf an dieser Stelle auch keiner weiteren Prüfung.<br />
Jetzt ist Handeln angesagt. Es liegt eine hinreichende<br />
Zahl von Studien vor: ernährungswissenschaftliche<br />
Studien, Studien zum Bildungsbedarf, zu den<br />
Mobilitätskosten usw. Angesichts dessen halte ich es<br />
wirklich für eigentümlich, welche Pirouetten insbesondere<br />
die SPD dreht. Zum Schluss kann ich Ihnen einen<br />
Beschluss vom Juni 2008 nicht vorenthalten, dessen<br />
Wortlaut man sich auf der Zunge zergehen lassen muss.<br />
Die SPD schreibt hier:<br />
Die Ableitung der Regelleistung für Kinder als reiner<br />
Anteil des Erwachsenenregelsatzes ist … problematisch,<br />
da durch diese Vorgehensweise der kinderspezifische<br />
Bedarf zu wenig abgedeckt sein<br />
kann.<br />
So weit, so gut. Aber jetzt kommt es:<br />
Wir unterstützen daher die Bemühungen des Bundesministeriums<br />
für Arbeit und Soziales, die Ermittlung<br />
eines eigenständigen Kinderregelsatzes zu<br />
prüfen.<br />
Sie unterstützen Bemühungen, zu prüfen!<br />
(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Sehr dynamisch ist das!)