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193. Sitzung - Deutscher Bundestag

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20884 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />

(A)<br />

Andrea Wicklein<br />

richtigen Rahmenbedingungen zu setzen. Ich bin sicher, Beirat Globale Umweltveränderungen, WBGU, gestern (C)<br />

dass uns dies im Rahmen eines integrierten Biomassege- Frau Dr. Schavan und Herrn Gabriel eine Studie „Zusamtkonzeptes<br />

und der zügigen Finanzierung eines Biokunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung“<br />

raffinerieclusters gelingen kann.<br />

vorgelegt hat.<br />

Cornelia Pieper (FDP):<br />

Der sogenannte Tortilla-Krieg, mit dem die brasilianische<br />

Bevölkerung auf eine sich zuspitzende Nutzungskonkurrenz<br />

von Nahrungspflanzen aufmerksam machte,<br />

führte dazu, dass die Weltöffentlichkeit ein Paradoxon<br />

wahrnahm, das sich in dieser Schärfe so bislang noch<br />

nicht zeigte. Nach wie vor hungern in Teilen dieser Welt<br />

Millionen von Menschen, allein nur darum, weil ihre<br />

landwirtschaftlich nutzbaren Flächen versteppen und zu<br />

Wüsten werden.<br />

Die zunehmende Kritik an einer massiven energetischen<br />

Nutzung von Biomasse ist doch die Folge einer erkennbar<br />

sich verschärfenden Nutzungskonkurrenz, insbesondere<br />

hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen<br />

Produktionsflächen. Abgesehen von steigenden Preisen<br />

für diese Flächen sowie für Futter- und Nahrungsmittel<br />

wachsen auch die ökologischenBedenken: Stichworte<br />

sind ein gewaltiger Flächenbedarf beim Anbau von Biomasse,<br />

Verlust ökologisch wertvoller Wälder durch Komplettrodungen<br />

und Nutzung der gesamten Biomasse, zunehmender<br />

Einsatz von Pestiziden und Stickstoffdünger,<br />

In anderen Weltteilen ist Nahrung im Überfluss vorhanden.<br />

Durch eine hochproduktive moderne Landwirtschaft<br />

werden die Erträge ständig gesteigert, und die<br />

Menschen fangen an, Getreide in heimischen Heizungs-<br />

energieintensive Herstellungsverfahren – insbesondere<br />

von Ethanol aus Mais – und nicht zuletzt: Methanemissionen<br />

großflächiger Rapskulturen – Methan ist um ein Vielhundertfaches<br />

klimaschädlicher als CO2. anlagen direkt zu verbrennen, stellen daraus Biosprit zum<br />

