193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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20934 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />
(A) ausreichend Einkommensmöglichkeiten im ländlichen den armen Ländern der Fall. Es darf nicht sein, dass die (C)<br />
Raum zu schaffen gerade für die Teile der Bevölkerung, Landwirtschaft im Süden zusammenbricht, weil wir mit<br />
die nicht in der Landwirtschaft unterkommen können. subventionierten Produkten oder Überschussproduktion<br />
Dies könnte unter anderem durch die Weiterverarbeitung die lokalen Märkte in wirtschaftlich schwächeren Län-<br />
der Rohprodukte vor Ort erfolgen. Insgesamt macht es dern unterwandern. Genauso wenig ist es für unsere<br />
jedoch deutlich, dass wir für die Entwicklung der ländli- Landwirtschaft sinnvoll, auf Billigimporte zu setzen, um<br />
chen Räume nicht nur hier in Deutschland ressortüber- die Produktion im eigenen Land aus finanzieller Sicht<br />
greifende Konzepte brauchen. Gerade im Bereich der In- unrentabel zu machen und die Menschen im Süden der<br />
frastrukturpolitik gibt es enormen Nachholbedarf, wenn Möglichkeit der Eigenproduktion zu berauben.<br />
wir die Situation in den ländlichen Räumen weltweit<br />
verbessern wollen. Hinzu kommen unumgängliche Investitionen<br />
in die Bildungspolitik.<br />
Daher braucht es ein stärkeres Zusammenspiel zwischen<br />
der Landwirtschaftspolitik im Norden und Süden,<br />
in Entwicklungs- und Industrieländern. Hier wie da<br />
braucht es ein Mitdenken der Folgen, die durch einzelne<br />
Maßnahmen entstehen. Es braucht einen intensiven Dialog<br />
und stärkeres Miteinander. Nur so kann es gelingen,<br />
den Hunger zu bekämpfen, die wachsende Weltbevölkerung<br />
zu ernähren und die natürlichen Ressourcen weltweit<br />
so zu nutzen, dass auch Generationen nach uns<br />
noch fruchtbare Äcker, Wiesen und Wälder vorfinden.<br />
Eine Ursache für Hunger ist nicht zuletzt verloren gegangenes<br />
Wissen bei der Produktion und Verarbeitung<br />
von Lebensmitteln. Hier gilt es anzusetzen, um ursprünglich<br />
vorhandenes Know-how wieder zugänglich<br />
zu machen und gleichzeitig in einen engen Austausch zu<br />
treten, um Fehlentwicklungen, die wir bereits überwunden<br />
haben, bei der Entwicklung in ärmeren Ländern von<br />
vorneherein zu vermeiden. Gleichzeitig ist es unsere<br />
Pflicht als Land mit vielen Möglichkeiten und Potenzialen,<br />
den Schwächeren insbesondere im Bereich der Forschung<br />
unter die Arme zu greifen.<br />
Es braucht einen gemeinsamen und gleichberechtigten<br />
Dialog mit den Partnerländern über den Einsatz<br />
Aus meiner Sicht beinhaltet unser Antrag ein umfassendes<br />
Bild für eine nachhaltige ländliche Entwicklung,<br />
die wir brauchen, um den Hunger zu bekämpfen und<br />
weltweit eine stabile Lebensmittelproduktion aufzubauen.<br />
(B)<br />
moderner Biotechnologien. Es darf nicht sein, dass wir<br />
einerseits Wege aus Hunger und Armut durch eine umfassende<br />
ländliche Entwicklung ermöglichen und andererseits<br />
neue Abhängigkeiten durch den unreflektierten<br />
Einsatz neuer Technologien fördern. So ist Gentechnik<br />
für den Kampf gegen Hunger weiterhin sehr stark infrage<br />
zu stellen, da wir die ökologischen Folgen nur sehr<br />
begrenzt einschätzen können und mittelfristig die Landwirte<br />
