02.01.2013 Aufrufe

193. Sitzung - Deutscher Bundestag

193. Sitzung - Deutscher Bundestag

193. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

20956 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />

(A) schaft sowie der anderen Verhandlungsdelegationen tet wird. Im Gegenteil hat die Bundesregierung den (C)<br />

lenkte die Bundesregierung ein und nahm von ihrem Oslo-Prozess behindert und geschwächt.<br />

Vorhaben Abstand.<br />

Der Antrag der Regierungskoalition stellt mit seiner<br />

Daher wäre es angemessener, davon zu sprechen, dass zweiten Forderung eine weitere Schwächung der Osloer<br />

es trotz und nicht wegen der Haltung der Bundesregie- Konvention zum Verbot von Streumunition dar. Hier<br />

rung gelungen ist, ein umfassendes Streumunitionsver- wird nach einer Regierungserklärung zur Vereinbarkeit<br />

bot ohne Schlupflöcher oder Hintertüren zu erreichen. der Ratifizierung und gemeinsamer militärischer Opera-<br />

Die Bundesregierung kann sich wahrlich nicht rühmen, tionen mit Nichtvertragsstaaten gefragt. Es wird auch<br />

eine Vorreiterrolle gespielt zu haben. Vielmehr hat sie gleich die Richtung vorgegeben: Gemeinsame Kriegs-<br />

sich konsequent für Ausnahmen eingesetzt und ist erst einsätze – auch mit dem Einsatz von Streumunition –<br />

im letzten Moment, als ihr Anliegen ersichtlich geschei- müssen weiter möglich sein. Die Bündnisfähigkeit<br />

tert war, auf den fahrenden Zug aufgesprungen.<br />

Deutschlands wird höher gestellt als das Abkommen<br />

zum Verbot von Streumunition. Aus diesem Grund kann<br />

dieser Antrag nur abgelehnt werden.<br />

Umso erfreulicher ist es, dass die Bundesregierung<br />

nun nicht mehr, wie noch vor zwei Jahren propagiert, bis<br />

mindestens 2015 an der Streumunition in deutschen Beständen<br />

festhalten will, sondern diese Waffen umgehend<br />

außer Dienst stellen und sie innerhalb der ersten Frist des<br />

Vertrags von vier Jahren vernichten und entsorgen wird.<br />

Die Unterzeichung der Oslo-Konvention ist nicht der<br />

Wenn Frank-Walter Steinmeier gestern, am 3. Dezember<br />

2008, in der Frankfurter Rundschau schreibt, andere<br />

Staaten sollten dem deutschen Beispiel folgen, dann kann<br />

ich dem nur widersprechen. Das deutsche Beispiel steht<br />

für Scheinheiligkeit und die Durchsetzung von Ausnahmeregelungen.<br />

Weiterhin sollen spezielle Formen von<br />

Endpunkt einer politischen Entwicklung, sondern mar- Streumunition produziert und eingesetzt werden können.<br />

kiert den Start für den langen Umsetzungsprozess. Für diese Hightech-Munition mit Zielerkennung wurde<br />

Neben der Abrüstung der Bestände der Unterzeichner- die Bezeichnung Punktzielmunition geprägt. Nicht hustaaten<br />

stehen die weitere Räumung von durch Streumumanitäre, sondern militärstrategische Überlegungen sind<br />

nition verseuchten Gebieten sowie die Versorgung von für die Regierung also leitend. So sagte Andreas Weigel,<br />

Opfern an. Vor allem aber steht die Bundesregierung in SPD, in der Parlamentsdebatte am 30. Mai 2008 zum<br />

der Pflicht, auf die Staaten einzuwirken, die der Oslo- Antrag der Linken für ein sofortiges Verbot von Streu-<br />

Konvention noch nicht beigetreten sind. Dazu zählen munition in Deutschland, Drucksache 16/7767: „Aus<br />

wichtige Produzenten- und Nutzerstaaten wie Russland, militärstrategischer Sicht verlangen heutige Einsatzsze-<br />

