193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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20772 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />
(A)<br />
Markus Kurth<br />
Hier haben Sie sich wirklich das schwächste interne Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (C)<br />
Kompromissargument einfallen lassen. Wer so dünn aufgestellt<br />
ist, hat seine sozialpolitische Kompetenz ver-<br />
Zur Erwiderung, Herr Kurth.<br />
spielt.<br />
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Dazu passt es, dass Sie jetzt auch noch eine Debatte<br />
über irgendwelche Konsumgutscheine führen. Konzentrieren<br />
Sie sich doch auf das, was konjunktur- und sozialpolitisch<br />
unmittelbar hilft. Eine Regelsatzerhöhung<br />
speziell für Kinder wäre begründbar. Weil sie direkt in<br />
den Konsum flösse, wäre sie eine zielgerichtete und wesentlich<br />
sinnvollere Maßnahme. Ich fordere Sie auf, auf<br />
diesem Wege voranzugehen. Sollten Sie es nicht tun,<br />
werden wir Ihnen das im nächsten Jahr bei den verschiedenen<br />
Wahlkämpfen noch mehrmals deutlich mitteilen.<br />
Vielen Dank.<br />
Erstens, Frau Höll: Über die Regelsätze habe ich hier<br />
die ganze Zeit gesprochen und die politische Aussage,<br />
dass sie der Kern der Problematik sind, meiner Rede vorangestellt.<br />
Zweitens, zu den politischen Verantwortlichkeiten,<br />
die Sie angesprochen haben: Sie sind erst seit 2005 im<br />
Deutschen <strong>Bundestag</strong>. Wahrscheinlich kennen Sie deswegen<br />
nicht die Protokolle und Abstimmungslisten der<br />
namentlichen Abstimmungen zu Hartz IV. Es ist klar,<br />
dass die politische Verantwortung bei der Fraktion liegt.<br />
Sie haben aber gesagt: „Sie haben zugestimmt.“ Damit<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –<br />
Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Brauchen Sie<br />
nicht!)<br />
haben Sie mich persönlich angesprochen. Ich war einer<br />
von den Abgeordneten, die damals mit Nein gestimmt<br />
haben. Das nur zur Feststellung der historischen Wahrheit.<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Das entlässt meine Fraktion nicht aus der politischen<br />
Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort der Gesamtverantwortung. Wir haben mit der Zusammenle-<br />
Kollegin Dr. Barbara Höll.<br />
gung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und mit der Einführung<br />
der Dezentralität, die die Große Koalition jetzt<br />
(B)<br />
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):<br />
Herr Kollege Kurth, Sie sind seit dem Jahr 2002 <strong>Bundestag</strong>sabgeordneter.<br />
Ob Sie hier fehl am Platz oder im<br />
falschen Film sind, werden im nächsten Jahr Bürgerinnen<br />
und Bürger entscheiden.<br />
(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Bei<br />
Ihnen auch!)<br />
wieder infrage stellt, auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik<br />
wichtige Schritte gemacht – das will ich noch<br />
einmal betonen –, zu denen wir stehen. An einigen Stellen<br />
haben wir sicherlich auch Fehler gemacht. Wir<br />
Grüne haben das auf Parteitagen aufgearbeitet und auf<br />
den Parteitagen entsprechende Korrekturen beschlossen.<br />
Ich weiß überhaupt nicht, warum Sie ein Problem<br />
darin sehen, dass wir hier eine offene Debatte über Ver- (D)<br />
Es gilt aber, festzuhalten, dass Sie mit Ihrer Jastimme änderungen führen.<br />
an der Einführung von Hartz IV beteiligt waren. Wenn<br />
ich zitieren darf – ich habe es mir extra noch einmal herausgesucht<br />
–: Immerhin galt in § 21 Bundessozialhilfegesetz<br />
für Alleinerziehende noch ein Mehrbedarf – unter<br />
Punkt 3 –, zum Beispiel für die Beschaffung von besonderen<br />
Lehrmitteln für Schüler. Ich könnte das weiterführen.<br />
Sie beziehen sich immer noch auf Ihren Gründungsmythos<br />
und wollen jede Dynamik und Weiterentwicklung<br />
der politischen Debatte verhindern. Das verstehe<br />
ich auch, denn Sie wollen weiterhin den Nimbus haben,<br />
dass Sie die Einzigen in ganz Deutschland sind, die für<br />
soziale Gerechtigkeit eintreten. Das sind Sie, glaube ich,<br />
nicht. Sie verkrusten zunehmend.<br />
(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist<br />
pauschaliert eingerechnet, Frau Kollegin! Deshalb<br />
sind die Sätze höher!)<br />
Da Sie sich jetzt hier hinstellen und so tun, als gehöre die<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –<br />
Zuruf von der CDU/CSU: Da stimme ich Ihnen<br />
uneingeschränkt zu!)<br />
Diskussion über die Regelsätze nicht hierher, obwohl Sie<br />
die Hartz-IV-Regelsätze hier, im <strong>Bundestag</strong>, mit verabschiedet<br />
haben, obwohl Sie wussten, dass 500 000 Kinder<br />
und Jugendliche in Hartz IV fallen würden, müssen<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Das Wort hat der Kollege Rolf Stöckel von der SPD-<br />
Fraktion.<br />
Sie sich fragen lassen, allerdings von den Wählerinnen<br />
und Wählern, ob Sie hier fehl am Platze sind.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
Rolf Stöckel (SPD):<br />
NEN]: Wieso, ich habe es doch gesagt!)<br />
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will<br />
Sie haben die Regelsätze mitbeschlossen. Die Tatsache,<br />
dass Sonderbedarfe und Ausgaben für Bildung und Kultur<br />
herausgenommen wurden, ist das Ergebnis Ihrer politischen<br />
Entscheidung.<br />
den Kollegen Kurth als vernünftigen Sozialpolitiker einmal<br />
ein bisschen in Schutz nehmen. In den sieben Jahren<br />
rot-grüner Bundesregierung haben wir das Kindergeld<br />
immerhin von 112 Euro auf 154 Euro erhöht. Insofern ist<br />
es für uns konsequent, jetzt diesen Schritt zu gehen und<br />
(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang die erforderlichen Maßnahmen auf der Grundlage des<br />
Meckelburg [CDU/CSU]: Sie haben keine Ah- Existenzminimumberichts für die Jahre 2009 und 2010<br />
nung!)<br />
vorzuziehen.