02.01.2013 Aufrufe

193. Sitzung - Deutscher Bundestag

193. Sitzung - Deutscher Bundestag

193. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kai Gehring<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20895<br />

(A) politische Aufgabe von Bund, Ländern, Kommunen, Zivilmeinsam mit Nichtregierungsorganisationen verbindli- (C)<br />

gesellschaft und Organisationen, diese Rechte in der Prache Qualitätsstandards zu entwickeln.<br />

xis wirklich zu gewährleisten und altersgerechte Beteiligungsmöglichkeiten<br />

auszubauen.<br />

Wir brauchen zudem einen besseren europäischen und<br />

internationalen Austausch über qualitativ hochwertige<br />

Wir wissen alle, dass gerade qualitativ hochwertige Kinder- und Jugendbeteiligung. Diese Chance auf wirk-<br />

Beteiligungsprojekte und -verfahren die Erfahrung von lich nachhaltige Programme hat die Bundesregierung<br />

Selbstwirksamkeit ermöglichen. Sie fördern damit die leider auch im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft<br />

Persönlichkeitsentwicklung und die ohnehin hohe Bereit- verpasst. Insofern ist unser Antrag – leider – auch an dieschaft<br />

junger Menschen zur Verantwortungsübernahme. sem Punkt weiter aktuell.<br />

In unserem grünen Antrag haben wir deshalb ein Maßnahmenpaket<br />

vorgeschlagen, damit Kinder- und Jugendbeteiligung<br />

besser gelingt. Notwendig ist eine neue Beteiligungskultur<br />

auf allen politischen Ebenen, die bereits in<br />

den Kindertagesstätten und in den Schulen beginnt. Kinder<br />

und Jugendliche müssen ihr Lebensumfeld aktiv mitgestalten<br />

können – sei es bei dem Bau und der Gestaltung<br />

von Spielplätzen, Schulhöfen und Jugendeinrichtungen<br />

oder bei Verkehrsplanungen. Kinder und Jugendliche<br />

können somit als Expertinnen und Experten in eigener<br />

Sache zu guten und generationengerechten Lösungen für<br />

alle Mitglieder der Gesellschaft beitragen.<br />

Lassen Sie mich einen anderen essenziellen Bereich<br />

ansprechen. Wir sind der festen Überzeugung, dass Kinderrechte<br />

nicht nur in Sonntagsreden vorkommen dürfen.<br />

Bei der überfälligen Stärkung von Kinderrechten in der<br />

Verfassung formuliert die Linke jedoch in ihrem Antrag<br />

noch vorsichtiger als die Bundesregierung. Sie sagen<br />

dort wörtlich, dass „der Gedanke an die Aufnahme von<br />

Kinderrechten ins Grundgesetz erwägenswert“ sei. In<br />

diesem Punkt wurden Sie verbal sogar von Kanzlerin<br />

Merkel und Ministerin von der Leyen überholt. Passiert<br />

ist unter dieser Bundesregierung aber leider nichts. Offenbar<br />

knicken die Fachpolitiker der Koalitionsfraktio-<br />

Gerade arme Kinder und Jugendliche werden von benen immer wieder vor ihren eigenen Rechtspolitikern ein,<br />

stehenden Beteiligungsangeboten allerdings viel zu we- anstatt endlich breite Bündnisse im Interesse der Kinder<br />

nig erreicht. Hiergegen braucht es besondere Anstren- zu schmieden und deren Rechte im Grundgesetz zu stärgungen,<br />

damit niemand aufgrund seiner sozialen und ken.<br />

(B)<br />

ethnischen Herkunft ausgegrenzt wird und weniger Teilhabechancen<br />

innehat. Wir Grüne haben deshalb umfassende<br />

Vorschläge sowohl zur Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur<br />