in vielen Ländern in die Abhängigkeit einiger weniger<br />
Konzerne getrieben würden. Einkommen aus der<br />
Lebensmittelproduktion müssten sie größtenteils in Saatgut<br />
sowie den damit verbundenen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln<br />
investieren. Für Investitionen, um der Armut<br />
zu entkommen, würden kaum noch Mittel übrig<br />
bleiben.<br />
Dr. Karl Addicks (FDP): Die Anträge, über die wir<br />
heute sprechen, sind in vielen Punkten gut und schön. Es<br />
steht auch in beiden viel Wichtiges und Richtiges drin.<br />
Besonders der Antrag der Koalition hat sich in großer<br />
Breite dem Thema gewidmet. Man hat fast den Eindruck,<br />
dass wir hier eine Zusammenstellung des Neun-<br />
Punkte-Plans und des Berichtes der Arbeitsgruppe zur<br />
Nahrungsmittelkrise aus dem Bundeskanzleramt vorliegen<br />
haben. Das nenne ich dann mal Gewaltentrennung.<br />
Jetzt lässt sich das Parlament schon von der Regierung<br />
die Konzepte ausarbeiten. Ich habe von Gewaltenteilung<br />
ein anderes Verständnis. Aber wir haben ja schon häufig<br />
bei der Großen Koalition gesehen, dass die Konzepte aus<br />
den Ministerien gern als Anträge aus der Mitte des Parlaments<br />
deklariert werden.<br />
(D)<br />
Wie in unserem Antrag auch festgestellt wird, ist eine<br />
der Hauptursachen für Hunger die Verteilung von Lebensmitteln.<br />
Hier stehen wir im Moment vor der Situation,<br />
dass sich sehr unterschiedliche Partner gegenüberstehen:<br />
einerseits oft sehr klein strukturierte Produzenten<br />
und andererseits sehr stark konzentrierte und internatio-<br />
Doch kommen wir nun zu den Anträgen. Den Kollegen<br />
von den Grünen können wir nur in dem Punkt zustimmen,<br />
dass ländliche Entwicklung der Schlüssel zu<br />
Entwicklung ist. Richtig. Aber dann hört es mit den Gemeinsamkeiten<br />
auch schon auf.<br />
nal agierende Händler. Wer in diesem Zusammenspiel Sie fordern einen Paradigmenwechsel, aber das Ein-<br />
von Groß und Klein dominiert, ist klar. Daher gilt es, ein zige, was Ihnen dazu einfällt, ist die Forderung nach<br />
besonderes Augenmerk auf die weitere Gestaltung der mehr Geld. Das ist doch dann kein Paradigmenwechsel,<br />
internationalen Handelsstrukturen zu legen. Es braucht sondern eher ein „Weiter so“, nur mit mehr Geld. Dabei<br />
klare rahmenpolitische Entscheidungen, um mehr haben die Entwicklungen doch gezeigt, dass mehr Geld<br />
Gleichgewicht zwischen den einzelnen Partnern herzu- eben gerade nicht mehr Entwicklung und weniger Hunstellen.<br />
Dazu gehört das Zulassen von Schutzmechanisger bedeutet. Worin besteht denn Ihr Paradigmenwechmen<br />
für Entwicklungsländer genauso wie der völlige sel? Das ist mir im ganzen Antrag nicht klar geworden.<br />
Abbau von verzerrenden Exportsubventionen.<br />
Weiter geht es auf Seite drei: Dort fordern Sie, dass<br />
Die aufgezeigten Eckpunkte machen deutlich, dass neben bestehenden Sektorschwerpunkten die ländliche<br />
die Bekämpfung des Hungers nicht nur eine Aufgabe Entwicklung als zusätzlicher Schwerpunkt zu fördern<br />
der Entwicklungspolitik ist. So wie unsere Landwirt- ist. Da stimmen wir Ihnen vollkommen zu. Und genau<br />
schaft hier immer stärker von globalen Entwicklungen aus diesem Grund haben wir die Verpflichtungen der<br />
beeinflusst wird, ist dies zum Teil noch viel stärker in deutschen Bundesregierung zur Begrenzung der Sektor-