193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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20792 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />
Kai Gehring<br />
(A) und eine soziale Öffnung der Hochschulen verabreden möchte ich auffordern: Werden Sie in der Bundesregie- (C)<br />
und gemeinsam schmieden.<br />
rung dieser hochschulpolitischen und gesamtstaatlichen<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Verantwortung endlich gerecht!<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –<br />
Monika Grütters [CDU/CSU]: Da ist Herr<br />
Storm!)<br />
Ohne den eklatanten Studienplatzmangel und ohne<br />
Zugangshürden zum Campus wie den flächendeckenden<br />
Numerus clausus, die unsozialen und abschreckenden<br />
Studiengebühren in vielen Bundesländern sowie das<br />
bundesweite Zulassungswirrwarr gäbe es viel mehr Studienanfänger,<br />
als heute von der Großen Koalition gefeiert<br />
werden. Daran wird deutlich, dass der allseits<br />
beklagte Akademikermangel größtenteils ein hausgemachtes<br />
Problem ist. Er ist Folge einer verfehlten Hochschulpolitik<br />
der Länder und der Großen Koalition. Die<br />
Hürden müssen dringend gesenkt werden, damit eine soziale<br />
Öffnung der Hochschulen gelingen kann. Es ist<br />
nach wie vor skandalös, dass Arbeiterkinder und Migrantenkinder<br />
auf dem Campus immer mehr zu Exoten<br />
werden. Dieses Verschleudern von Chancen und Potenzialen<br />
muss endlich aufhören.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD – Priska<br />
Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Aber die Bundesregierung interessiert<br />
das nicht! Von ihr ist niemand da!)<br />
Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Ja. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den nächsten<br />
Jahren dürften rund 700 000 Studierende zusätzlich<br />
an die Hochschulen strömen. Damit diese Prognosen tatsächlich<br />
Realität werden, müssen Bund und Länder die<br />
Weichen richtig stellen. Der Hochschulpakt II, der jetzt<br />
vereinbart werden soll, muss das leisten, woran sein Vorgänger<br />
offenkundig zu scheitern droht: einen verlässlichen<br />
und bedarfsgerechten Ausbau qualitativ hochwertiger<br />
Studienplätze. Dieses zentrale hochschulpolitische<br />
Anliegen muss der Kern und die Priorität des<br />
Hochschulpaketes II sein. Nur so wird aus ihm ein grüner<br />
Pakt für die Studierenden.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Der Hochschulpakt I muss – das ist aus unserer Sicht<br />
offenkundig – repariert werden. Wenn man sich die<br />
Kennzahlen ansieht, stellt man fest, dass er zu scheitern<br />
droht. Das Ziel, die Zahl der Studienplätze im Jahr 2007<br />
auszubauen, ist klar verfehlt worden. Insbesondere in<br />
mehreren unionsregierten Bundesländern wurden Studienplätze<br />
ab- statt aufgebaut. Damit alle Studieninteressierten<br />
tatsächlich einen Studienplatz bekommen können,<br />
brauchen wir allein in den Jahren 2009 und 2010<br />
rund 2,4 Milliarden Euro mehr. Frau Schavan – sie ist<br />
heute nicht da – und Herrn Storm – er ist noch nicht da –<br />
– Herzlich willkommen!<br />
Kernbestandteil eines solchen neuen Pakts für die<br />
Studierenden muss im Übrigen ein Hochschulpaktfonds<br />
von Bund und Ländern werden. Jedes Bundesland kann<br />
dann aus diesem Fonds Mittel für neu geschaffene Studienplätze<br />
abrufen. Wir wollen, dass ein Teil der Grundfinanzierung<br />
der Hochschulen nach dem Prinzip „Geld<br />
folgt Studierenden“ erfolgt.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP –<br />
Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist unsere<br />
Idee!)<br />
– Ja, das ist sicherlich eine gemeinsame Idee. Es ist erfreulich,<br />
dass es, nach dem Antrag der FDP, im Deutschen<br />
<strong>Bundestag</strong> längst eine parlamentarische Mehrheit<br />
gibt, die das Grundprinzip „Geld folgt Studierenden“ unterstützt.<br />
– Ja, die Regierungsbank ist erstaunlich leer.<br />
(Ute Kumpf [SPD]: Die stecken im Stau!)<br />
(Jörg Tauss [SPD]: Selbst der BDI sagt das!)<br />
Ich freue mich dennoch über alle, die gekommen sind.<br />
Das sollten Sie einmal Herrn Oettinger aus Baden-<br />
Württemberg mitteilen, damit er seinen Widerstand aufgibt<br />
und damit nicht länger einige Länder für die Ausbil-<br />
(B) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:<br />
Das hat damit zu tun, dass Herr Storm, der sich ausdrücklich<br />
entschuldigt hat, im Stau steht. Er wird gleich<br />
hier sein.<br />
dung bezahlen, während andere Länder die Akademiker<br />
absahnen.<br />
(Cornelia Pieper [FDP]: Dafür wird die FDP<br />
schon sorgen!)<br />
(D)<br />
Da muss es einen gerechten Ausgleich zwischen den einzelnen<br />
Bundesländern geben. Für einen solchen Beschluss<br />
gibt es hier offensichtlich eine parlamentarische<br />
Mehrheit.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD)<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen Masse<br />
und Klasse für die Hochschulen. Der neue Hochschulpakt<br />
muss endlich erheblich mehr ausfinanzierte Studienplätze<br />
bringen sowie bessere Studien- und Lehrbedingungen<br />
garantieren. Die bisher von Bund und<br />
Ländern vorgesehenen Mittel von jährlich 5 500 Euro<br />
pro zusätzlichem Studienanfänger und pro Jahr reichen<br />
aber bei weitem nicht aus. Damit bleiben wir dramatisch<br />
unter dem OECD-Durchschnitt von 10 600 Euro. Mit<br />
solchen Kleckerbeträgen lassen sich nur Billigstudienplätze<br />
schaffen. Kostenintensivere Fächergruppen oder<br />
auch betreuungsintensivere Bachelor- und Masterstudiengänge<br />
bleiben dabei unberücksichtigt. Liebe Großkoalitionäre,<br />
Sie sollten klotzen statt kleckern. Die Unterfinanzierung<br />
der deutschen Hochschulen muss umgehend<br />
beseitigt werden.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg<br />
Tauss [SPD]: Kleckern kennen wir nicht!)