Antrieb ihrer Autos her oder vergasen ihre unvorstellbar<br />

großen Mengen an Nahrungsabfällen in Biogasanlagen.<br />

Zugegeben, das sind Extreme, die uns aber zeigen: Wir<br />

befinden uns in einem Dilemma!<br />

Unterdessen warnt das Stockholm International Water<br />

Institute bereits vor massiver Wasserverknappung durch<br />

die Massenproduktion von Biobrennstoffen: Für eine einzige<br />

Tankfüllung reines Ethanol brauche man soviel Getreide,<br />

wie ein Mensch während eines Jahres zum Leben<br />

Und eben genau das führt uns in dieser Woche Gerald<br />

Traufetter in seinem Artikel „Raubbau fürs Klima“ in der<br />

aktuellen Ausgabe des „Spiegel“ sehr treffend am Beispiel<br />

der Nutzung unserer Wälder vor Augen. Die Menschen<br />

entdecken einen alten Brennstoff wieder neu, das<br />

Holz! Was über Jahre hinweg ein Zuschussgeschäft war,<br />

benötige. China hat die Herstellung von Biokraftstoffen<br />

mittlerweile bis auf Weiteres stark eingeschränkt: Bis<br />

2010 werden keine neuen Projekte mehr genehmigt, noch<br />

nicht laufende Projekte werden gestoppt, ausländische<br />

Investitionen in chinesische Biokraftstoffanlagen sind bis<br />

auf Weiteres untersagt.<br />

(B) von Bund und Ländern mit viel Geld am Leben erhalten<br />

und zum schutzwürdigen Gut erklärt wurde, entwickelt<br />

sich zu einem echten „Renner“, die vollständige Nutzung<br />

des Holzes für die Energiegewinnung.<br />

Verstehen Sie mich nicht falsch. Sie kennen mich als einen<br />

Befürworter der energetischen Nutzung von Biomassen,<br />

aber nicht um jeden Preis! Jeder Nutzung muss eine<br />

breit angelegte Forschung und Technikfolgenabschät-<br />

(D)<br />

Die Folge: Zusammenhängende Waldflächen sind<br />

zung vorausgehen.<br />

heute in Deutschland nur noch selten zu bekommen, und<br />

wenn überhaupt, dann zu deutlich gestiegenen Preisen.<br />

Das hat auch der Kapitalmarkt erkannt. Große Holzfonds<br />

kaufen, was der Markt noch hergibt. Und es ist noch gar<br />

nicht lange her, als ich in einer deutschen Tageszeitung<br />

las, dass zum Beispiel das Bundesland Brandenburg rund<br />

um Berlin herum weitere neue Bioheizkraftwerke bauen<br />

wird. Deren ungestillter Hunger nach dem Rohstoff Holz<br />

führt bereits heute zu einer Nachfrage, die andere Holz<br />

verarbeitende Branchen schmerzhaft spüren. Nicht nur<br />

die deutsche Papier- und Zellstoffindustrie weiß ein Lied<br />

davon zu singen.<br />

Daher habe ich diesem Hohen Haus bereits mehrere<br />

Anträge zum Thema vorgelegt. Einen möchte ich besonders<br />

hervorheben. Er ist Ihnen sicherlich noch in guter<br />

Erinnerung: „Gründung eines Deutschen Biomasseforschungszentrums<br />

vorantreiben“ auf <strong>Bundestag</strong>sdrucksache<br />

16/3838. Doch im vorliegenden Antrag ist kein Wort<br />

über das Deutsche Biomasseforschungszentrum in Leipzig<br />

zu lesen. Hier stellen sich die Verfasser des Antrages<br />

ein Armutszeugnis aus. Oder glauben sie selbst nicht<br />

mehr an das Gelingen dieses Projekts? Viele Ihrer Forderungen<br />

sollten doch eben durch dieses Forschungszentrum<br />

umgesetzt werden.<br />

Sehen Sie mir nach, dass ich heute nicht alle Argumente<br />

pro oder contra Biomassenutzung erneut aufzeige. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE):<br />

Das habe ich bereits in meiner Rede am 26. Juni 2008 Im Antrag der Koalition wird auf den hohen Importbe-<br />

ausführlich getan. Interessant ist übrigens die Tatsache, darf an fossilen Rohstoffen aufmerksam gemacht. Mine-<br />

dass es den Autoren des Antrages weder in der ersten Leralöl werde zu 97 Prozent, Erdgas zu 83 Prozent und<br />

sung am 26. Juni 2008 noch heute gelungen ist, ihr Anlie- Steinkohle immerhin zu 61 Prozent aus dem Ausland eingen<br />

in öffentlicher Debatte vorzutragen. Offensichtlich geführt. Deutschland ist damit in seinem Rohstoff- und<br />

sind die Widersprüche zwischen den auf diesem Gebiet Energiehunger abhängig von anderen erdöl- oder gasför-<br />

agierenden Fachministerien für Forschung, Umwelt und dernden Staaten. Dabei unterliegt es Preisschwankungen<br />

Landwirtschaft zu groß, um heute und hier im Plenum ein und Versorgungsunsicherheiten. Aus Sicht der Industrie<br />

abgestimmtes Konzept vorzustellen. Es wäre doch über- ist es verständlich, dass man sich nach günstigeren und<br />

aus interessant zu hören, was die Bundesregierung zu die- vor allem sicheren Alternativen umsieht. Und so hat die<br />

sem Thema zu sagen hat, zumal der Wissenschaftliche EU eine „Leitmarkt“-Initiative aufgelegt, um die Ent-<br />

Zu Protokoll gegebene Reden

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