193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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20728 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />
Iris Gleicke<br />
(A) Aber es sind doch Krokodilstränen, die Sie da vergießen, Bis heute liegt das Lohnniveau in den neuen Bundeslän- (C)<br />
Herr Kollege Kolb. Ihre Antwort auf die Frage des Aufdern unter dem des Westens und damit auch der Rentenbaus<br />
Ost war in vielen Jahren – sie ist es immer noch –, wert Ost unter dem Rentenwert West.<br />
die Löhne so niedrig wie möglich zu lassen.<br />
Über die letzten 20 Jahre betrachtet – das wurde wie-<br />
(Jan Mücke [FDP]: Nein! – Dr. Heinrich L. Kolb derholt gesagt – war die Geschichte der Überleitung der<br />
[FDP]: Das war nicht unsere Position!) Ostrenten in die gesamtdeutsche Rentenversicherung<br />
Genau darin liegt die Ursache dafür, dass die Rentenansprüche<br />
geringer sind. Wenn wir mit der Angleichung in<br />
den vergangenen 20 Jahren vorangekommen wären,<br />
hätte sich der Aufwertungsfaktor genau wie die unterschiedlichen<br />
Rentenwerte in Luft aufgelöst.<br />
eine Erfolgsgeschichte. Ich muss das nicht weiter ausführen.<br />
Diese Erfolgsgeschichte wurde in den letzten<br />
beiden Jahrzehnten durch einen hohen Milliardentransfer<br />
von West nach Ost finanziert. Ich kritisiere das nicht.<br />
Er war richtig und gerecht. Aber ich möchte an dieser<br />
Stelle auch erwähnen, welche Summen dafür aufgebracht<br />
werden mussten.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann wären wir<br />
die glücklichsten Menschen, wenn es so gekommen<br />
wäre!)<br />
Kämpfen Sie also mit uns zusammen für gleiche Löhne<br />
für gleiche Arbeit! Tun Sie mit uns zusammen etwas gegen<br />
die Dumpinglöhne im Osten, die dort noch vielfach<br />
gezahlt werden!<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Die Menschen in Ostdeutschland wollen nicht bessergestellt<br />
und bevorzugt werden. Wir wollen Gleichstellung<br />
ohne Wenn und Aber, und zwar zu 100 Prozent.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:<br />
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege<br />
Gregor Amann für die SPD-Fraktion.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
Gregor Amann (SPD):<br />
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und<br />
Herren! Knapp 40 Jahre nach ihrer Gründung musste die<br />
DDR wirtschaftlich gesehen Insolvenz anmelden.<br />
(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So<br />
war es!)<br />
Der volkswirtschaftliche Bankrott der DDR – vom politischen<br />
Bankrott ganz abgesehen – führte zur Wiedervereinigung<br />
Deutschlands. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />
aber auch Rentner und Rentnerinnen in Ost und<br />
West zahlen noch heute, 20 Jahre nach der Wiedervereinigung,<br />
den Preis für die Jahrzehnte einer untauglichen<br />
Wirtschaftspolitik der DDR.<br />
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU –<br />
Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das<br />
ist der wahre Grund!)<br />
In den letzten Jahren stagnierte die Angleichung von<br />
Löhnen und Renten in Ost und West, während sich die<br />
Lebenshaltungskosten weiter anglichen. Deshalb ist die<br />
Frage von vielen berechtigt, wann die letzten Unterschiede<br />
beseitigt werden. Eine endgültige Lösung dieser<br />
Frage muss aus meiner Sicht folgende Bedingungen erfüllen:<br />
Erstens. Die Lohn- und Beitragsbezogenheit der Renten<br />
muss gegeben sein. Mit jedem eingezahlten Euro<br />
Rentenbeitrag muss der gleiche Rentenanspruch erworben<br />
werden, unabhängig vom Wohn- und Beschäftigungsort.<br />
Dafür kämpfen wir als ostdeutsche Sozialdemokraten.<br />
Zweitens. Die heutige Rentnergeneration darf nicht<br />
gegen die zukünftige Generation, also die heutigen Bei-<br />
Dafür kämpfen wir gemeinsam mit unseren Kolleginnen tragszahler, ausgespielt werden. Die Lasten müssen<br />
und Kollegen auch aus den alten Bundesländern. Dafür gleichmäßig und gerecht auf beide Gruppen verteilt wer-<br />
(B) setzen wir uns ein, und dafür machen wir auch Druck.<br />
Aber wir lassen uns nicht unter Druck setzen.<br />
den.<br />
Drittens. Es darf nicht Ost gegen West ausgespielt<br />
(D)<br />
Herzlichen Dank.<br />
werden. Keine Reform darf einen Teil des Landes einem<br />
anderen gegenüber bevorzugen oder benachteiligen.<br />
Viertens. Jeder Rentenvorschlag muss auch finanzierbar<br />
sein.<br />
Alle vorgeschlagenen Reformen, auch die vorliegenden<br />
Anträge, müssen anhand dieser Kriterien bewertet<br />
werden. Wenn sie sie nicht vollständig erfüllen können,<br />
dann müssen sie zumindest mehr Gerechtigkeit schaffen<br />
als beim Status quo.<br />
Am stärksten wird diese Zielmarke von dem vorliegenden<br />
Antrag der Linken verfehlt. Sie wollen den Rentenwert<br />
Ost auf den Rentenwert West bis zum Jahr 2012<br />
bei gleichzeitiger Beibehaltung der Höherbewertung<br />
der Einkünfte in Ostdeutschland anheben. Dass diese<br />
Anhebung des Rentenwertes 6 Milliarden Euro kosten<br />
würde, wurde schon erwähnt; das ist aber nicht mein<br />
Hauptargument dagegen. Der Antrag der Linken kann<br />
keines der genannten Kriterien erfüllen. Erstens zerstört<br />
er die Äquivalenz zwischen Beiträgen und Renten, einen<br />
der Grundprinzipien unseres Rentenversicherungssystems.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der<br />
CDU/CSU)<br />
In Ostdeutschland wären Lohnniveau und Rentenhöhe<br />
voneinander abgekoppelt. Gleiche Rentenbeiträge würden<br />
zu unterschiedlichen Rentenleistungen führen. Der