193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20715<br />
(A) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:<br />
einandersetzen, was bisher erreicht wurde; denn da gibt (C)<br />
Herr Staatssekretär, wollen Sie darauf antworten? – es eine Vielzahl von Fehlinterpretationen und auch ge-<br />
Ja.<br />
fühlte Ungerechtigkeit. Nach der deutschen Einheit war<br />
es richtig, die damaligen DDR-Renten sehr schnell anzu-<br />
Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister<br />
für Arbeit und Soziales:<br />
Verehrter Herr Kollege Gysi, ich habe vorhin Verständnis<br />
für Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen<br />
Vaatz gehabt, als Sie sagten, Ihr Erinnerungsvermögen<br />
gehe möglicherweise nicht bis zum Jahr 1989 zurück.<br />
Dass es aber jetzt nicht einmal zwei Minuten zurückreicht,<br />
wundert mich sehr;<br />
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der<br />
CDU/CSU)<br />
heben, um rasch mit einer Angleichung der Lebensverhältnisse<br />
in Ost und West zu beginnen. Deshalb war es<br />
nötig, 1991 in den neuen Bundesländern die Renten<br />
zweimal um jeweils 15 Prozent anzuheben. Die heute<br />
noch geltende Regelung im Sozialgesetzbuch VI trat<br />
1992 mit dem Renten-Überleitungsgesetz in Kraft und<br />
sollte im Verlauf einiger Jahre einheitliche Einkommensverhältnisse<br />
auch bei der Rente in beiden Teilen<br />
Deutschlands herstellen. Das ist nicht geschehen. Das<br />
war erforderlich, weil nämlich 1991 die Einkommen in<br />
den neuen Bundesländern nur halb so hoch waren wie in<br />
den alten. Das unterdurchschnittliche Einkommen im<br />
Beitrittsgebiet wird seither durch die Höherwertung<br />
der Entgelte ausgeglichen. Das ist vielen überhaupt<br />
nicht bekannt.<br />
denn im Protokoll meiner Rede werden Sie nachlesen<br />
können, dass ich vorhin genau gesagt habe – ich habe Ihnen<br />
in diesem Punkt zugestimmt –, dass man die unterschiedlichen<br />
Berufsbiografien und damit die Jahre einrechnen<br />
muss. Das habe ich hier deutlich gesagt.<br />
Deswegen kann Ihr Vorwurf so nicht stehen bleiben.<br />
(Stephan Hilsberg [SPD]: Kümmern sich nicht<br />
um Details, nicht um die Finanzierung! Nach<br />
der Devise: Wünsch dir was!)<br />
aber die Bundesregierung vertagt das Thema auf unbestimmte<br />
Zeit. Diese Politik der ruhigen Hand ist keine<br />
Lösung.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der LINKEN – Maria Michalk [CDU/<br />
CSU]: Sie haben gehört, dass wir daran arbeiten!)<br />
Bundeskanzlerin Merkel hatte noch im Oktober angekündigt,<br />
sie wolle die Renten in Ost und West vereinheitlichen.<br />
Inzwischen ruht sie sich darauf aus, dass<br />
selbst die ostdeutschen Ministerpräsidenten das Thema<br />
mit spitzen Fingern anfassen. Sie verfährt nach dem<br />
Motto: Es ist viel zu tun, warten wir es ab. – Diese Untätigkeit<br />
werden wir nicht zulassen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-<br />
SES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Wir Grüne wollen die Rentenangleichung nicht auf<br />
die lange Bank schieben. Damit die Beschäftigten eine<br />
Perspektive haben, muss jetzt gehandelt werden. Wer<br />
eine Bilanz ziehen will, sollte sich zunächst damit aus-<br />
(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So<br />
ist es!)<br />
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie<br />
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Diese Höherwertung betrug im Jahre 2008 immerhin<br />
18 Prozent, und zwar nicht nur bei denen, die weniger<br />
verdienen, sondern auch bei denjenigen, die das gleiche<br />
Einkommen haben wie ihre Kollegen und Kolleginnen<br />
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:<br />
im Westen. Mit der Höherwertung sollte die Kluft bei<br />
Nun hat das Wort die Kollegin Irmingard Schewe- den Verdiensten zwischen Ost und West geglättet wer-<br />
Gerigk für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. den. Das hatte zur Folge, dass von 1992 bis heute die<br />
Renten in den neuen Bundesländern um mehr als<br />
(B)<br />
Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Es ist schon symptomatisch für die Politik der Großen<br />
116 Prozent gestiegen sind, in den alten Bundesländern<br />
aber nur um gut 25 Prozent. Wer das verschweigt, wie<br />
die Linke das nun leider tut, betreibt ein gefährliches<br />
Spiel.<br />
(D)<br />
Koalition: Alle drei Oppositionsfraktionen legen jeweils (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
Anträge zur notwendigen Rentenangleichung vor,<br />
sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und<br />
der SPD)<br />
Angesichts dieser Bilanz zugunsten der neuen Bundesländer<br />
sind einige ostdeutsche Ministerpräsidenten<br />
inzwischen etwas vorsichtiger geworden. Der Ministerpräsident<br />
von Sachsen-Anhalt wird in der Berliner Zeitung<br />
mit der Bemerkung zitiert, Ostrentner könnten<br />
durch eine Angleichung sogar schlechter gestellt werden.<br />
(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Ja, klar!)<br />
Man muss einmal einen Blick auf den Arbeitsmarkt<br />
werfen: In vielen Bereichen mit Tarifverträgen erhalten<br />
die Beschäftigten in den neuen Bundesländern inzwischen<br />
das gleiche Grundeinkommen wie die in den alten<br />
Bundesländern – ich nenne die Stahlindustrie, die Metall-,<br />
die Elektro- oder auch die Druckindustrie, die Post,<br />
die Telekom, die Banken, die Versicherungen und den<br />
großen Bereich des öffentlichen Dienstes –; trotzdem<br />
werden die Rentenbeiträge der dort Beschäftigten vom<br />
Staat um 18 Prozent hochgewertet. Dadurch entsteht zunehmend<br />
Ungerechtigkeit in den alten Bundesländern,<br />
und das wollen wir verhindern.<br />
Eine Untersuchung der Deutschen Rentenversicherung<br />
kommt bei einem Vergleich zu dem Ergebnis, dass<br />
eine Person mit einem Einkommen von 2 500 Euro in