193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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20840 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />
Jürgen Herrmann<br />
(A) gen können, die ganz deutlich aufzeigen, dass es keiner- (Elke Hoff [FDP]: Das haben wir nicht gesagt! (C)<br />
lei Misshandlungen von Murat Kurnaz gegeben hat.<br />
Bitte!)<br />
Der circa 250-seitige Abschlussbericht wird hier öffentlich<br />
gemacht. Er steht der Öffentlichkeit zur Verfügung,<br />
und das ist auch gut so. Es gibt zwar einige Einschränkungen<br />
– wir durften nicht alles sagen –, weil der<br />
Ausschuss sehr oft geheim getagt hat, aber die Gründe<br />
dafür sind eben schon genannt worden. Was mich in diesem<br />
Zusammenhang besonders verwundert hat, war,<br />
dass wir so vernünftig miteinander diskutiert haben. Es<br />
gab sicherlich die eine oder andere Situation, in der die<br />
Opposition gebremst werden musste, wenn sie über den<br />
eigentlichen Untersuchungsauftrag hinausging. Aber<br />
man darf doch feststellen, dass wir weitestgehend sehr<br />
gut zusammengearbeitet haben. Ich glaube, das war der<br />
Sache sehr dienlich.<br />
Aber mich interessiert natürlich, warum er damals im<br />
Stern nur beiläufig über die Misshandlung berichtete,<br />
dass nämlich KSK-Soldaten ihn dort verprügelt hätten.<br />
Er ist sich im Übrigen auch nicht hundertprozentig sicher,<br />
die auf Bildkarten abgebildeten Soldaten wiederzuerkennen.<br />
Wir als Regierungskoalition haben – das hat<br />
auch Kollege Arnold gesagt – diesen Untersuchungsausschuss<br />
beantragt und durchgesetzt. Die Ergänzungsanträge<br />
der Opposition haben sicherlich dazu beigetragen,<br />
dass der Untersuchungsauftrag erweitert worden ist.<br />
Es ist aber auch festzustellen – schließlich wurde Kritik<br />
an der Bundesregierung geäußert –: Bereits bevor wir<br />
den Untersuchungsausschuss eingesetzt haben, hat die<br />
Bundeswehr interne Ermittlungsverfahren eingeleitet,<br />
um diesen Sachverhalt aufzuklären. Das hat im Übrigen<br />
auch die Staatsanwaltschaft in Tübingen getan. Es ist für<br />
mich schon verwunderlich – da spreche ich die Oppositionsfraktionen<br />
einmal direkt an, Frau Hoff, Herrn<br />
Nachtwei und auch Herrn Schäfer –: Es kann doch nicht<br />
wahr sein, dass Sie – wenn Sie über rechtsstaatliche<br />
Dinge sprechen – hier an dieser Stelle behaupten, es<br />
gebe keinerlei Hinweise darauf, dass man absolut davon<br />
ausgehen muss, dass Herr Kurnaz durch deutsche Soldaten<br />
nicht misshandelt worden ist.<br />
– Frau Hoff, Sie haben doch eben – –<br />
(Elke Hoff [FDP]: Ich habe gesagt, dass es<br />
nicht zweifelsfrei erwiesen ist!)<br />
– Ja. Aber in unserem Rechtswesen gibt es immer noch<br />
die Unschuldsvermutung, und die muss auch in diesem<br />
Fall für die Soldaten gelten, die vor Ort waren. Daran<br />
darf man auch nicht rütteln.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Elke<br />
Hoff [FDP]: Sie müssen zuhören, was wir sagen,<br />
und nicht so einen Quatsch erzählen!<br />
Mein Gott!)<br />
Wir hatten mehr oder minder zwei Untersuchungsaufträge,<br />
und zwar einmal die mögliche Misshandlung von<br />
Herrn Kurnaz durch Soldaten des KSK, zum anderen<br />
aber auch den Ablauf des Einsatzes der KSK in Kandahar.<br />
Wir haben in diesem Zusammenhang – auch das ist<br />
