193. Sitzung - Deutscher Bundestag
193. Sitzung - Deutscher Bundestag
193. Sitzung - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
20874 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />
(A)<br />
Dr. Axel Troost<br />
schäfte nur zu 12 Prozent zur Bedeckung herangezogen durch die Vorgabe restriktiver Beleihungswerte einen (C)<br />
werden dürfen, ist eine derartige Obergrenze für die bei- Sicherheitspuffer schafft und dadurch Vertrauenswürdigden<br />
anderen Pfandbriefgattungen nicht vorgesehen. Dies keit und Stabilität des Anlagesegments garantiert.<br />
kritisieren wir.<br />
Schließlich sollen mit diesem Gesetz auch die Regeln<br />
zur Beaufsichtigung von Finanzholdings geändert werden.<br />
Dabei ist offensichtlich, dass hier einem Wunsch der<br />
entsprechenden Holdinggesellschaften, allen voran der<br />
Hypo Real Estate, Rechnung getragen wird. Wir halten<br />
die künftig auf Antrag mögliche Zusammenziehung der<br />
notwendigen Maßnahmen zur Risikosteuerung auf der<br />
Ebene der Holding an sich für unproblematisch. Im<br />
Lichte des Prüfungschaos, das bei der HRE auch zu dem<br />
Fiasko im September beigetragen hat, wäre es aber das<br />
Mindeste gewesen, jedes Entgegenkommen in aufsichtsrechtlichen<br />
Fragen an die Bedingung zu knüpfen, dass<br />
sich eine Finanzholding vollumfänglich, also auch mit ihren<br />
ausländischen Töchtern, der BaFin zur Prüfung aller<br />
Risiken unterwirft. Es bleibt im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens<br />
auch hier abzuwarten, ob die Koalition gewillt<br />
ist, Lehren aus der Krise zu ziehen, oder ob sie sich weiterhin<br />
nur als Erfüllungsgehilfe der Finanzmagnaten versteht.<br />
Wenn nun in der Gesetzesbegründung der aktuellen<br />
Novelle nachzulesen ist, die Änderungen des Pfandbriefrechts<br />
seien zuvorderst notwendig, um im Wettbewerb mit<br />
anderen Ländern um die günstigsten Rahmenbedingungen<br />
bestehen zu können, dann ist höchste Vorsicht geboten.<br />
Selbstverständlich ist bei einem Rechtsgebiet, dessen<br />
Wurzeln aus dem 18. Jahrhundert herrühren, manche Regelung<br />
überholt und als unnötig bürokratisch ersatzlos zu<br />
streichen, wie es etwa beim Treuhändermitverschluss der<br />
Fall ist. Solche verwaltungstechnischen Erleichterungen<br />
steigern die Effizienz des Verbriefungsmechanismus und<br />
machen den deutschen Pfandbrief wettbewerbsfähiger.<br />
Andere Länder gewinnen allerdings insbesondere deshalb<br />
an Emissionsvolumen, weil die Vorgaben über Beleihungswerte<br />
lockerer sind oder die Palette an Pfandbriefgattungen<br />
breiter ist. Ein solches Race to the Bottom darf<br />
aber bei der Novellierung des Pfandbriefgesetzes keinesfalls<br />
im Vordergrund stehen. Wir werden im parlamentarischen<br />
Verfahren sehr genau darauf achten, dass<br />
vorgenommene Änderungen nicht trotz gegenteiliger Beteuerungen<br />
im Regierungsentwurf zu einer Aufweichung<br />
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Der Gesetzesentwurf zur Novellierung des Pfandbrief-<br />
der Qualität des deutschen Pfandbriefes und letztlich zu<br />
einer Minderung des Anlegerschutzes führen.<br />
(B)<br />
rechts sowie der angefügte Passus zum neuen Erlaubnistatbestand<br />
der Anlageverwaltung transportieren zwei<br />
wichtige Botschaften. Erstens. Die Kreditverbriefung<br />
kann im Rahmen ordentlicher Gesetze ein sinnvolles<br />
Finanzinstrument sein. Zweitens. Die Bundesregierung<br />
hat endlich einen ersten zaghaften Schritt unternommen,<br />
um der Missstände am grauen Kapitalmarkt Herr zu werden.<br />