als auch zugunsten von höheren Regelsätzen<br />

für Kinder und Jugendliche gemacht. Bereits im Entschließungsantrag<br />

zu unserer Großen Anfrage „Jugendliche<br />

in Deutschland: Perspektiven durch Zugänge, Teilhabe<br />

und Generationengerechtigkeit“ haben wir diese<br />

zentralen Aufgaben benannt und Lösungen aufgezeigt.<br />

Der hier vorliegende Antrag der Linken ist dagegen eine<br />

lückenhafte Ansammlung von Forderungen ohne Gewichtung<br />

und Gesamtkonzept.<br />

Diese Bundesregierung produziert bei der Kinder- und<br />

Jugendpartizipation jedoch nicht nur Sprechblasen.<br />

Manchmal handelt sie sogar – zulasten demokratischer<br />

Beteiligung. Bei der Föderalismusreform I wurden demokratische<br />

Standards im Kinder- und Jugendhilfegesetz<br />

aufgeweicht. Das Land Niedersachsen hat mit der Abschaffung<br />

des Jugendhilfeausschusses und des Landesjugendamts<br />

davon bereits eifrig Gebrauch gemacht. Auch<br />

Baden-Württemberg öffnet jetzt dem Abbau dieser bewährten<br />

demokratischen Beteiligungsinstrumente Tür<br />

und Tor. Das ist ein Fehler und ein beteiligungspolitischer<br />

Rückschritt.<br />

(D)<br />

Ein elementarer Teil der von uns vorgeschlagenen<br />

Strategie ist die Absenkung des Wahlalters. Uns geht es<br />

wohlgemerkt um das selbst ausgeübte Wahlrecht und<br />

nicht um ein Stellvertreterwahlrecht für Eltern, wie Sie es<br />

wollen, Frau Landgraf. Ein solches Eltern- bzw. Familienwahlrecht<br />

verhindert Jugendpartizipation, bricht mit<br />

elementaren Grundprinzipien wie „one man one vote“,<br />

ist verfassungsrechtlich bedenklich, benachteiligt Kinderlose<br />

und ist praktisch kaum umsetzbar. Dass die Linksfraktion<br />

das Thema „Herabsenkung des Wahlalters“ mit<br />

keinem Wort erwähnt, ist eine besonders große Schwäche<br />

ihres Antrags. Ein aktives Wahlrecht ab 16 Jahre auch bei<br />

Festzustellen bleibt: Für echte Beteiligung, für Lust<br />

auf Demokratie und damit gegen Politikverdrossenheit<br />

wird hierzulande viel zu wenig getan. Pseudobeteiligung<br />

schreckt ab, konsequente Kinder- und Jugendbeteiligung<br />

ermuntert und würde unsere Demokratie beleben. Lassen<br />

Sie uns endlich mit einer klaren Partizipationsstrategie<br />

Kinder und Jugendliche als „Nachwuchs für die Demokratie“<br />

gewinnen und fördern. Unser parlamentarischdemokratisches<br />

System braucht eine „Frischzellenkur“.<br />

Packen wir es an!<br />

<strong>Bundestag</strong>swahlen ist jedoch ein zentraler Bestandteil ei- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:<br />

ner wirkungsvollen Gesamtstrategie für mehr Beteili- Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage an<br />

gung.<br />

die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.<br />

– Sie sind damit einverstanden. Dann ist das so<br />

beschlossen.<br />

Diese Ignoranz unterscheidet sich nicht von der Haltung<br />

der Bundesregierung. Deren Partizipationsmaßnahmen<br />

verfolgen keine Gesamtstrategie und sind nicht<br />

nachhaltig: Bei der Entwicklung, Durchführung und Evaluation<br />

dürfen Kinder und Jugendliche bisher kaum mitwirken.<br />

Die Ergebnisse und Forderungen der isolierten<br />

Veranstaltungen werden kaum gesichert, geschweige<br />

denn zielstrebig weiterverfolgt. Wir fordern deshalb, ge-<br />

Zusatzpunkt 7: Beschlussempfehlung des Ausschusses<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem<br />

Antrag der Fraktion die Grünen mit dem bereits genannten<br />

Titel. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung,<br />

den Antrag abzulehnen. Wer stimmt für<br />

diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!