China, Indien, Pakistan, Israel und die USA. Bundesnarien die Fähigkeit zur Punkt- und nicht zur Flächen-<br />

(B) außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier steht also<br />

weiterhin vor der Aufgabe, in diesen Staaten für einen<br />

Beitritt zur Oslo-Konvention einzutreten. Hier hat Herr<br />

Steinmeier noch eine Menge Überzeugungsarbeit zu<br />

leisten. Wir werden genau beobachten, welchen Einsatz<br />

der Bundesaußenminister bei diesem wichtigen Unterfangen<br />

an den Tag legen wird.<br />

zielbekämpfung. Dafür gibt es Punktzielmunition …“<br />

Deutschland hat zusammen mit anderen NATO-Staaten<br />

im Osloer Abkommen eine Ausnahme für diese angeblich<br />

fortschrittliche Streumunition durchgesetzt. Mit<br />

der Konvention wird ein Verbot von Streumunition unterzeichnet,<br />

das umfassend und ausnahmslos sein soll.<br />

Nun wurde die deutsche Produktion von Streubomben<br />

beispielweise beim Waffenproduzenten DIEHL zur<br />

Punktzielmunition weiterentwickelt. Diese soll weiterhin<br />

international verkauft und eingesetzt werden und<br />

darf nun nicht mehr Streumunition heißen. Dieser<br />

Schachzug der Neudefinition schließt Munition mit geringerem<br />

Gewicht und kleinerer Sprengkörperzahl, mit<br />

höherer technischer Zuverlässigkeit und mit Zielerkennungsvorrichtung<br />

aus dem Verbot aus.<br />

(D)<br />

Inge Höger (DIE LINKE): Gestern wurde in Oslo die<br />

Konvention zum Verbot von Anwendung, Herstellung,<br />

Weiterverbreitung und Lagerung von Streumunition<br />

durch mehr als 100 Staaten unterzeichnet. Auch Opferhilfe,<br />

die Räumung kontaminierter Gebiete und die Vernichtung<br />

von Lagerbeständen sind in dem Abkommen<br />

eingeschlossen. Dieses Abkommen ist ein großer Erfolg.<br />

Dieser Erfolg wäre ohne das hartnäckige Engagement zivilgesellschaftlicher<br />

Gruppen nicht zustande gekommen.<br />

Handicap International, Human Rights Watch und das<br />

Aktionsbündnis Landminen.de haben gemeinsam mit<br />

den Staatsvertretern den Vertragsrahmen seit Anfang<br />

2007 ausgehandelt.<br />

Die Fraktion Die Linke unterstützt den Prozess von<br />

Oslo, und wir werden auf eine rigorose und schnelle<br />

Umsetzung des Abkommens drängen. Diese Position haben<br />

wir Anfang dieses Jahres mit dem Antrag zum sofortigen<br />

Verbot von Streumunition in Deutschland deutlich<br />

gemacht, Drucksache 16/7767.<br />

Die Bundesregierung ist alles andere als ein Vorreiter<br />

dieses Abrüstungsprozesses, auch wenn das nun behaup-<br />

Die Bundesregierung hat diese Schlupflöcher im<br />

Oslo-Vertrag mit dem Druck der möglichen Nichtunterzeichnung<br />

durchgesetzt. Gleichzeitig präsentiert sich die<br />

Bundesregierung als Vorreiter dieser internationalen Abrüstungsinitiative<br />

und lobt sich selbst für diesen „Meilenstein<br />

auf dem Weg der konventionellen Rüstungskontrolle“<br />

zum Schutz von Zivilisten. Das ist scheinheilig<br />

und eine Täuschung der Öffentlichkeit.<br />

Selbstverständlich ist das Oslo-Abkommen ein Riesenschritt<br />

voran zur weltweiten Ächtung und Vernichtung<br />

von Streumunition. Wir werden die Bundesregierung<br />

an ihre umfassenden Verpflichtungen erinnern, die<br />

sie mit der Unterzeichnung der Konvention zum Verbot<br />

von Streubomben eingegangen ist.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!