Einen Punkt möchte ich vor dem Hintergrund aktueller<br />
Entwicklungen der Finanzmarktkrise schließlich besonders<br />
betonen: Gerade in Zeiten, in denen sich Banken gegenseitig<br />
nicht mehr vertrauen, der Interbankenmarkt<br />
also tot ist und Refinanzierungsmöglichkeiten gering<br />
sind, steigt die Bedeutung der hinreichend gedeckten<br />
Pfandbriefe. Pfandbriefe konnten sich daher lange Zeit<br />
als Krisengewinner behaupten, bis es schließlich im Sep-<br />
(D)<br />
Diese Botschaften decken sich mit den grünen Forderungen<br />
nach stabilen Finanzmärkten und einer Stärkung<br />
des Anlegerschutzes. Daher begrüßen wir die generelle<br />
Stoßrichtung des Gesetzes. Gleichwohl haben wir bei den<br />
vorgeschlagenen Regelungen inhaltliche Bedenken wie<br />
auch Kritik an der konzeptionellen Vorgehensweise.<br />
Lassen Sie mich zunächst auf den pfandbriefrechtlichen<br />
Teil zu sprechen kommen. Die Verbriefung von Krediten<br />
ist durch die Finanzmarktkrise stark in die Kritik<br />
geraten. Denn es ist unbestritten, dass etwa die hypothekenbesicherten<br />
Anleihen, die in den USA begeben wurden,<br />
mit ursächlich für eine globale Finanzmarktkrise<br />
sind, die mittlerweile zu einer ernsthaften Bedrohung für<br />
das Weltwirtschaftssystem herangereift ist.<br />
Das Problem liegt allerdings nicht beim Verbriefungsmechanismus<br />
als solchem. Verbriefungen sind und bleiben<br />
ein sinnvoller Weg, um Risiken auf mehrere Schultern<br />
zu verteilen und über die Refinanzierungsmöglichkeit der<br />
Banken Spielräume für neue Kreditvergabe zu eröffnen.<br />
Dieser Vorgang ist auch ganz im Sinne eines konservativen<br />
Kapitalmarktverständnisses, demgemäß solche Konstruktionen<br />
letztlich der Realwirtschaft zu dienen haben.<br />
Notwendig sind allerdings Regeln, die für eine hohe Quatember<br />
zu Turbulenzen bei der Hypo Real Estate kam. Es<br />
lässt sich gut argumentieren, dass selbst eine Insolvenz<br />
des besagten Institutes die ausgegebenen Pfandbriefe<br />
nicht hätte wertlos werden lassen. In der Theorie hätte die<br />
getrennte Deckungsmasse ein Garant dafür sein müssen,<br />
dass eine Insolvenz des begebenden Instituts weder Zinszahlung<br />
noch Rückzahlung des investierten Geldes der<br />
Anlegerinnen und Anleger beeinträchtigen kann. Allerdings<br />
ist diese Handlungsfähigkeit trotz Insolvenz nur gesichert,<br />
sofern vorübergehend ausreichend Liquidität<br />
vorhanden ist.<br />
Diese Frage, was bei kurzfristigen Engpässen, also<br />
Fällen, in denen mehr Pfandbriefe als Kredite des Sicherheitenpools<br />
fällig werden, für Folgewirkungen entstehen<br />
und wie dem begegnet werden kann, rückt den im Gesetzentwurf<br />
behandelten Aspekt des Liquiditätsrisikos ins<br />
Rampenlicht. Aus diesem Grund ist es für uns Grüne im<br />
weiteren Beratungsverlauf wesentlich, ob das Liquiditätsrisiko<br />
insbesondere eindimensional ausgerichteter<br />
Geschäftsmodelle wie jener der Immobilien- und Staatsfinanzierer<br />
in der Novelle angemessen geregelt wird. Wir<br />
stehen der gegenwärtigen Regelung einer Liquiditätsreserve<br />
von lediglich 90 Tagen skeptisch gegenüber.<br />
lität und Transparenz der Verbriefungsprodukte sorgen. Lassen Sie mich ferner auf den zweiten Punkt zu spre-<br />
Diese Regeln fehlten in den USA. Wir haben sie aber in chen kommen, der die Einführung eines neuen Erlaub-<br />
Deutschland mit dem Pfandbriefgesetz, das insbesondere nistatbestands der Anlageverwaltung im Kreditwesenge-<br />
Zu Protokoll gegebene Reden