193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20969<br />
(A) Strukturen auf dem Mineralölmarkt die bestehende Bei- ökologisch schädlichen Anbauweisen und zum massen- (C)<br />
mischungsquote einzig große Lieferanten und Importhaften Import von Agroenergie. In den Ländern des Sübiomasse<br />
begünstigt. Eine ausgewogene und nachhaltige dens sind Regenwaldzerstörung sowie Vertreibung von<br />
Klimapolitik erfordert angesichts der vorhandenen Wirt- Kleinbäuerinnen und Kleinbauern die Folge. Eine interschaftskrise,<br />
dass auch die heimische und mittelständinationale Zertifizierung für Energiepflanzen ist nicht<br />
sche Wirtschaft gestärkt und gerade nicht geschwächt kontrollierbar und wird deshalb auch nicht greifen.<br />
wird!<br />
In Deutschland selbst ist der massive Einsatz von<br />
Agrosprit ohnehin Unsinn, wenn die Wende in der Verkehrspolitik<br />
ausbleibt. Statt auf klimaschädlichen Pkwund<br />
Schwerlastverkehr zu setzen, müssen ein nutzerfreundlicher<br />
öffentlicher Nahverkehr und eine attraktive<br />
Bahn in der Fläche geschaffen werden. Wer glaubt, er<br />
könne die Autobauer mit Bioalkohol beruhigen, ist auf<br />
dem Holzweg.<br />
Lassen Sie mich zum Schluss noch auf den Bereich<br />
der Elektromobilität zu sprechen kommen. Für eine bezahlbare,<br />
energiesparende und klimaverträgliche Mobilität<br />
müssen geeignete Rahmenbedingungen geschaffen<br />
werden. Den Weg weisen dafür die technischen Entwicklungspfade<br />
im Bereich der alternativen Antriebe.<br />
Die Elektromobilität bietet eine herausragende Chance,<br />
insbesondere für die effiziente Nutzung erneuerbarer<br />
Energien, weil Elektrofahrzeuge eine dezentrale Speichermöglichkeit<br />
für Strom aus fluktuierenden Quellen in<br />
Aussicht stellen.<br />
Gerade in Schwachlastzeiten, wenn es – beispiels-<br />
Mit dieser Haltung stehen wir nicht allein da: „Durch<br />
die Quotenvorgaben für Biokraftstoffe werden zum Teil<br />
sogar Bioenergiepfade gefördert, die zur Verschärfung<br />
des Klimawandels beitragen.“ Und: „Bioenergie darf<br />
nicht zu einer Gefährdung der Ernährungssicherheit fühweise<br />
nachts – für Windstrom keine anderen Abnehmer ren oder die Zerstörung von Regenwäldern oder anderen<br />
gibt, könnten Elektroautos als Speicher zur Verfügung naturnahen Ökosystemen auslösen.“ Weiter: „Der Anbau<br />
stehen. Ohnehin wird ein Privatfahrzeug durchschnitt- einjähriger Energiepflanzen zur Produktion von Flüssiglich<br />
weniger als 2 von 24 Stunden des Tages bewegt. In kraftstoffen für den Verkehr ist zu wenig an den Zielen<br />
der verbleibenden Zeit könnten mobile Hochleistungs- des Klimaschutzes ausgerichtet.“ Das sagt nicht irgendbatterien<br />
der Fahrzeuge künftig als mobile Energiespeiwer, sondern das wichtigste Beratungsgremium der Buncher<br />
in die Energieversorgung integriert werden. Nicht desregierung in Sachen Klimaschutz, der Wissenschaft-<br />
zuletzt eröffnet die Elektromobilität auch eine zusätzliliche Beirat Globale Umweltveränderungen. Dieser sagt<br />
che Option, die Abhängigkeit vom Öl zu verringern. als Schlussfolgerung zum Biokraftstoffquotengesetz:<br />
(B)<br />
Vor diesem Hintergrund müssen die längerfristigen<br />
und grundsätzlichen Weichenstellungen beizeiten so<br />
