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193. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20955<br />

(A) Wir beraten heute einen von uns initiierten Koaliden in der Vergangenheit Opfer dieser heimtückischen (C)<br />

tionsantrag, der eine rasche Ratifizierung des Streumuni- Gefahr.<br />

tionsverbots auf den Weg bringt. Mit der 30. Ratifikation<br />

wird das Verbot gültig. Unser Antrag sieht vor, dass die<br />

Regierung dem <strong>Bundestag</strong> die Ratifikation des Verbots<br />

bereits im ersten Halbjahr 2009 zur Abstimmung vorlegt.<br />

Das Verbot soll in Deutschland noch in der laufenden<br />

Legislaturperiode gesetzlich verankert werden, um<br />

so auch an andere Vertragsstaaten ein klares Signal für<br />

eine schnelle Ratifizierung auszusenden. Unser Antrag<br />

verpflichtet die Bundesregierung außerdem dazu, sich<br />

weiterhin für eine zügige Universalisierung des Streumunitionsverbots<br />

zu engagieren. Dazu gehört, dass<br />

Deutschland seine Bündnispartner in aller Deutlichkeit<br />

zu einem Verzicht auf Streumunition drängen soll und<br />

dass auch auf deutschem Boden gelagerte Munitionsbestände<br />

abzuziehen sind.<br />

Dass dieses Abkommen nun geschlossen werden<br />

konnte, ist dem beharrlichen Engagement der Bürgergesellschaft<br />

und insbesondere einiger Nichtregierungsorganisationen<br />

zu verdanken. Nach der Ottawa-Konvention<br />

aus dem Jahr 1997 zum Verbot von Antipersonenminen,<br />

die fest mit dem Namen des damaligen Bundesaußenministers<br />

Klaus Kinkel verbunden ist, ist dies bereits die<br />

zweite Erfolgsgeschichte, bei der die Bürgergesellschaft<br />

den Boden für ein weltweites Abrüstungsabkommen zur<br />

Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts bereitet.<br />

Da die FDP-<strong>Bundestag</strong>sfraktion bereits vor zwei<br />

Jahren in einem Antrag – Drucksache 16/2780 – die umfassende<br />

Ächtung von Streumunition gefordert hat – damals<br />

noch gegen den Willen von Bundesregierung und<br />

Koalitionsfraktionen –, ist die gestrige Vertragsunter-<br />

Die Länder, die das Streumunitionsverbot in den verzeichnung auch aus liberaler Perspektive ein großer Ergangenen<br />

zwei Tagen nicht gezeichnet haben, sind auffolg, über den wir uns sehr freuen.<br />

gefordert, das so bald wie möglich bei den Vereinten<br />

Nationen in New York nachzuholen. Seitens des <strong>Bundestag</strong>es<br />

haben wir gegenüber Parlamentariern anderer<br />

Länder bereits intensiv für einen Beitritt zu dem Streumunitionsverbot<br />

geworben – etwa gegenüber den Mitgliedern<br />

der Parlamentarischen Versammlung der<br />

NATO.<br />

Der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen<br />

zeigt zehn Forderungen auf, mit denen Deutschland die<br />

rasche Implementierung der Oslo-Konvention national<br />

und international vorantreiben kann. Dieser Katalog ist<br />

eine umfassende und zielführende Zusammenstellung<br />

von Maßnahmen, deren Umsetzung jetzt entschlossen<br />

angegangen werden muss. Daher ist der Forderungsteil<br />

Ein weiterer Aspekt, den wir mit unserem Antrag auf- des vorliegenden Antrags zu begrüßen.<br />

