193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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20836 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />
Rainer Arnold<br />
(A) sen, die Vorwürfe von Herrn Kurnaz einfach so im Raum koholkonsum, auch Alkoholmissbrauch, erhoben wur- (C)<br />
stehen zu lassen, ohne den Versuch zu unternehmen, sie den, treffen leider zu. Es sind Verfehlungen Einzelner.<br />
aufzuklären.<br />
Es gibt hierfür keine kollektive Verantwortung des KSK.<br />
Diesen Dingen musste man aber nachgehen. Ich füge<br />
hinzu: Es wäre besser gewesen, wenn die militärische<br />
Führung, die die Verantwortung für das KSK-Kontingent<br />
getragen hat, diesen Vorgängen damals entschlossener<br />
und konsequenter nachgegangen wäre. Das ist eine<br />
Erkenntnis, die wir aus dem Untersuchungsausschuss<br />
mitnehmen.<br />
Wir reden jetzt über das Ergebnis. Es wurde schon gesagt:<br />
Die Vorwürfe, die Herr Kurnaz erhoben hat, konnten<br />
nicht aufgeklärt werden. Mein Empfinden war immer:<br />
Herr Kurnaz ist glaubwürdig. Es gab keinen Grund<br />
für die Feststellung, dass dort getrickst wird. Ich hatte<br />
aber auch das Gefühl: Die KSK-Soldaten, die wir angehört<br />
haben, sind ebenso glaubwürdig. Es war also definitiv<br />
nicht aufzuklären, und dann gilt das alte Rechtsprinzip:<br />
Im Zweifel für den Beschuldigten.<br />
Frau Hoff, weiterhin haben Sie den Umgang mit den<br />
Gefangenen angesprochen. Liebe Kollegin, wir machen<br />
es uns einfach, wenn wir den Einsatz wenige Wochen<br />
oder Monate nach den Anschlägen in New York – ohne<br />
Erfahrung, alles zum ersten Mal, ohne viel<br />
Informationen – mit dem Wissen aus dem Jahr 2007 beurteilen.<br />
Das ist nicht fair.<br />
(Elke Hoff [FDP]: Damit müssen Sie rechnen,<br />
wenn Sie einen solchen Ausschuss beantragen!)<br />
Sie sagen, es sei heute immer noch nicht geregelt, wie<br />
KSK-Soldaten oder die Bundeswehr in Afghanistan mit<br />
Gefangenen umgehen sollen. Ja, vielleicht müssen wir<br />
akzeptieren, dass für den Einsatz in einem Land, das<br />
nicht nach den rechtsstaatlichen Prinzipien der Schweiz<br />
oder Deutschlands arbeitet, nicht alles bis ins letzte Detail<br />
rechtlich vorgeklärt werden kann und dass es Situationen<br />
gibt, in denen möglicherweise Entscheidungen<br />
getroffen werden müssen. Wenn wir die Erwartung haben:<br />
„Dies kann man eins zu eins von Deutschland auf<br />
Afghanistan übertragen“, dann werden wir noch viel Geduld<br />
brauchen. Es wird dauern, bis es in Afghanistan<br />
eine Justiz gibt, der wir Gefangene einfach so übergeben<br />
können. Das will im Augenblick niemand von uns. Deshalb<br />
wird es immer auf den Einzelfall ankommen. Droht<br />
dort jemandem die Todesstrafe, wird ein deutscher Soldat<br />
ihn nicht ausliefern, und das finden wir gut.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Es mag möglicherweise andere Entscheidungen geben,<br />
falls ein seriöses Strafverfahren in Afghanistan möglich<br />
ist.<br />
Wir haben allerdings in der Tat festgestellt, dass in<br />
dem ersten KSK-Kontingent schon ein Stück weit etwas<br />
aus dem Ruder gelaufen ist. Die Anschuldigungen, die<br />
hier im Raum und in der Öffentlichkeit in Bezug auf Al-<br />
Als Letztes nehme ich für mich aus dem Untersuchungsausschuss<br />
Folgendes mit: Wir haben damals, im<br />
November/Dezember 2001 bzw. im Januar 2002, unter<br />
den hochemotionalen Eindrücken der Anschläge in den<br />
Vereinigten Staaten miteinander diskutiert und möglicherweise<br />
gehandelt. Unter Umständen war dies einer<br />
der Gründe dafür, dass der damalige Verteidigungsminister<br />
gesagt hat: Man weiß ja gar nicht, was auf einen<br />
zukommt. Deshalb schickt er – einfach aus Vorsicht –<br />
das Höchstwertige, das er bieten kann, in diesen Einsatz.<br />
Wir müssen ihn mit dem Kenntnisstand von damals beleuchten.<br />
Vor diesem Hintergrund trifft der Vorwurf, den<br />
Sie erhoben haben, die Deutschen hätten zum damaligen<br />
Zeitpunkt alles gewusst und hätten mitgeholfen, nicht<br />
Unsere Erkenntnis muss sein: Sollte es zu solchen<br />
traumatischen Ereignissen kommen, dann ist die Politik<br />
sicherlich gut beraten, nicht zu emotional zu reagieren,<br />
sondern in jeder Situation besonnen zu bleiben. Ich<br />
glaube, das ist eine sehr wichtige Lehre, die wir aus diesem<br />
Ausschuss mitnehmen können.<br />
zu. Zur Jahreswende 2001/2002 hat niemand von uns<br />
über ein Straflager auf Kuba Bescheid gewusst oder gar<br />
darüber gesprochen.<br />
Wenn wir die Versäumnisse, die wir beim KSK erkannt<br />
haben, allerdings aus heutiger Sicht betrachten,<br />
dann können wir wirklich feststellen, dass die Regierung<br />
(B)<br />
(Elke Hoff [FDP]: Die Bundesregierung hat es<br />
gewusst!)<br />
die Probleme aufgenommen und in den Folgejahren<br />
richtig gehandelt hat.<br />
(D)<br />
All diese Dinge sind erst in der Folgezeit auf den Tisch (Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/<br />
gekommen.<br />
CSU]: Auch das KSK!)<br />
Die Schwachstellen bezüglich der Arbeitsabläufe wurden<br />
abgestellt. Es wurde ein spezifisches Stabselement<br />
für Spezialoperationen beim Einsatzführungskommando<br />
eingerichtet. Ich glaube auch, das, was Minister<br />
Jung gemacht hat – den Einsatzführungsstab in Berlin<br />
einzurichten und damit die politische Verantwortung und<br />
die Verantwortung des Generalinspekteurs zu stärken –,<br />
ist eine richtige Antwort auf unsere Erkenntnisse. Denn<br />
eines ist klar: Gerade KSK-Soldaten müssen von politischer<br />
Seite direkt kontrolliert werden. Das mögen andere<br />
Länder anders handhaben, aber unserer militärischen<br />
Kultur entspricht genau dieser Weg.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Damit ist klar: KSK-Soldaten sind zwar ein spezifischer<br />
Teil der Truppe, aber sie sind Teil der Bundeswehr<br />
und unterliegen der parlamentarischen Kontrolle. Ich<br />
glaube, dies ist eine sehr wichtige Erkenntnis, die wir<br />
daraus ziehen müssen.<br />
Wir wissen auch – Kollege Karl Lamers hat es bereits<br />
angesprochen; auch von unserer Seite übrigens nochmals<br />
schönen Dank für diese verantwortungsvolle und<br />
nicht immer einfache Aufgabe, diesen Untersuchungsausschuss<br />
zu leiten –,<br />
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)