vorgenommen werden, dass die Potenziale aller genann-<br />
„Der WBGU plädiert daher für einen raschen Ausstieg<br />
aus der Förderung von Biokraftstoffen im Verkehrsbereich.“<br />
(D)<br />
ten technischen Entwicklungen von der Privatwirtschaft Die Linke hat sich als einzige Fraktion im <strong>Bundestag</strong><br />
in den kommenden Jahren ungehindert genutzt und vo- von Anfang an gegen die Zwangsquote und – wenn<br />
rangebracht werden können. Dabei geht es um das Of- überhaupt – für die gezielte Förderung von reinen Biofenhalten<br />
technologischer Entwicklungspfade – auch mit kraftstoffen in dezentralen Strukturen ausgesprochen.<br />
der Unterstützung zukunftsweisender und verlässlicher Dabei sollte durch steuerliche Erleichterungen ein<br />
politischer Signale!<br />
Marktvorteil zu mineralischen Produkten geschaffen<br />
werden. Und: Nur regionale, in sich geschlossene Kreis-<br />
Hans-Kurt Hill (DIE LINKE): Die Biokraftstoffstrategie<br />
der Bundesregierung ist gescheitert. Die Zwangsbeimischung<br />
von Agrosprit zu mineralischem Benzin<br />
oder Diesel ist ein Irrweg zulasten des Naturhaushaltes<br />
und des Klimaschutzes. Ich fordere den Umweltminister<br />
deshalb auf, sein Scheitern in dieser Sache einzugestehen<br />
und das Gesetz samt Änderungsvorlage zurückzuziehen.läufe<br />
zur Herstellung und Verwendung von Biosprit dürfen<br />
unterstützt werden. So macht der Pflanzentreibstoff<br />
für den Eigenbedarf in der Land- und Forstwirtschaft sowie<br />
in Bus- und Speditionsflotten vor Ort Sinn. Hauptsächlich<br />
setzen wir uns aber für eine Stärkung der umweltverträglichen<br />
Biogasproduktion ein – und das ist der<br />
entscheidende Punkt. Denn hierbei ist je Hektar genutzter<br />
Biomasse der Energieertrag und somit auch der Klimaschutzbeitrag<br />
am höchsten. Biogas kann sowohl für<br />
die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme als<br />
auch in Fahrzeugen eingesetzt und ins Erdgasnetz eingespeist<br />
werden.<br />
Die Bundesregierung setzt mit ihrer angeblich „ökologischen<br />
Industriepolitik“ selbstbewusst auf das falsche<br />
Pferd. Richtig wäre, eine nachhaltige Biomasseerzeugung<br />
und -nutzung zu fördern, die den Naturhaushalt<br />
nicht überfordert und für Wertschöpfung in der Region<br />
sorgt. Das schafft dann auch zukunftssichere Arbeitsplätze<br />
im ländlichen Raum.<br />
In Deutschland und Europa stehen für die Nutzung<br />
von Bioenergie nur begrenzte Anbauflächen zur Verfügung.<br />
Der Bundesumweltminister übersieht diese Tatsache,<br />
als gäbe es sie nicht. Überhöhte Ziele, gerade bei<br />
Biokraftstoffen, überfordern deshalb die Böden und haben<br />
keinen Nutzen für den Klimaschutz. Sie führen zu<br />
Sehr geehrter Herr Minister Gabriel, Sie wollen mit<br />
den Einnahmen aus dem Emissionshandel, der dem Klimaschutz<br />
dienen soll, neue, riesige, klimaschädliche<br />
Kohlekraftwerke subventionieren. Dabei ist auch Ihnen<br />
klar, dass solche Energieverschwendungsanlagen den<br />
Ausbau effizienter und erneuerbarer Energien blockieren.<br />
Der Umweltminister will den massenhaften Anbau<br />
von Agrosprit fördern, obwohl er weiß, dass riesige Monokulturen<br />
und zerstörte Regenwälder das Ergebnis sind.<br />
Er klaubt sich Agroenergien aus Schwellen- und