(B)<br />

greifen, ist die Entwicklung und Erprobung anderer Munitionsarten.<br />

Punktzielmunition ist nicht gleichzusetzen<br />

mit Streumunition. Der gestern gezeichnete Konventionstext<br />

formuliert diesbezüglich anspruchsvolle Vorgaben,<br />

was etwa die Limitierung der Sprengkörperzahl<br />

sowie Selbstzerstörungsmechanismen betrifft. Das Parlament<br />

hat hier eine Funktion als unabhängiges Kontrollorgan.<br />

Wir fordern von der Bundesregierung regelmäßige<br />

und detaillierte Nachweise bezüglich der Erfüllung<br />

dieser Kriterien.<br />

Dennoch ist auch deutliche Kritik angezeigt. Diese<br />

richtet sich auf den Begründungsteil des Antrags, in dem<br />

ein verfälschtes Bild über die Rolle der Bundesregierung<br />

in dem Verhandlungsprozess der vergangenen zwei<br />

Jahre gezeichnet wird. Wenn in dem Antrag ausgeführt<br />

wird, die Bundesregierung habe „eine Vorreiterrolle in<br />

diesem Prozess innegehabt“, entspricht dies nicht den<br />

Tatsachen. Der vor zwei Jahren von den Koalitionsfraktionen<br />

vorgelegte Antrag – Drucksache 16/1995 – sah<br />

noch die Möglichkeit für die Bundesregierung vor, an ei-<br />

(D)<br />

Abschließend möchte ich ausdrücklich all jenen dannem Teil der deutschen Streumunition festzuhalten. Daken,<br />

die am Zustandekommen des Streumunitionsverbei wurde eine geradezu willkürliche Unterscheidung in<br />

bots beteiligt waren. Unser Dank gilt der norwegischen für die Zivilbevölkerung „gefährliche“ und vermeintlich<br />

Regierung, die dem Oslo-Prozess sozusagen eine Hei- „ungefährliche“ Streumunition gemacht. Die Koalitionsmat<br />

gegeben hat. Hervorheben möchte ich auch das aufraktionen plädierten damals dafür, jegliche Streumunißergewöhnliche<br />

und beharrliche Engagement zivilgetion mit einer Blindgängerrate von unter 1 Prozent von<br />

sellschaftlicher Organisationen, die sich in der Cluster einem Verbot auszunehmen. Die Bundesregierung igno-<br />

Munition Coalition zusammengeschlossen haben. Durch rierte die von Fachleuten geteilte Auffassung, dass kein<br />

Gespräche mit meinen Fachkolleginnen und -kollegen derzeit bekannter Streumunitionstyp dieses Kriterium er-<br />

bin ich mir sicher, dass die Zivilgesellschaft auch weiterfüllen konnte. In diesem Zusammenhang spielt es keine<br />

hin mit dem gesamten Deutschen <strong>Bundestag</strong> einen Ver- Rolle, ob die entsprechenden Streumunitionstypen über<br />

bündeten hat, der die künftige Entwicklung des Streu- sogenannte Selbstzerstörungsmechanismen verfügen<br />

munitionsverbots aufmerksam begleiten wird.<br />

oder nicht. Um einer Diskussion über die Verlässlichkeit<br />

der deutschen Streumunition aus dem Weg zu gehen,<br />

verweigerte die Bundesregierung die Veröffentlichung<br />

von Informationen über die Blindgängerraten der deutschen<br />

Bestände.<br />

Florian Toncar (FDP): Die gestrige Unterzeichnung<br />

des Abkommens zum Verbot von Streumunition in Oslo<br />

ist ein wichtiger Meilenstein für die Ächtung einer ganzen<br />

Waffenart, deren Opfer in der Vergangenheit fast<br />

ausschließlich Zivilisten waren. Streumunition ist eine<br />

Flächenwaffe, die großflächige Zerstörungen und wegen<br />

ihrer hohen Blindgängerquote auch nach dem Ende von<br />

Konflikten eine langfristige Bedrohung der ansässigen<br />

Bevölkerung bewirkt. Vor allem spielende Kinder wur-<br />

Bei den entscheidenden Verhandlungen im Mai 2008<br />

in Dublin versuchte die Bundesregierung noch bis zuletzt,<br />

eine Klausel in den Vertragstext einzufügen, die ein<br />

Festhalten an der entsprechenden Streumunition ermöglicht<br />

hätte. Erst unter dem Druck der bei den Verhandlungen<br />

anwesenden Organisationen der Bürgergesell-

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