dargestellt worden – sehr wichtige Erkenntnisse gesammelt,<br />
die allerdings auch nicht der Öffentlichkeit bekanntgegeben<br />
werden, da sie geheim sind.<br />
Das gilt insbesondere, wenn man behauptet – das ist von<br />
Ihnen, von der Opposition, oftmals vorgetragen worden –,<br />
dass Soldaten sich nur deshalb so geäußert haben, weil<br />
sie Schutzbehauptungen aufstellen wollten. Man hat gesagt:<br />
Was sollten sie denn anderes machen, wenn sie dort<br />
vor Ort sind? Auch nach der Befragung durch den Untersuchungsausschuss<br />
mussten sie Angst vor Repressalien<br />
haben. – Das kann so nicht stehen gelassen werden. Ich<br />
glaube, es gibt genug Dinge, die man hier anführen<br />
Mein Schwerpunkt heute soll die Behauptung von kann.<br />
(B)<br />
Herrn Kurnaz sein, dass er in Kandahar durch KSK-Soldaten<br />
misshandelt worden ist. Wir bewerten dies politisch,<br />
nicht aus Sicht der Staatsanwaltschaft. Wir haben<br />
uns zum Ziel gesetzt, restlos aufzuklären, ob Herr<br />
Kurnaź misshandelt wurde, ja oder nein. Mein persönlicher<br />
Eindruck – ich denke, das spiegelt auch Ihre Eindrücke<br />
wider – ist: Wer Herrn Kurnaz bei uns im Ausschuss<br />
gesehen hat, hat festgestellt, dass er ein<br />
gebrochener Mann ist. Ihm ist in Guantánamo sicherlich<br />
Schreckliches widerfahren; das möchte ich nicht verschweigen.<br />
Das konnte er auch glaubhaft vermitteln.<br />
Es ist wichtig, noch einmal festzustellen, dass in diesem<br />
Bereich ganz differenziert dargestellt worden ist,<br />
dass es Probleme im Einsatzland gegeben hat – es ist<br />
eben angesprochen worden –: möglicherweise Alkoholprobleme,<br />
bei denen man gegensteuern musste; letztendlich<br />
Führungsqualitäten der Vorgesetzten. Aber es wurde<br />
auch deutlich gesagt, wie kritisch man mit den US-Soldaten<br />
umgegangen ist, wenn es dort zu Verletzungen gekommen<br />
ist, zum Beispiel beim Hochreißen von Gefangenen.<br />
Man hat auch deutlich dargestellt, dass man dort<br />
völlig unterschiedliche Aufgaben wahrzunehmen hatte.<br />
Bewachung war nicht mit dem gleichzusetzen, was US-<br />
Soldaten dort gemacht haben. Man ist in diesem Compound<br />
lediglich Streife gegangen. Das hat dazu beigetragen,<br />
dass es zu keinerlei Kontakt kommen konnte.<br />
(D)<br />
Es ist sicherlich wichtig, dass man im Zusammenhang<br />
damit noch einmal erwähnt, dass die ausgeschiedenen<br />
Soldaten, die wir ebenfalls vernehmen konnten, in keiner<br />
Weise irgendwelche Anschuldigungen unterstrichen haben.<br />
Sie hätten gar keinen Grund mehr, zu lügen; sie wären<br />
keinen Repressalien ausgesetzt. Das muss man an<br />
dieser Stelle sagen. Auch einer der Mitgefangenen von<br />
Herrn Kurnaz, Ruhal Ahmed, kann die Vorfälle nicht bestätigen.<br />
Er war mit ihm nachher lange Zeit in<br />
Guantánamo zusammen. Niemals ist ihm gegenüber darüber<br />
berichtet worden, dass es zu diesen Misshandlungen<br />
gekommen ist. Das sollte uns nachdenklich machen.<br />
Daher komme auch ich ganz eindeutig zu dem Ergebnis<br />
– die Ausschussmehrheit hat das so bestätigt; das war<br />
auch nicht anders zu erwarten –, dass Herr Kurnaz nicht<br />
misshandelt worden ist. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Er<br />
ist nicht misshandelt worden. Die Einstellung des Strafverfahrens<br />
durch die Staatsanwaltschaft bestätigt dies<br />
ganz eindeutig.